Edelküche per Kurier Premium-Lieferdienste streiten um Kunden
28.11.2015, 07:39 Uhr
Das Essen kommt normalerweise innerhalb einer halben Stunde, via Fahrradkurier - so das Versprechen.
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Wer sich Essen nach Hause bestellt, erwartet keine kulinarischen Highlights. Gute Restaurants haben eben selten einen eigenen Lieferservice. Müssen sie jetzt auch nicht mehr. Neue Bringdienste krempeln das klassische Pizzaboten-Geschäft um.
Pizza aus durchgeweichten Kartons, Lasagne in schmucklosen Aluboxen oder die immer gleichen Einheitssoßen vom Inder - wer sich Essen vom Restaurant nach Hause bestellt, rechnet eher mit mäßiger Qualität. Gleich mehrere Start-ups sind jetzt angetreten, den Restaurant-Lieferdienst auf Gourmet-Niveau zu heben.
Die zwei größten starteten relativ kurz nacheinander: Foodora begann im Spätsommer 2014 damit, Kreationen Münchner Restaurants auszuliefern. Deliveroo ist im April 2015 als Konkurrent angetreten. Mittlerweile arbeiten beide mit Restaurants in vielen deutschen Großstädten und auch in einigen anderen Ländern zusammen. Die Strategie der neuen Lieferdienste ist dieselbe: Beliebte Restaurants bereiten die Gerichte zu, die Start-ups nehmen ihnen den Stress mit der Lieferung ab. "Wir ermöglichen den Gastronomen, sich auf das zu konzentrieren, was sie am besten können: kochen. Den Rest übernehmen wir", sagt Bodo von Braunmühl, Sprecher der Delivery Hero Holding, zu der Foodora gehört.
Für den Kunden funktioniert das Ganze ähnlich wie die etablierten Bringdienst-Portale: Man gibt an, wohin das Essen gebracht werden soll. Dann bekommt man Lokale in der Umgebung angezeigt. Die Auswahl ist in der Regel kleiner als bei Lieferheld, Lieferando und Co. Qualität statt Quantität ist die Devise. Man scrollt sich durch die Speisekarten, bestellt und zahlt bargeldlos. Auch das Trinkgeld kann man elektronisch abrechnen. Per Fahrradkurier des Lieferdienstes kommt das Essen normalerweise binnen einer halben Stunde nach Bestellung zum Kunden - hübsch verpackt und noch warm, so das Versprechen.
Viele Restaurants sind bei beiden Diensten

Trotz blitzschneller Lieferung: Frisch aus der Küche schmeckt's meist noch etwas besser.
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Bei welchem der beiden Premium-Lieferdienste der Kunde bestellt, macht bislang keinen großen Unterschied: Die Webseiten sind ähnlich aufgebaut, beide werben mit hochauflösenden Bildern von Gerichten auf Porzellanservice. Die Preise sind gleich. "Wir haben ein ähnliches Produkt", sagt Felix Chrobog, Geschäftsführer von Deliveroo, auf Foodora angesprochen. Foodora-Geschäftsführer Julian Dames sagt: "Natürlich spielen wir im selben Markt." Um den Gourmet-Wünschen der Kunden gerecht zu werden, buhlen die zwei Start-ups um dieselben Restaurants.
Viele Gastronomen bieten ihr Essen über beide an, darunter Karl Maria Kinsky, Inhaber des Berliner Burger-Restaurants Black Cat. "Die sollen ruhig Konkurrenz sein", sagt er. "Wir arbeiten mit allen." Zwar hätten sowohl Foodora als auch Deliveroo seinen Laden lieber exklusiv in ihr Angebot aufgenommen. "Aber da wäre ich ja schön blöd als Gastronom." Ein Drittel seiner Umsätze erwirtschafte er bereits dank der Lieferdienste, dabei sei er erst seit etwa zwei Monaten dabei. Ständig gingen seitdem Fahrradkuriere in seinem Laden ein und aus, das sei "nicht ganz so schick", lohne sich aber.
Kann es nur einen geben?
Sebastian Hunold, Besitzer einer Pizzeria in Kreuzberg, nutzt die Plattformen ebenfalls, ihm entstünden dadurch keinerlei Nachteile wie zusätzliche Lohnkosten. Außerdem könne er jederzeit vom Netz gehen, wenn die Online-Bestellungen überhandnähmen. Seine Stammkunden kämen trotzdem lieber ins Restaurant. "Eine Pizza, die 20 Minuten im Karton vor sich hin dampft, hat eben nicht dieselbe Qualität wie im Restaurant", sagt Hunold. Für die Dienste sind zudem 30 Prozent Beteiligung fällig.
Derzeit verzeichnen beide große Lieferdienste nach eigenen Angaben hohe Zuwächse - Deliveroo-Geschäftsführer Chrobog nennt eine Zunahme des Bestellvolumens um 30 Prozent pro Woche. Foodora-Chef Dames spricht von einem Umsatzplus von monatlich 15 Prozent in den 14 Ländern, in denen seine Firma Essen liefert. Ständig müssten neue Fahrradkuriere eingestellt werden. Doch ist die Zielgruppe der bequemen Gourmets auf Dauer groß genug für mehrere Anbieter? "Es ist ein sehr harter Konkurrenzkampf", sagt Deliveroo-Chef Chrobog. Ob sich letztlich das Prinzip "The winner takes it all" durchsetze, sei schwer einzuschätzen. "Die große Challenge für die Lieferdienste ist es, ihre Adressen bekannt zu machen", sagt Thomas Lengfelder, Hauptgeschäftsführer des Berliner Hotel- und Gaststättenverbands. Zwar sei der Markt beispielsweise in der Hauptstadt mit 16.000 Gaststätten riesig. "Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass langfristig viele Lieferdienste nebeneinander existieren werden."
Quelle: ntv.de, Violetta Kuhn, dpa