Die Baugeldfalle Lange Laufzeit entzaubert
12.11.2009, 07:21 Uhr
(Foto: Ernst Rose, pixelio.de)
Der Kauf oder Bau einer Immobilie lässt sich momentan vergleichsweise leicht finanzieren – jedenfalls wenn man sich die angebotenen Zinsen anschaut, zu denen die Banken bereit sind, das Projekt zu finanzieren. Auch all jene, die schon vor ein paar Jahren in die eigenen vier Wände gezogen sind, sollten ihre Darlehensverträge überprüfen und eventuell die Umschuldung schon jetzt planen.
König ist der Kunde, der ein durch eine Grundschuld abgesichertes Darlehen benötigt und das Eigenheim-Projekt nur zur Hälfte über die Bank finanzieren möchte. Hier sind bei einer Zinsbindung von fünf Jahren Effektivzinssätze von unter drei Prozent pro Jahr möglich.
Blendzins bei kurzer Laufzeit
Sinnvoll ist die kurze Zinsbindung allerdings nur, wenn man innerhalb der fünf Jahre in der Lage ist, das Darlehen vollständig zu begleichen. Von den niedrigen Zinssätzen bei kurzen Vertragslaufzeiten sollte man sich nicht blenden lassen. Wer auf der Basis der dann fälligen Monatsrate womöglich noch mit einer anfänglichen Jahrestilgung von nur einem Prozent die Finanzierung des Eigenheims kalkuliert, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit in die Schuldenfalle laufen. Endet nach fünf Jahren die Zinsbindung und das Zinsniveau liegt über dem heutigen, steigen automatisch die fälligen Monatsraten. Chaos ist vorprogrammiert, wenn diese dann nicht gezahlt werden können.
Nun könnte man im Umkehrschluss denken, dass eine sehr lange Laufzeit die Pauschallösung für alle wäre. So wirbt beispielsweise der Baufinanzierungsvermittler Interhyp mit Bestkonditionen von unter fünf Prozent pro Jahr für Laufzeiten von 25 Jahren und mehr. "Kreditnehmer, die sich heute für eine sehr lange Zinsbindung entscheiden, handeln kostenbewusst und vorausschauend", so Robert Haselsteiner, Gründer und Vorstand der Interhyp.
Ganz so einfach sollte man sich die Sache allerdings nicht machen, denn eine überlange Laufzeit ist nicht zwingend der Königsweg, wie ein Beispiel zeigt. So beträgt der bei Interhyp angegebene Topzins für 15 Jahre 4,2 Prozent und für 25 Jahre 4,69 Prozent pro Jahr (Stand 11.11.2009). Auf den ersten Blick könnte man denken, dass man sich für einen geringen Zinsaufschlag eine lange Sicherheit kaufen kann. Mit Hilfe eines Zinsvergleichsrechners, werden die Unterschiede allerdings sehr schnell deutlich.
Irrglaube bei langen Laufzeiten
Nehmen wir an, jemand nimmt einen Kredit über 150.000 Euro zu den oben genannten Konditionen auf und tilgt anfänglich zwei Prozent bezogen auf die 25-jährige Laufzeit, um am Ende der Zinsbindung weitgehend schuldenfrei zu sein. Als monatliche Rate errechnet sich hieraus ein Betrag von 836,25 Euro. Würde man die gleiche Rate für das nur 15-jährige Darlehen einsetzen, liegt der anfängliche Tilgungssatz 0,49 Prozentpunkte höher. Zieht man nach 15 Jahren Bilanz, ergibt sich beim 25-jährigen Darlehen eine Restschuld in Höhe von 84.880 Euro und beim 15-jährigen Darlehen eine Restschuld in Höhe von 72.139 Euro. Rechnet man nun aus, wie hoch der Zinssatz bei der Darlehensverlängerung ausfallen könnte, um weitere zehn Jahre später auf den gleichen Schuldenstand, wie das 25-jährige Darlehen zu kommen, beträgt dieser Zinssatz 8,09 Prozent. Die Zinsen für ein 10-jähriges Darlehen müssten sich demnach in unserem Beispiel im Vergleich zu heute mehr als verdoppeln, um mit dem 25-jährigen Darlehen besser zu fahren. Selbst wenn man von einer anfänglichen Tilgung von einem Prozent ausgeht, müsste der Zins für ein zehnjähriges Darlehen bei Verlängerung über 6,57 Prozent liegen, um mit der Langläufervariante besser zu fahren.
Max Herbst von der FMH Finanzberatung rät daher im Gespräch mit n-tv.de zu einer 15-jährigen Laufzeit. Da man nach Ablauf von zehn Jahren das Darlehen grundsätzlich ohne Vorfälligkeitsentschädigung kündigen kann, hat man so fünf Jahre Zeit, um für die Vertragsverlängerung oder Umschuldung einen günstigen Zeitpunkt zu wählen. Die Zinsentwicklung läuft meist parallel zur Konjunktur. Boomt die Wirtschaft, sind die Zinsen relativ hoch, in einer schlechten wirtschaftlichen Situation sind die Zinsen relativ niedrig. Da diese Konjunkturzyklen in der Vergangenheit sechs bis acht Jahre betragen haben, stehen die Chancen also gut, dass man in einem Korridor von fünf Jahren einen günstigen Zeitpunkt für die Anschlussfinanzierung findet.
Fazit: Pauschalaussagen über die richtige Darlehenslaufzeit kann man nicht treffen. Zwar bieten 15 Jahre laufende Darlehen einen guten Kompromiss zwischen Sicherheit und Chance. Andererseits muss jeder mit seinen tatsächlichen Konditionen errechnen, wie groß die Unterschiede ausfallen, um Chance und Risiko abzuwägen. Erst Konditionen einholen, individuell durchrechnen, dann abschließen.
Quelle: ntv.de