Pressestimmen

Mappus holt Geißler ins Boot Ein "kluger Schachzug"

CDU-Querdenker Heiner Geißler stammt selbst aus Baden-Württemberg.

CDU-Querdenker Heiner Geißler stammt selbst aus Baden-Württemberg.

(Foto: REUTERS)

Der frühere CDU-Generalsekretär Heiner Geißler soll im verfahrenen Streit um das Milliarden-Bahnprojekt Stuttgart 21 vermitteln. Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) schlug den erfahrenen Tarifschlichter in einer Regierungserklärung als Vermittler vor. Ob es zur Vermittlung kommt, ist fraglich: SPD, Grüne und das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 akzeptieren Geißler zwar als Mittelsmann, machen aber einen Baustopp zur Bedingung für die Gespräche. Mappus lehnt das strikt ab.

"Mappus hat nichts mehr zu verlieren", schreibt die Süddeutsche Zeitung  -  stehe er mit seiner CDU in Baden-Württemberg doch so schlecht da, dass er nur noch gewinnen könne. Das Blatt geht davon aus, dass der Ministerpräsident selbst dann einen Sieg erringe, wenn Geißler wenig oder gar nichts zuwege bringe: "Mappus kann die bloße Tatsache der Schlichtung als Beweis dafür präsentieren, dass der Vorwurf die da wollen mit dem Kopf durch die Wand nicht stimmt. Wenn es Geißler gelingt, vorübergehend wieder Ruhe vor den Bahnhof zu bringen, wäre das auch eine Erholungspause für Mappus und vielleicht auch ein Gewinn für die Grünen, denen nicht daran gelegen sein kann, dass die Konflikte gewalttätig werden". Das in München herausgegebene Blatt ist überzeugt: "Geißler gilt als gefuchster Stratege; wenn überhaupt einer den Konflikt in Stuttgart entspannen kann, dann er".

Auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung gibt sich optimistisch: "Politik in der Demokratie legitimiert sich nicht nur durch Verfahren, sie ist auch immer prozesshaft. Darauf setzt Mappus, der den Gegnern des Projekts nun ein Angebot gemacht hat, das sie eigentlich nicht ausschlagen können: Er verspricht den Bürgern einen ökologischen Stadtteil, er will Stuttgart zur 'Musterregion für nach-haltige Mobilität' machen. Außerdem hat er mit Heiner Geißler einen Moderator gefunden, der von Grünen und SPD nur kopfnickend akzeptiert werden konnte. Der Ministerpräsident hat eine 'Dialog-Agenda' vorgegeben, die dazu dienen könnte, den Bürgern ihre Ängste zu nehmen und Schwächen des anspruchsvollen Projekts zu beseitigen. Für Mappus und die CDU verbessert jede Form von Dialog die Chancen, das Land zu befrieden und die Landtagswahl im kommenden Jahr vielleicht doch noch zu gewinnen".

Der Stuttgarter Zeitung hingegen ist es "derzeit völlig schleierhaft, welche Kompromisswege Heiner Geißler gedanklich schon vorwandern könnte. Wenn Entgegenkommen in der Sache nicht möglich scheint, bleibt für die Befriedungsstrategie nur noch der Austausch von Akteuren. Man darf annehmen, dass viele Projektgegner genau das anstreben; und dass ihnen dafür ein Polizeichef nicht ausreichen würde, auch nicht ein Oberbürgermeister, nicht einmal ein Innenminister. Nicht im Moment, da sie sich größeren Umwälzungen nahe glauben und die fast schon faszinierte Neugierde der Republik auf sich ziehen. Geißler wird wissen, auf was er sich da einlässt."

Für die Pforzheimer Zeitung vollzieht Mappus einen "klugen Schachzug" – "zumal der Regierungschef mit Heiner Geißler einen kampferprobten und versierten Ex-Politiker als Vermittler gewinnen konnte. An den S21-Gegnern wird es nun liegen, die ausgestreckte Hand zu ergreifen und das Angebot zu nutzen, aktiv sowie konstruktiv die Zukunft in Stuttgart mitzugestalten. Denn: Stuttgart 21 ist nicht mehr aufzuhalten".

"Von den vielen Entscheidungen, die Stefan Mappus in den letzten Monaten bezüglich Stuttgart 21 getroffen hat, war dies die beste: Heiner Geißler als Schlichter vorzuschlagen", konstatiert die Rhein-Neckar-Zeitung. "Der 'linke Konservative' genießt Respekt in allen Lagern und hat reichlich Erfahrungen als Mediator gesammelt. Zumeist in Tarifauseinandersetzungen". "Doch", so gibt die in Heidelberg erscheinende Zeitung zu bedenken, "anders als im Fall Stuttgart 21 folgen Tarif-Schlichtungen festgelegten Ritualen und Regeln. Und genau das lehnen die Projektgegner ab: Ihren Protest in ein Korsett zu zwängen".

Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Susanne Niedorf

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