Die Schuldenbremse "Ein stumpfes Schwert"
12.06.2009, 20:37 UhrMit der Schuldenbremse haben Bund und Länder mitten in der Finanz- und Wirtschaftskrise ein Signal der Sparsamkeit gesetzt. Von einem Durchbruch in Sachen Finanzpolitik mag die Presse aber nicht sprechen.
Nachdem Bund und Länder mehr als zwei Jahre über eine Reform ihrer Finanzbeziehungen gestritten haben, setzen sie nun mitten in Zeiten der Wirtschafts- und Finanzkrise mit der Schuldenbremse ein Signal der Sparsamkeit. Von einem Durchbruch in Sachen Finanzpolitik mag die Presse aber nicht sprechen. Die Kommentatoren schwanken zwischen Hoffnung und Skepsis.

Die bisher angehäuften Schulden sind nicht nur eine Touristenattraktion, sondern auch sehr beachtlich.
(Foto: AP)
"Dieser Beschluss ist eine Zäsur", kommentiert der Triersche Volksfreund. "Auch wenn die Ausnutzung der vorhandenen Ausnahmemöglichkeiten vorerst offen bleibt, ist mit der Grundgesetzänderung "mehr als nur ein Anfang gemacht." Das Blatt erhofft sich von der Verfassungsänderung eine Verbesserung der politischen Kultur: "Von der Sorglosgesellschaft zur Verantwortungsgesellschaft."
"Die Debatte wäre politisch glaubwürdiger, wenn Regierung und Opposition zu erkennen gegeben hätten, wie sie den dazu zwingenden Mentalitätswechsel vom sorglosen Verpulvern hin zur verantwortungsbewussten und sinnvollen Verwendung von Steuergeldern bewerkstelligen wollen", konstatiert hingegen der General-Anzeiger (Bonn). Es gäbe zu viele Ausnahmeregelungen, "als dass die Finanzpolitiker nicht lustvoll auf die Schlupflöcher schauen, die ein Ende der Sparsamkeit bedeuten". Daher werde auch dieser Gesetzesartikel zu einem "stumpfes Schwert" innerhalb der Verfassung bleiben.
"Politikern wird häufig unterstellt, sie würden nur bis zur nächsten Wahl denken. Die nun beschlossene Schuldenbremse scheint das Gegenteil zu beweisen. Nicht eine, sondern sogar drei Bundestagswahlen weiter ist hier vorausgedacht worden. Donnerwetter!" Die Ironie der Volksstimme (Madgeburg) ist nicht zu überhören, denn "die meisten der Vordenker, die jetzt das Grundgesetz entsprechend ändern wollen, werden … längst in Rente sein, wenn die Zeit für die Schuldenbremse herangereift ist. Das hat sicher die Entscheidung erleichtert. Ob es tatsächlich je zu einer knallharten, schuldenfreien Haushaltsführung kommen wird? Vorerst feuert der Staat zur Krisenbewältigung die Milliarden nur so raus, die Schuldenberge türmen sich höher und höher. Dazu kommen der auslaufende Solidarpakt, die wachsenden Pensionslasten und vielleicht eine nächste Wirtschaftskrise schon werden aus Schuldenbremsern einfach nur Sterngucker."
Endlich kann die Große Koalition einen "vorzeigbaren Tätigkeitsnachweis" verbuchen, freut sich die Stuttgarter Zeitung. Auf den ursprünglichen Anspruch der Kanzlerin, dass "große Aufgaben nur von der Großen Koalition gelöst werden können", folgte eher die große Ernüchterung. Und auch "im undurchdringlichen Finanzgeflecht wären weitere Reformen wünschenswert. Dazu fehlte aber die Kraft. Immerhin gibt es endlich wieder Hoffnung auf ein Umdenken in der Finanzpolitik."
Zusammengestellt von Katja Sembritzki
Quelle: ntv.de