Pressestimmen

Russlands Vorstoß im Syrien-Konflikt "Ein Ausweg, der keiner ist?"

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Die Reaktionen der Presse auf einen möglichen Giftgasanschlag Baschar al-Assads gegen die eigene Bevölkerung sind unterschiedlich. US-Präsident Barack Obama steht aufgrund seiner vorgesehenen Parlamentsabstimmung in der Kritik. Ihm droht eine politische Blamage. Russlands Präsident Wladimir Putin hingegen wirbt um internationale Unterstützung für eine friedliche Lösung und steht dem Vorwurf gegenüber, Propaganda zu betreiben. Und die deutsche Regierung habe bisher versagt, heißt es.

Bilden Obama und Putin eine Allianz in der Syrien-Frage?

Bilden Obama und Putin eine Allianz in der Syrien-Frage?

(Foto: imago stock&people)

Die Frankfurter Rundschau schreibt: "Die Obama-Administration lässt nichts unversucht, die Militär-Intervention in Syrien doch noch abzuwenden." Nicht anders sei der jüngste Vorstoß von US-Außenminister John Kerry zu werten. Allerdings würden die Kritiker des US-Präsidenten wieder nur sein Vorgehen madig machen, meint das Blatt. "Was werfen sie ihm nicht alles vor: Er sei schwach, wenn er den Kongress um Zustimmung bittet, obwohl er sich an demokratische Spielregeln hält. Er lüge bei den Beweisen genauso wie sein Vorgänger Bush, als dieser seinen Außenminister zu den Vereinten Nationen schickte, um den Irak-Krieg zu rechtfertigen." Dabei hat Obama der Zeitung zufolge viele Anschuldigungen der Assad-Gegner absichtlich ungeprüft verstreichen lassen. "Was wäre wohl geschehen, hätte Bush vor dem Krieg im Irak so gehandelt wie Obama jetzt? Der Waffengang wäre ausgeblieben."

Für den Reutlinger General-Anzeiger stehen viele Fragen im Raum: "Ein Ausweg, der keiner ist? War der Vorschlag von US-Außenminister John Kerry, das syrische Regime solle seine Chemiewaffen ausliefern, tatsächlich nur rhetorisch gemeint? Etwa, weil das logistisch in der kurzen Zeit gar nicht möglich ist. Oder sollte der Vorschlag bei Nichterfüllung ein weiterer Grund für einen US-Militärschlag sein? Auf jeden Fall hat er Moskau auf den Plan gerufen. Oder war das Vorgehen zwischen Washington und Moskau sogar abgesprochen?"

"Die Würfel sind gefallen", meint die Landeszeitung aus Lüneburg. Das Weiße Haus wolle sich nicht mehr von seinem Strafbombardement gegen das Assad-Regime abbringen lassen. Weder von trickreichen Kreml-Diplomaten noch von Assad selbst, so die Zeitung. "Also verpuffen dessen durchaus bedenkenswerten Erklärungen, er habe keinen Giftgasangriff befohlen. Die Möglichkeit, dass eigenmächtige Kommandeure Assads oder sogar Rebellen die schreckliche Waffe einsetzten, erscheint nach wie vor logischer." Verräterisch seien laut der Landeszeitung die rhetorischen Verrenkungen, unter denen das Weiße Haus versuche, das Ultimatum des Außenministers wieder einzufangen. "Doch da hatte der Kreml das Potenzial von Kerrys Patzer schon erkannt." Washington drohe ein Propaganda-Desaster, wenn Damaskus tatsächlich bis Ende der Woche viele Giftgasgranaten abliefere oder vernichte.

So gebe Deutschland zwei Wochen vor der Bundestagswahl ein verwirrendes Bild ab: Es wolle nicht ausscheren, aber auch nicht mitmachen, schreibt die Münchener Ausgabe der Süddeutschen Zeitung. "Es will Assad nicht gewähren lassen, aber auch nicht sagen, was das heißt; bloß keine Wähler erschrecken." Deutschland würde sich zu gerne im Ungefähren verstecken, urteilt das Blatt weiter. "Nur ist es zum Verstecken einfach zu groß."

Der Stuttgarter Zeitung zufolge will Russland mit seiner Forderung nach Vernichtung der Chemiewaffen tatsächlich einen Militärschlag verhindern und sucht weiter nach einer friedlichen Lösung. "Für die USA ist das eine empfindliche diplomatische Blamage - und gleichzeitig der Weg zur Abwendung eines Angriffes. Assad kann ohne großen Gesichtsverlust dem Ratschlag der russischen Schutzmacht folgen." Die Reaktion des Diktators lasse nicht lange auf sich warten, schreibt die Zeitung. "Syrien will sein Chemiewaffenarsenal unter internationale Kontrolle stellen. Der Angriff scheint vorerst abgewendet."

Zusammengestellt von Lisa Schwesig

Quelle: ntv.de

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