Reform des Flensburger Sündenregisters "Endlich wird aufgeräumt"
09.02.2012, 20:27 Uhr
Verkehrsminister Ramsauer will das Flensburger Punktesystem reformieren, es soll vereinfacht werden, Punkte sollen künftig schneller wieder gelöscht werden. Die Presse hält das für "im Prinzip begrüßenswert". Im Detail befürchten einige Kommentatoren aber, dass für Raser, Drängler und Alkoholsünder ein falsches Signal gesetzt werden könnte.
Das "Hamburger Abendblatt" erkennt bei der Reform ein "wesentliches Manko", das die Zeitung in deren "Herzstück" verortet: "Weil jeder Punkt - je nach Schwere der Tat - nach ein oder zwei Jahren verfällt und nicht mehr der gesamte Punktestand bei neuen Delikten automatisch verlängert wird, haben es Raser künftig leichter. Sie müssen nur eine Zeit lang warten, bis sie sich den Bleifuß wieder erlauben können." Sollte das nicht nachgebessert werden, dann "wäre das ein verheerendes Signal. In dem Fall wäre es besser gewesen, einfach alles so zu lassen, wie es ist."
Gnädiger urteilt die "Südwest Presse": "Endlich wird aufgeräumt in Flensburg. Die Kritik, die Ramsauer entgegenschlägt, ist wenig verwunderlich - ist doch alles, was mit Motor und Mobilität zu tun hat, per se ein Reizthema. Doch mit Augenmaß umgesetzt, könnten die Vorschläge dem Punktesystem durchaus breitere Akzeptanz verschaffen. Schon das ist die Reform allemal wert."
Für den "Münchner Merkur" bleibt dagegen "doch einiges an dem bisher bekannten Reformplan fragwürdig". So sei Vereinfachung im Prinzip begrüßenswert. Sie werde aber zur Verzerrung, wenn ungleiche Verstöße mit gleichen Strafpunkten geahndet werden sollen - etwa bei Tempoverstößen oder beim Überfahren einer roten Ampel. "Ist es etwa gerecht, einen Autofahrer, der um Mitternacht auf leerer Straße bei 'Dunkelgelb' abbiegt mit jemandem gleichzustellen, der tagsüber im dichten Verkehr bei 'Rot' in eine Kreuzung fährt?", fragt die Zeitung.
Die "Heilbronner Stimme" bedauert, dass ein gut funktionierendes System aufgegeben wird: "Aktuell erhalten Autofahrer bei Vergehen im Straßenverkehr Punkte in Flensburg - abgestuft nach der Schwere des Verstoßes. Wer nur ein paar Stundenkilometer zu viel auf dem Tacho hat, wird lediglich zur Kasse gebeten. Wer 21 km/h zu schnell ist, muss mit einem Strafpunkt rechnen, bei einer Überschreitung von 41 km/h innerorts drohen vier Punkte. So werden simple Nachlässigkeiten und grobe Verkehrsverstöße differenziert behandelt."
Die "Märkische Allgemeine" weist darauf hin, dass die alte Verkehrssünder-Datei zwar funktioniert habe, "allerdings ist sie im Laufe der Jahre zu einem bürokratischen Monster geworden. Selbst Fachleute können nicht immer auf Anhieb sagen, wann und unter welchen Bedingungen Punkte wieder gestrichen werden. Wenn das jetzt einfacher wird, ist viel gewonnen. Raser, Drängler und alkoholisierte Fahrer dürfen natürlich auch in Zukunft keine Gnade erwarten." Der Charme der Acht-Punkte-Regelung könne darin bestehen, dass den Verkehrsteilnehmern das drohende Ende der Fahnenstange schneller bewusst werde.
Ähnlich sieht das die "Nürnberger Zeitung": "Für viele Autofahrer dürfte die künftige 8-Punkte-Grenze eine heilsame Wirkung haben. Bisher mochte ein notorischer Verkehrssünder meinen, der Entzug des Führerscheins drohe ja erst mit 14 oder mehr Punkten. Acht Punkte sind dagegen ein psychologischer Warnwert. Denn nichts schmerzt einen Autofahrer mehr als der Verlust seines geliebten Führerscheins."
Quelle: ntv.de, zusammengestellt von Johannes Graf