Kramp-Karrenbauer regiert das Saarland "Ihr bleibt die Rolle als Trümmerfrau"
10.08.2011, 20:39 UhrErst im zweiten Anlauf ist Annegret Kramp-Karrenbauer zur neuen Ministerpräsidentin des Saarlandes gewählt worden. Überraschend hatte SPD-Landeschef Heiko Maas sie zum Zweikampf herausgefordert. Dabei hätte Kramp-Karrenbauer eigentlich schon im Vorfeld ihre Lektion lernen müssen. Von Kanzlerin Angela Merkel - die beim heutigen Wahlkrimi knapp einer politischen Katastrophe entgangen ist.
"Das Stimmen-Patt im ersten Wahlgang bei der Ministerpräsidenten-Wahl im Saarbrücker Landtag war ein spitzbübischer Coup der SPD, die ihren Spitzenmann erst in letzter Minute gegen die als gesetzt gehandelte CDU-Kandidatin Kramp-Karrenbauer gestellt hatte. Was Maas nicht vergönnt war: die grünen Regierungstruppen im napoleonischen Handstreich ganz auf seine Seite zu ziehen, um nordrhein-westfälische Verhältnisse an der Saar herzustellen." Schaden wird die neue Regierungschefin nach Meinung der Westfälischen Nachrichten (Münster) aber nicht davontragen, denn "sie gilt als eiserne Verfechterin von Schwarz-Grün. Darin liegt allerdings vorerst auch ihre einzig realistische Machtoption."
"Angela Merkel hält sich schließlich schon seit Jahren erfolgreich an der Spitze der Macht und hat dabei auch etliche innerparteiliche Rivalen aus dem Rennen geworfen", meint auch der Mannheimer Morgen. Aber ihre Lektion werde auch Kramp-Karrenbauer noch lernen. Auch wenn die Müller-Nachfolgerin ihren "holprigen Start" mit Fassung trug, sollte ihr "der peinliche Einstand (…) eine Lehre sein. Wer sich durchsetzen will, muss sich gut vernetzen und schon im Vorfeld wichtiger Entscheidungen die nötige Unterstützung sichern. Die neue saarländische Regierungschefin ist (…) mit einem Denkzettel nach Hause gegangen."
Die Allgemeine Zeitung aus Mainz fragt sich, was ein Scheitern der Wahl politisch bedeutet hätte: "Die Frau, die gestern nur knapp an einer wahren politischen Katastrophe vorbeigeschrammt ist, heißt nicht Kramp-Karrenbauer. Sie heißt Merkel. Wäre die saarländische CDU-Chefin bei der Ministerpräsidenten-Wahl gescheitert: es wäre gewiss ein harter Schlag gewesen. Aber niemand hätte ihr einen Vorwurf machen können. Andererseits hätte das Ende von Jamaika Neuwahlen bedeutet und damit - wenn die politischen Auguren nicht völlig ahnungslos sind - ein Desaster für die CDU und vermutlich noch weit schlimmer für die FDP. Und ob die Kanzlerin das dann noch ausgehalten hätte, erscheint zweifelhaft."
"Gewagt, gewählt, geschrumpft. Aus einem verkrampften Bündnis wird, erst recht in allgemeinen politischen Krisenzeiten, kein prächtiges Team. Die Zeiten stehen auf Wechsel - früher oder später", da ist sich die Leipziger Volkszeitung sicher. "Nachhall dürfte dieser Wahldenkzettel (…) auch deshalb erhalten, weil Müller mit seinem geplanten flinken Umstieg zum Bundesverfassungsgericht zur nächsten Belastung werden dürfte. Die Grünen wittern im Bundesrat Chancen, dem Zweiten Karlsruher Senat ist kein dritter Ex-Politiker als Richter zu wünschen und andere Berufsgruppen täten einer abgewogenen Entscheidungsfindung durchaus gut. Pech für Müller, dass er ein anerkannt guter und sympathischer Jurist ist und die Nase voll von der Saar-Politik hat. Und für Annegret Kramp-Karrenbauer (…) bleibt die Rolle der Trümmerfrau."
Kramp-Karrenbauer steht vor schwierigen, aber nicht unlösbaren Aufgaben, so die Braunschweiger Zeitung: "Das Saarland hängt am Tropf des Länderfinanzausgleichs und hat keine Spielräume. Aber vielleicht gelingt es der Nachfolgerin von Peter Müller, mit Kreativität und Phantasie das graue Image der Region aufzulockern. Zur Entkrampfung der Innenpolitik könnte sie - anders als die in alten Rollenspielen verankerten Männer - auch beitragen. Daraus ließe sich allemal ein Exportschlager machen."
Quelle: ntv.de, zusammengestellt von Katja Sembritzki