Pressestimmen

Weber will nicht zur EZB "Schwarzer Peter liegt bei Merkel"

Was genau er will, ist unklar. Fest steht nur: Bundesbank-Präsident Axel Weber wird ab Herbst diesen Jahres wohl nicht auf dem Chefsessel der EZB Platz nehmen. Dabei hatte Angela Merkel es sich so sehr gewünscht. Jetzt hat sie ein Problem, denn die Zweifel am Euro wachsen - die Lage ist gefährlich. Und der Kanzlerin bleibt nur wenig Zeit, sie unter Kontrolle zu bringen.

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(Foto: dpa)

"Was, um Himmels Willen, ist in der Bundesbank los?" fragt sich der Münchner Merkur. "Wochenlang das Geeiere um Sarrazin. Und jetzt hat Bundesbank-Chef Weber plötzlich keine Lust mehr, Präsident der Europäischen Zentralbank zu werden und gemeinsam mit der Kanzlerin den Euro zu retten. Viel lieber, so hört man, will Weber die Nachfolge von Deutsche-Bank-Chef Ackermann antreten. Schon klar: Wer bei Deutschlands größter Geschäftsbank anheuert, kann richtig Kohle scheffeln. Nur: So wie Weber macht man sich nicht aus dem Staub, wenn einem eines der wichtigsten Ämter anvertraut ist, das die Republik zu vergeben hat. Weber schuldet der Öffentlichkeit eine Erklärung. Wie immer diese ausfällt - die Sorgen der Menschen um ihren Euro sind (jetzt) noch größer. Zu Recht."

"Noch ist es nur ein Schwelbrand, aber der Ausfall von Weber als deutscher Kandidat für die EZB-Spitze könnte wie ein Brandbeschleuniger wirken", ist sich das Handelsblatt sicher, denn "in den Koalitionsfraktionen und in der deutschen Öffentlichkeit wächst die Empörung über die Euro-Rettung. Wer schon immer am Euro zweifelte, fühlt sich jetzt verraten und verkauft, bekommt den Eindruck, die Kanzlerin weiche zurück und könne in Europa keine eigenen Positionen mehr durchsetzen. Nur wenig Zeit bleibt Angela Merkel, um die hochgefährliche Lage unter Kontrolle zu bringen."

Die Märkische Oderzeitung rätselt über die Motive Webers: "Gewiss, er hatte Kritik an der Schuldenpolitik der Bundesregierung geübt, an der Krisenpolitik der EZB und in der Personalie Sarrazin keine glückliche Figur gemacht. Sein Ruf als Finanzexperte blieb allerdings unberührt. Nun aber hinterlässt er verbrannte Erde." Weder er noch Merkel haben sich mit Ruhm bekleckert: "Die Kanzlerin ist gleich doppelt blamiert. Mit dem Bundesbankchef kommt ihr auch - und zwar nicht ersetzbar - der Kandidat für die Trichet-Nachfolge an der EZB-Spitze abhanden. Und Weber hat sich auch selbst beschädigt. Was immer an den Spekulationen über einen Wechsel zur Deutschen Bank dran sein mag. Nach diesem Tohuwabohu müssten sie sich erledigt haben."

Für die Hessische-Niedersächsische Allgemeine aus Kassel wäre Weber die "Idealbesetzung" an der EZB-Spitze gewesen: "Geldpolitisch Unnachgiebige wie er sind mit ihrem vorrangigen Auftrag, die Preisstabilität zu sichern, die besseren Notenbanker. Dafür hätte sich Merkel öffentlich für ihn und seine auch unbequemen Ansichten positionieren müssen. Nun bekam sie die Rechnung. Vielleicht waren es Webers mangelnde diplomatische Fähigkeiten, die Merkel zögern ließen, doch wie immer man es dreht: Der Schwarze Peter liegt bei ihr."

Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Katja Sembritzki

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