Die Großbanken in Zockerlaune "Raten Sie mal, wer den Verlust trägt"
04.12.2013, 21:07 Uhr
Der Skandal in der Bankenwelt ist groß: Die EU hat die Deutsche Bank und andere Geldhäuser wegen jahrelanger Zinsmanipulation zu Rekordstrafen verdonnert. Doch macht eine Summe von 1,7 Milliarden Euro ein solches Vergehen einfach wieder ungeschehen? Die Kommentatoren von deutschen Tageszeitungen sind empört und sagen den Banken und den Bürgern eine schwere Zeit voraus.
Die Süddeutsche Zeitung schreibt, dass die Banker auf dem besten Wege sind, "Totengräber eines Wirtschaftssystems zu werden, mit dem doch in der Welt so viel Wachstum und Wohlstand geschaffen worden ist." Die Marktwirtschaft werde insgesamt infrage gestellt, und selbst der Hoffnungsträger der strauchelnden FDP, Christian Lindner, glaube beteuern zu müssen: "Wir sind keine Kapitalisten." Das trockene Resümee des Kommentators: "Ein FDP-Chef kein Kapitalist - so weit ist es gekommen."
Auch die Nürnberger Zeitung kommt zu dem Schluss, dass es nicht sein könne, dass für die Weltwirtschaft wichtige Referenzwerte von einigen Großbanken ausgemauschelt werden. "Die Ermittlung solcher Größen ist eine hoheitliche Aufgabe oder muss zumindest hoheitlich kontrolliert werden", meint das Blatt. Hinzu käme, dass eine Handvoll global tätiger Banken eine solche Potenz vereint, dass sie Sanktionen nicht wirklich erschüttern würde. Denn: "Machen wir uns nichts vor: Auch die Strafe von 1,7 Milliarden Euro wird von diesen Finanzgiganten im Vorbeigehen bezahlt."
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung sieht die Konsequenzen des Skandals vor allem in einem Punkt: "Das Bankgeschäft lebt wie fast kein anderes Gewerbe vor allem vom Vertrauen. Ein Bankgewerbe, dem die Menschen nicht mehr vertrauen, ist völlig von der Rolle. So weit ist es leider Gottes gekommen." Die Buße über 1,7 Milliarden Euro, die von der EU-Kommission für Manipulationen von Zinssätzen verhängt worden sei, stelle beileibe keinen Einzelfall dar. Man wisse gar nicht mehr, wo die Auflistung von Skandalen beginnt und wo sie einmal enden werde. Der Kommentator hat die Hoffnung aufgegeben, dass sich die Banken ändern werden: "Es hat wenig Sinn, auf Selbstreinigungskräfte in den Banken zu vertrauen oder zu glauben, die Vertreter der alten Ordnung könnten das Gewerbe in eine neue Blüte führen." Die Tragik für die Allgemeinheit sei, dass die Banken staatlicher Regulierung bedürfen, der Staat aber nicht wisse, wie man Banken effizient reguliert.
Auch die Westfälischen Nachrichten aus Münster meinen, dass sich die Großbanken den letzten Rest von Kundenvertrauen verspielen. Die Reaktion der EU auf den "Libor-Skandal" sieht das Blatt kritisch, denn weitreichende neue Regeln setze Brüssel dennoch nicht durch. "Die Briten haben - wie schon bei anderen geplanten Fesseln für Finanzmarkt-Jongleure - auch Einschränkungen für Zins-Zocker nicht hinnehmen wollen. Das Wohlergehen des Finanzplatzes London hat für die Insulaner oberste Priorität." Wer dabei erneut schlecht wegkommt, sei klar: "Die Interessen der Sparer bleiben damit zum wiederholten Mal auf der Strecke."
Der Mittelbayerischen Zeitung erscheint das Ganze wie ein trauriges Theaterspektakel: "Die im Sinne einer Marktwirtschaft den Banken zukommende Rolle, den Wirtschaftskreislauf risikoabhängig mit Geld zu versorgen, scheint eher zu einem Tarngeschäft verkommen zu sein. Dahinter wird manipuliert und gezockt, werden mithilfe gigantischer Computeranlagen weltweite Preisdifferenzen im Halbsekundenbereich genutzt, um einen Schnitt zu machen." Und wie es bei solchen dubiosen Geschäften immer ist: "Des Einen Gewinn ist des Anderen Verlust. Raten Sie mal, wer den trägt. Ein Blick in den Spiegel hilft dabei."
Zusammengestellt von Hanna Landmann
Quelle: ntv.de