Pressestimmen

Streit um Gorleben-Gutachten "Wohlfühlen kann sich dabei niemand"

Ob das Bekanntwerden von eventuell geschönten Gorleben-Gutachten so kurz vor der Wahl nun ein Zufall ist oder nicht: Die Aussicht auf ein unsicheres Atommüll-Endlager beunruhigt.

Umweltminister Gabriel schließt Gorleben als Endlager aus.

Umweltminister Gabriel schließt Gorleben als Endlager aus.

(Foto: dpa)

"Ausgerechnet zwei Wochen vor der Bundestagswahl wird bekannt, dass die Kohl-Regierung vor 26 Jahren ein Gutachten zur Endlagerung von Atommüll frisiert haben soll. Nicht einmal die eifrigsten Trecker-Demonstranten von Gorleben können da an einen Zufall glauben", glauben die Kieler Nachrichten und sehen Umweltminister Gabriel im Anti-Atomwahlkampf alle Register ziehen. "Jetzt soll sich die Kanzlerin gar von ihrem Vorvorgänger Kohl distanzieren. Wegen einer angeblichen Manipulation, und überhaupt." Das Blatt ist verwundert: "Als trage Merkel, damals noch auf der anderen Seite der Mauer, Verantwortung dafür, dass aus dem Atommüllendlager Gorleben trotz jahrzehntelanger Erkundung nichts wurde - weder mit noch ohne geschönte Gutachten."

Dass der "nimmermüde SPD-Wahlkämpfer Sigmar Gabriel auch auf Tricks zurückgegriffen hat, um diese Erkenntnisse zutage zu fördern", mag die Union verärgern, glaubt die Stuttgarter Zeitung. Tatsächlich rächen sich jedoch jetzt die "Fehler der Vergangenheit". "Das Vertrauen der Bürger, dass diese Partei alles Nötige tut, um die Sicherheit des Endlagers zu gewährleisten, lässt sich so nicht aufbauen. Der Union bleibt nichts anderes übrig, als andere Standorte in die Endlagersuche einzubeziehen."

Die Westdeutsche Zeitung glaubt an ein schnelles Ende der Aufregung nach der Wahl: "Gorleben scheint tot, neue Standorte müssen geprüft werden. 2026, so will es der Umweltminister, soll der Bundestag entscheiden, 2040 das Endlager in Betrieb gehen." Die Aussichten stimmen das Blatt nachdenklich: "Aber was sind schon drei Jahrzehnte für ein Erbe, das dann 100.000 Jahre vor sich hin strahlt?"

"Wenn man ein Mindestmaß an Akzeptanz schaffen will, darf an der Fundiertheit von Gutachten kein Zweifel bestehen." Die Märkische Allgemeine richtet ihre Kritik an die Adresse von Union und FDP, die gerade als "Befürworter verlängerter Restlaufzeiten daran interessiert sein (müssen), Expertisen nicht in den Verdacht politischer Mauscheleien kommen zu lassen". Gabriels Forderungen nach einer Erkundung weiterer Standorte "ist sogar plausibel, schließlich ist eine Entscheidung im Grunde nur möglich, wenn man mehrere potenzielle Endlager vergleichen kann". Die Zeitung aus Potsdam sieht jedoch einen Haken: "Bis neue Standorte so intensiv erkundet wären, wie Gorleben es schon heute ist, würden noch einmal Jahrzehnte vergehen. Bis dahin steht der bereits vorhandene Restmüll in einfachen Lagerhallen herum. So recht wohlfühlen kann sich dabei auch niemand."

"Es spricht nichts dagegen, Gorleben weiter zu erkunden", kommentiert der Bonner General-Anzeiger und spricht sich für Alternativen aus. "Um 2035 laufen die Genehmigungen für die dezentralen Zwischenlager an den Kraftwerks-Standorten aus. Was also, wenn Gorleben die Kriterien nicht erfüllt? Es ist folglich genauso wenig dagegen einzuwenden, neben Gorleben noch alternative Standorte zu erkunden."

Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Nadin Härtwig

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