Freispruch für Zimmerman "Fatale Folgen einer Volksbewaffnung"
15.07.2013, 20:39 Uhr
Das Urteil im Fall Trayvon Martin ist für viele unverständlich. Ein Bürgerwehrmitglied hatte den Jugendlichen im Februar 2012 erschossen. Der Täter wird freigesprochen. Eine hitzige Debatte über Rassendiskriminierung entbrennt - auch in der Presse.
Die Stuttgarter Zeitung hat den Eindruck, dass schwarzen Amerikanern allenfalls ein Platz in der zweiten Gesellschaftsreihe zustehe. "Selbst wenn Obama in der ersten sitzt, das Gefühl ist geblieben, zumal in der Provinz." Das Blatt hat keinen Zweifel an der systematischen Diskriminierung von Afroamerikanern durch Polizei und Justiz. Die Zeitung schreibt, dass sechsmal mehr Schwarze hinter Gittern säßen als Weiße gemessen am Bevölkerungsanteil. "Kein Wunder, dass es nur des Tropfens eines Freispruchs bedurfte, um das Fass angestauten Frusts überlaufen zu lassen."
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung sieht nach der Tat im Februar 2012 und erst recht nach dem Freispruch eine dunkle Wolke des Rassismus über dem Geschehen liegen. "Es hat tatsächlich etwas Irritierendes, wie schnell aus dem Lager der Linksliberalen und von schwarzen Bürgerrechtsgruppen der Vorwurf der Rassenjustiz erhoben wird." Die Gegenseite sei laut der FAZ nicht minder verstörend. "Schnell taten rechte Apologeten die Überzeugung kund, der getötete Schwarze habe kriminelle Absichten gehabt und der Todesschütze habe keine andere Wahl gehabt, als sich mit der Waffe selbst zu verteidigen." Das Blatt sieht das traurige Geschehen als Indiz für eine politisch-gesellschaftliche Spaltung in den Vereinigten Staaten, zu deren Überwindung die Wahl eines schwarzen Präsidenten wenig beigetragen habe.
Die Braunschweiger Zeitung ist der Meinung, die Geschworenen hätten streng nach dem Gesetz entschieden. Sie räumt zwar ein, dass das Urteil für die Familie des Opfers und viele Betrachter unerträglich sei. Bei dem wirklich strafrechtlich relevanten Vorgang - dem Kampf der beiden und dem Todesschuss - würden der Anklage aber die unbestreitbaren Fakten fehlen, um das Notwehr-Argument auszuhebeln. "Doch solange in US-Bundesstaaten die Gesetze bei einer Bedrohung auch den Tod eines Streitpartners erlauben, solange dürfte es immer wieder ähnliche Tragödien geben."
Die Frankfurter Rundschau sieht das Urteil globaler: "Die Tat wirft erneut ein Schlaglicht auf die fatalen Folgen einer Volksbewaffnung, wie sie in den USA unter dem Schutz einer mächtigen Waffenlobby konsequent fortgeführt wird." Es drohten ähnliche Tragödien, wenn ein Staat nicht länger allein für den Schutz seiner Bürger sorge, sondern freiwillige Kräfte verpflichte, so das Blatt.
Es sei offensichtlich, dass soziale Spaltung und laxe Waffengesetze in ihrer Kombination zu schrecklichen Verbrechen führten und ebenso, dass bewaffnete Bürgerwehren die ganz und gar falsche Antwort auf diese sozialen und rechtlichen Probleme seien. Die USA müssten im Interesse ihrer Bürger den historischen Irrweg der Volksbewaffnung verlassen.
Die Saarbrücker Zeitung meint, dass das Vorurteil, schwarze Menschen hätten stets böse Absichten, tatsächlich eine Rolle bei der Verfolgung von Trayvon Martin gespielt haben könnte. Am Ende hätten die Geschworenen streng nach Gesetz entschieden, betont das Blatt. "Und das besagt in Florida, dass im Fall einer Bedrohung auch der Tod eines der Streitpartner in Kauf genommen werden darf."
Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Lisa Schwesig