Hamburg & Schleswig-Holstein Bessere Arbeitsbedingungen bei Lieferdiensten gefordert
10.09.2025, 17:13 Uhr
Pizza, Burger, Sushi - Viele lassen sich Essen liefern. Die, die es bringen, sind im Niedriglohnsegment beschäftigt. Die Bürgerschaft will Ausbeutung einen Riegel vorschieben.
Hamburg (dpa/lno) - SPD und Grüne in der Hamburgischen Bürgerschaft wollen Beschäftigte bei Lieferdiensten besser vor Ausbeutung schützen. In der ersten Sitzung der Bürgerschaft nach der Sommerpause warnten sie davor, dass durch die Auslagerung der Fahrerdienste an Subunternehmen der Arbeitsschutz unterlaufen werden könnte. Heftige Kritik an dieser Praxis kam auch von den Linken. Sie forderten eine Taskforce "Lieferdienste".
Hintergrund sind Pläne des Lieferdienstes Lieferando, bundesweit rund 2.000 Fahrer zu entlassen und künftig vermehrt mit Subunternehmen zusammenarbeiten. Allein in Hamburg sind nach Gewerkschaftsangaben mehr als 500 sogenannte "Rider" betroffen.
Lieferando hatte angekündigt, bei der Auswahl der Subunternehmen auch auf Festanstellungen und die Bezahlung der Fahrer zu achten. Arbeitnehmervertreter warnen jedoch vor ausbeuterischen Verhältnissen und weit verbreitete Scheinselbstständigkeit auf dem Lieferdienstsektor.
Bessere Bedingungen im Niedriglohnsektor gefordert
Die Grünen hatten für die Aktuelle Stunde eine Debatte angemeldet. Der Titel: "Der Fall Lieferando mahnt: Die Menschen brauchen bessere Bedingungen im Niedriglohnsektor, mehr Tarifbindung und einen fairen Mindestlohn".
"Lohndumping, fehlender Arbeitsschutz und die Behinderung von Betriebsräten sind absolut inakzeptabel", sagte die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen, Miriam Block. Wer arbeite, müsse von seiner Arbeit auch gut leben können.
Mit den Stimmen der Regierungsfraktionen und der Linken nahm die Bürgerschaft einem Antrag von SPD und Grünen an, in dem der Senat aufgefordert wird, sich auf Bundesebene für ein Direktanstellungsgebot bei Lieferdiensten einzusetzen. Nötig sei auch eine "zügige, faire und strikte" Umsetzung der EU-Plattformrichtlinie.
Der Antrag der Linken, in dem die Einsetzung einer "Taskforce Lieferdienste" gefordert wurde, fand keine Mehrheit.
Auch bei Lieferdiensten müssten Direktanstellungen, Mitbestimmung und faire Verträge Standard sein, sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD, Hansjörg Schmidt. "Und wir wollen natürlich den Kontrolldruck hier vor Ort erhöhen, indem wir ein jährliches Monitoring einführen und auch die Informationsangebote für die Betroffenen verbessern."
CDU warnt vor Eingriff in Tarifautonomie
Auch die CDU setze sich für gerechte Löhne und die Einhaltung der Arbeitnehmerrechte ein, sagte ihr Wirtschaftsexperte Michael Becken. "Wir wollen auch, dass Verstöße konsequent geahndet werden (...) und das nicht nur bei Lieferdiensten, sondern über alle Branchen hinweg. Zugleich warnte er aber vor einem Eingriff in die Tarifautonomie. "Tarifbindung ist freiwillig - und daran möchten wir festhalten."
Kay Jäger von der Linksfraktion begrüßte, dass sich auch SPD und Grüne des Themas Lieferdienste annehmen, bemängelte aber, dass dies erst jetzt geschehe. "Das, was sich hier entwickelt hat, ist ein absoluter Wildwuchs in dieser Branche und das alles ist unter ihren Augen passiert", sagte er. Bei Verstößen gegen Arbeitnehmerrechte müsse man auch nicht nach Berlin zeigen oder auf die EU. "Wir haben Gesetze, die durchgesetzt werden müssen. Und daran hapert es in dieser Stadt."
Auch der AfD-Abgeordnete Marco Schulz mahnte mehr Arbeitsschutzkontrollen in der Branche an. "Der Missbrauch durch große Konzerne muss verhindert werden, aber nicht auf Kosten des Mittelstands."
Quelle: dpa