Patientenverfügung "Schicksal selbst in der Hand"
18.06.2009, 20:21 Uhr
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Die Bundesregierung hat entschieden, dass sich der behandelnde Arzt zukünftig an Patientenverfügungen zu halten hat. Das entbindet die Mediziner aber nicht von ihrer Pflicht, bis zur letzten Minute alles erdenklich Mögliche für den Patienten zu tun.
"Selbst wenn das Leiden aus Sicht der Ärzte nicht zwingend zum Tod führt, müssten künftig lebenserhaltende Maßnahmen unterbleiben, sofern der Patient dies vorab verfügt hat", fasst die Hessische/Niedersächsische Allgemeine das von der Bundesregierung verabschiedete Gesetz zur Patientenverfügung zusammen. Das Blatt fragt kritisch, ob diese neue Regelung, die zwar Rechtssicherheit schaffe, auch ethisch vertretbar sei? Vor dem Hintergrund, dass sich die moderne Medizin sehr schnell weiterentwickle, bestehe die Gefahr, "dass Behandlungen abgebrochen werden, obwohl sie später noch zu einem Erfolg führen könnten." Nur der behandelnde Arzt könne zuverlässig über Chancen und Risiken urteilen. "Doch das neue Gesetz degradiert ihn zum Statisten."
Die Frankfurter Rundschau dagegen sieht den Arzt nun aus einer "juristischen Grauzone" befreit: "(…) Die 320 Parlamentarier, die für das Gesetz stimmten, haben das Recht des Patienten gestärkt und zugleich rechtliche Klarheit für die Mediziner geschaffen, die bislang in einer solch existenziellen Frage in einer juristischen Grauzone agieren mussten. Am Ende entscheidet der Mensch, nicht der Richter." Daher lobt das Blatt die Entscheidung des Bundestages.
Auch die Märkische Oderzeitung hebt das Recht des Patienten auf Selbstbestimmung hervor, erinnert aber auch daran, dass eine Patientenverfügung den Mediziner jedoch nicht davon entbinde, "bis zur letzten Minute - entsprechend ihrem Eid - um das Leben jedes einzelnen Patienten zu kämpfen".
Der Nordbayerische Kurier betont, dass nun "jeder sein Schicksal selbst in der Hand" hätte. Wenn jemand seinen Willen nicht mehr äußern kann, würde "in diesem Fall (nichts) schwerer wiegen als die vorher nach freiem Willen abgefasste Patientenverfügung". Daher sollte sich ein jeder die möglichen Folgen vorher bewusst machen. Bei möglichen Zweifeln seien schließlich noch Angehörige und Ärzte da, die nach bestem Wissen und Gewissen eine verantwortliche Entscheidung treffen könnten.
Der Tierische Volksfreund erinnert daran, wie heikel und explosiv das Thema über die Entscheidung über Leben und Tod sei: "Es gibt wenige Themen in Deutschland, bei denen zwischen den Bürgern und der politischen Klasse eine derartige Kluft herrscht wie bei der Frage nach dem Umgang mit dem Sterben." Ältere Menschen wünschten sich vor allen Dingen "Hilfe und Unterstützung auf dem letzten Weg" – ob mit oder ohne Patientenverfügung. In dieser Hinsicht gäbe es noch viel zu tun: Gegner und Befürworter der verstärkten Selbstbestimmung müssten sich darauf einigen, "die Palliativ- und Hospizversorgung so auszubauen und die häuslich-familiäre Betreuung gesellschaftlich so zu fördern, dass sich niemand aus Angst vor mangelnder Hilfe genötigt fühlt, einen Weg einzuschlagen, den er eigentlich nicht will".
Zusammengestellt von Julia Kreutziger
Quelle: ntv.de