Elektroauto-Entwicklungsplan "Es hapert an vielem"
19.08.2009, 21:26 UhrGeht es nach der Vorstellung der Bundesregierung, soll Deutschland in den kommenden Jahren zum Marktführer für Elektroautos avancieren. Um das hochgesteckte Ziel zu erreichen hat sie den "Nationalen Entwicklungsplan Elektromobilität" verabschiedet. Darin werden mindestens 500 Millionen Euro Unterstützung für die Entwicklung und Markteinführung von Elektroautos zugesagt. Das Vorhaben ist ehrgeizig – da ist sich die Presse einig. Doch ist es auch realisierbar?
Die Süddeutsche Zeitung ist begeistert von der Vorstellung: "innerhalb weniger Jahrzehnte eine solche Infrastruktur umzubauen, Tankstellen gegen Ladekabel und Millionen mobile Kleinstkraftwerke gegen eine Struktur mehr oder weniger großer Kraftwerke einzutauschen". Dies wäre "in der Geschichte beispiellos", so das Münchner Blatt. "Gelänge es, wäre das mehr als nur eine Revolution der Mobilität. Es wäre der erste Beweis, dass sich Industriegesellschaften erneuern können."
Etwas verhaltender reagiert der Fränkische Tag. Das Bamberger Blatt fühlt sich ein bisschen an das Vorhaben erinnert, "den einst 150 Kilo schweren Frohnatur-Manager Raimund Calmund flott zu machen für einen 100-Meter Sprint. Wer das Ziel erreichen will, braucht neben strenger Disziplin, Durchhaltevermögen und politischer Konsequenz auch so etwas wie ein kleines Wunder. Niemand wird böse sein, wenn dieses etwas länger dauert." Denn: Wichtig ist das klar formulierte Ziel."
Ungläubig auf die technische Umsetzbarkeit des Vorhabens reagieren die Kieler Nachrichten: "Zwar will die Automobilindustrie auf der IAA viele Elektroautos vorstellen, aber es wird kein einziges Großserien taugliches Modell dabei sein. Allenfalls extrem teure Sportwagen oder kleine Stadtwagen mit sehr geringer Reichweite sind nach dem technischen Stand von heute als Elektroautos denkbar und das für mindestens noch drei, vier Jahre. Denn es hapert an vielem. Die Batterien sind bislang viel zu schwer, zu teuer, zu kurzlebig und können nicht genug Energie speichern. Und wenn man den Energie- und Ressourcenaufwand bei der Herstellung und Entsorgung mit einrechnet, schrumpft der Umwelt-Bonus dahin."
"Mit 500 Millionen Euro Förderung will der Bund bis 2020 eine Million Elektrofahrzeuge auf die Straßen bringen. Schaut man sich die Milliardenbeträge an, die die USA, Japan oder China für die neue E-Mobilität ausgeben, dann drängt sich der Eindruck auf, Deutschland kleckert, wo die anderen längst klotzen", argwöhnt die Ostsee-Zeitung. "Für die höchst umstrittene, aber gern mitgenommene Abwrackprämie gab der Staat satte fünf Milliarden Euro aus. Und die sind innerhalb von knapp neun Monaten aufgebraucht". Der Plan der Bundesregierung, so das Rostocker Blatt, sei "weder besonders ambitioniert" noch "besonders gründlich durchdacht und erst Recht nicht angemessen finanziell ausgestattet". Zudem werfe das Programm mehr offene Fragen auf als es Antworten gebe, heißt es weiter. "In Sachen Elektromobilität haben sich die beiden einander überdrüssigen Koalitionspartner nur auf den kleinsten gemeinsamen Nenner geeinigt. Richtig Gas geben, sieht anders aus."
"Deutschland soll nach dem Willen der Bundesregierung bis 2020 zum Vorreiter bei Elektroautos werden. Ein ganz wunderbarer Plan", findet die Pforzheimer Zeitung. "(…) wäre er nicht so offensichtlich dem Wahlkampf geschuldet. Zwar betonen sowohl SPD als auch CDU, wie wichtig es sei, alternative Antriebe voranzubringen - zweifellos der richtige Ansatz. Finanzielle Förderungen für diese neuen Technologien soll es gleichwohl nicht geben. Woher sollten die Mittel für eine Subvention auch kommen? Schließlich wurden in Form der Abwrackprämie gerade erst Unsummen für den Kauf von 1,2 Millionen Neuwagen ausgegeben unabhängig von Umweltfreundlichkeit oder Antrieb der Fahrzeuge."
Zusammengestellt von Susanne Niedorf
Quelle: ntv.de