Die Eurozone in der Krise "Ein Poker mit dem Teufel"
25.11.2010, 20:45 UhrNicht nur die irische Wirtschaftslage bereitet Sorgen. Auch die Situation in Portugal und Spanien spitzt sich immer weiter zu. EU und Banken stehen vor einer schwierigen Aufgabe. Vor allem aber müssen sie umdenken, schreibt n-tv. Es drängen sich viele Fragen auf: Reagiert Kanzlerin Merkel angemessen? Ist Bundesbankchef Weber mit seiner Bemerkung einer Aufstockung des Rettungspakets über das Ziel hinausgeschossen? Die Presse sucht nach Antworten.
"EU, IWF und Europäische Zentralbank haben sich auf einen Poker mit dem Teufel eingelassen, als sie ihr 750-Milliarden-Garantiepaket zum Herauspauken halbbankrotter Euro-Länder schnürten und den Märkten damit die Spekulationslust austreiben zu können glaubten. Nach den Rettungsaktionen für Griechenland und Irland gehen die Wetten auf einen Finanzkollaps mehrerer Mittelmeer-Länder munter weiter." Jetzt hat Bundesbankchef Axel Weber angekündigt, das Rettungspaket im Notfall aufzustocken – und hat ein Problem, wie der Münchner Merkur schreibt: "Wenn der Bluff nicht zieht und die Märkte ihre Wetten auf einen Zusammenbruch Portugals, Spaniens und Italiens abermals erhöhen, ist am Ende womöglich alles verloren: der Wetteinsatz und die Eurozone."
Axel Weber "hat ein weiteres Tabu gebrochen. Er stellte die Tragfähigkeit des Rettungsschirms für den Euro in Frage. Mit 750 Milliarden Euro wollen die Euro-Partner Länder wie Irland, Portugal oder Spanien herauspauken, falls diese am Kapitalmarkt kein Geld mehr bekommen." Seine Ankündigung, den Betrag möglicherweise zu erhöhen, sollte laut Süddeutscher Zeitung "wohl eine Garantie-Erklärung für den Euro sein", denn Weber fügte hinzu, dass "ein Angriff auf den Euro … keine Chance auf Erfolg" habe. Allerdings klingen Webers Worte für das Blatt eher "wie eine Einladung an die Finanzmärkte, die Zahlungsfähigkeit maroder Euro-Länder noch härter als bisher zu testen."
"Sie haben recht, wenn nun auch noch Portugal und Spanien gerettet werden müssen, dann reichen die Gelder im Rettungsfonds nicht aus." Wären das die Worte des Bundesbankpräsidenten gewesen, hätte das eine verheerende Reaktion der Finanzmärkte auslösen können, meint die Berliner Zeitung: "Binnen Minuten hätte eine Fluchtbewegung aus allen südeuropäischen Anleihen eingesetzt, und das Auseinanderbrechen der Eurozone wäre kaum noch aufzuhalten gewesen. Glücklicherweise hat Axel Weber etwas anderes gesagt: Wenn das Geld nicht reichen sollte, müsste der Fonds eben aufgestockt werden. Nur so beruhigt man die kindlichen Gemüter der Anleger."
Das Handelsblatt aus Düsseldorf analysiert das Verhalten der Bundeskanzlerin und ihrer Kritiker: "Nun werfen viele in Europa Angela Merkel vor, dass sie viel zu früh die Einbeziehung privater Gläubiger gefordert und damit die fromme Notlüge vom unerschütterlichen Beistand als solche entlarvt hat. Warum wartet die Kanzlerin nicht, bis sich die Märkte beruhigen, lautet der gängige Vorwurf. Warum gießt sie sogar noch Öl ins Feuer und macht die Wirkung des Rettungsfonds dadurch zunichte? Hinter der Kritik steckt die gewagte Theorie, die Märkte würden die fromme Notlüge glauben und weiterhin zu niedrigen Zinsen Staatsanleihen kaufen, wenn nur die Kanzlerin den Mund hält. Aber Angela Merkel kann nicht einfach schweigen. Sie muss bereits jetzt darüber verhandeln, was nach dem Auslaufen der Garantie 2013 passieren soll. Die Erwartung, dass diese schwierigen Gespräche mit 16 Staaten wochenlang im Verborgenen ablaufen, ist naiv."
Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Katja Sembritzki