Pressestimmen

ZDF-Chefredakteur muss gehen "Staatsferne nur ein schaler Witz"

Im Fall Brender greift die Presse "Strippenzieher" Kochs scharf an und sieht die Unabhängigkeit des Rundfunks gefährdet. Ein System Berlusconi drohe jedoch so schnell nicht.

Er hat die Strippen im Fall Brender gezogen: Hessens Ministerpräsident Roland Koch.

Er hat die Strippen im Fall Brender gezogen: Hessens Ministerpräsident Roland Koch.

(Foto: dpa)

Für den Bonner General-Anzeiger geht es nicht "um CDU, gar CSU oder SPD", sondern "um den unabhängigen Rundfunk und seinen Erhalt". Dass Brender gehen muss, sei, was seine Person angehe, wohl nicht mehr zu ändern, glaubt das Blatt. Aber man dürfe sich damit nicht abfinden: "Jetzt hilft nur noch der Gang nach Karlsruhe."

Die Frankfurter Rundschau glaubt an ein schnelles Hochkochen, aber auch ein schnelles Abflauen der Emotionen im Fall Brender und übt scharfe Kritik an Koch: "Es wird ein Geschrei sein in der Öffentlichkeit, die Medien (wir) werden schreiben, dass nun brutalstmöglich klar geworden ist, dass das mit der Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ein schaler Witz ist (was schon vorher wahr war), Nikolaus Brender wird auf die Füße fallen, ein Nachfolger bald gefunden sein. Dessen Kür wird das Thema noch einmal hochkochen lassen, und dann ist Ruhe." Der "Skandal hinter dem Skandal" sei, "dass Koch sich auch diese Affäre noch leisten kann".

"Ein Gutes immerhin hat der Fall Brender: Über Monate hat es so laut gerumst hinter den Kulissen des ZDF, dass offenbar wurde, was da nicht stimmt", schreibt die Nürnberger Zeitung, die an Koch ebenfalls kein gutes Haar lässt: Sein "Versuch, im Sinne der Partei die Strippen zu ziehen, ist schlimm genug". Noch schlimmer sei jedoch, dass er damit Erfolg hatte. "Doch die Union hat sich mit ihrem Vorgehen keinen Gefallen getan. Die Empörung von Journalisten wie Staatsrechtlern macht Hoffnung: So schnell wird die deutsche Medienlandschaft nicht zu einem zweiten System Berlusconi."

"Die Entscheidung der CDU-Mehrheit im ZDF-Verwaltungsrat gibt Gelegenheit, an Geburtswehen des Senders zu erinnern", schreibt die Ostsee-Zeitung. "Und auf eine Änderung seiner Organisationsstruktur zu drängen", ergänzt das Blatt und macht ein hausgemachtes Problem beim Zweiten Deutschen Fernsehen aus: "Das ZDF ist - zum Teil - das Resultat des 'Adenauer-Fernsehens'. Der Alte wollte in den späten 1950er Jahren die Macht der Union auch über das neue Medium sichern, die ARD schien ihm zu sozialdemokratisch. Das Bundesverfassungsgericht erlaubte dem Kanzler damals nicht, das erste Privatfernsehen in der Bundesrepublik auf den Weg zu bringen. Doch die ZDF-Gründung geschah im Geiste jenes von der Politik instrumentalisierten Projekts. Eines Geistes, der endlich verscheucht gehört."

Quelle: ntv.de, Zusammmengestellt von Nadin Härtwig

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen