Steuer-Prozess gegen Hoeneß "Selbstanzeige war eine Seifenblase"
10.03.2014, 20:41 Uhr
Der langerwartete Prozess gegen Uli Hoeneß wegen Steuerhinterziehung beginnt mit einem Paukenschlag: Der Präsident des FC Bayern München geht in die Offensive und räumt ein, dass seine Steuerschuld mehr als fünfmal so hoch ist, als ursprünglich angenommen. Die Selbstanzeige von 2013 muss nun vollkommen neu bewertet werden. Ob die alte sowie neue Beichte den 62-Jährigen vor einer langjährigen Haftstrafe bewahren, wird in den nächsten Prozesstagen zu klären sein. Noch vor dem endgültigen Richterspruch ist die Causa Hoeneß das beherrschende Thema in der deutschen Medienlandschaft.
Die Welt bezeichnet den angeklagten Hoeneß als einen "Machtmenschen, der in die verdienstvollen Mühlen des Rechtsstaates geriet und viel von seiner Aura der Unbesiegbarkeit eingebüßt hat." Doch auch wenn das Ausmaß der Vergehen von Hoeneß erschütternd sei, so mahnt das Berliner Blatt zu einem fairen öffentlichen Umgang mit dem ehemaligen Fußballmanager: "Steuersünden sind kein Kavaliersdelikt, aber die Hysterie um prominente Steuersünder hat etwas von einer Hetzjagd." Ein Showverfahren müsse von vornherein ausgeschlossen werden, genauso wie ein "Promi-Bonus". Inwiefern sich Hoeneß' durch seine Selbstanzeige vor einer Haftstrafe retten kann, werde "der Fortgang des Prozesses entscheiden".
Von einem "Paukenschlag" am ersten Prozesstag weiß die Heilbronner Stimme zu berichten: "Sein umfassendes Geständnis gipfelte in der Feststellung, dass es weit mehr als die 3,5 Millionen Euro waren, die er am Fiskus vorbeigeschleust hat." Angesichts der eingestandenen Summe von 18,5 Millionen Euro fragt das Blatt: "Wie viel muss man durch Börsenzockereien hereinholen, um eine solche Steuerschuld anzusammeln?" Ein ganzer Berg von Milderungsgründen sei nun nötig, um Hoeneß vor der Haftstrafe zu bewahren, schließlich drohe eine solche bereits ab einer Million Euro hinterzogener Steuern. "Bei Hoeneß geht es um 18,5 Mal mehr."
Eine weitere Frage wirft das Aschaffenburger Main-Echo auf: "Wären diese zusätzlichen 15 Millionen Euro auch aufgetaucht, wenn seine Selbstanzeige zur gewünschten diskreten Abwicklung des Falls geführt hätte?" In der Hoffnung auf ein faires Urteil sei es gut, dass Rupert Heindl das Verfahren leite, da dieser als harter Richter gilt, "der Prozesse nicht mit geschmeidigen Deals abschließen mag". Der Präsident des FC Bayern könne so zwar nicht auf einen Bonus, dafür jedoch auf einen Richterspruch hoffen, der ihn nicht mit einem Malus belege.
Angesichts des neuen Millionen-Geständnisses betrachtet die Süddeutsche Zeitung die Selbstanzeige vom Januar 2013 als wenig wertvoll, da Hoeneß seinerzeit nur einen Bruchteil der hinterzogenen Steuern angegeben habe. So könne man die damalige Beichte als obsolet betrachten: "Die Selbstanzeige war eine Seifenblase; sie hat geschillert; sie hat suggeriert, Hoeneß habe sich damals ehrlich gemacht." Im Wissen um das wahre Ausmaß des Vergehens habe man diese Blase nun selbst platzen lassen.
Für die Westfälischen Nachrichten steht fest: "Uli Hoeneß sitzt tief im Steuersumpf." Da die zulässige Grenze für Steuerhinterziehung bei weitem überschritten wurde, habe sich die Hoffnung auf Milde trotz der Selbstanzeige beinahe verflüchtigt. "Der Fall Hoeneß entwickelt Signalcharakter - für alle Steuersünder."
Der Nordbayerische Kurier bemüht in seiner Berichterstattung zur Causa Hoeneß Fußballsprache: "In seinem größten und wichtigsten Endspiel hat Hoeneß zu Beginn seine Verteidigung scheinbar total entblößt", schließlich habe er nun zusätzlich zu den 3,5 Millionen Euro die Hinterziehung von weiteren 15 Millionen Euro gestanden. "Doch dieser Paukenschlag ist beileibe kein Eigentor." Für das Bayreuther Blatt steht fest, dass das neuerliche Geständnis "besonders strafmildernd zu bewerten" sei. Zudem widerfahre Hoeneß durch die negative Berichterstattung bereits seit gut einem Jahr eine Bestrafung. "Ob das reicht, ihn vor dem Gefängnis zu bewahren? Es wird ein knappes Finale."
Zusammengestellt von Christoph Riek
Quelle: ntv.de