Thüringen "Missachtung jüdischer Sensibilität": Kritik an Gedenkaktion
07.11.2025, 13:27 Uhr
Wie soll man sich verhalten zum Gaza-Krieg und seinen Folgen? Dass jede Aktion wohlbedacht sein möchte, zeigt auch eine geplante Veranstaltung in Erfurt.
Erfurt (dpa/th) - Eine für Samstag geplante Gedenkveranstaltung im Zusammenhang mit dem Gaza-Krieg stößt auf reichlich Kritik. Die Vorsitzenden der Deutsch-Israelische Gesellschaft Erfurt (DIG Erfurt) und der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen verstehen unter anderem das Datum für die Aktion des Erfurter Friedensbündnisses als Provokation.
Schramm: "Trifft jüdische Gemeinde ins Herz"
"Diese Veranstaltung am Schabbat und am Vorabend des 9. November – des Gedenktages an die Reichspogromnacht von 1938 – ist eine grobe Missachtung jüdischer Sensibilitäten", kritisierte der Vorsitzende der Jüdischen Landesgemeinde, Reinhard Schramm, in einer gemeinsamen Mitteilung. Eine Kundgebung zu diesem Zeitpunkt, die Israel politisch anklage, sei geschmacklos. "Sie trifft die jüdische Gemeinschaft ins Herz." Der Schabbat ist ein für Jüdinnen und Juden wichtiger Ruhetag, er beginnt freitagabends und endet samstagabends.
Organisator: Datum Zufall, keine Provokation
Bernhard Schmidtmann, Organisator der Veranstaltung, erklärte, dass es Zufall sei, dass die Aktion am 8. November stattfinde. Es sei schwierig gewesen, noch in diesem Jahr einen anderen Termin dafür zu finden. "Wenn es als Provokation aufgefasst wird, dann bedauern wir das sehr", so Schmidtmann.
Er betonte, dass sich die Veranstaltung nicht gegen Israel wende: "Wir greifen das Existenzrecht Israels in keiner Weise an, wir sind dafür, dass Israel Bestand hat." Gleichzeitig habe auch die palästinensische Volksgruppe ein Existenzrecht. "Wir sind gegen Radikalität und gegen Islamisten."
Menschenkette und Namensnennungen geplant
Bei der Aktion auf dem Theaterplatz sei eine Menschenkette in Form einer Friedenstaube geplant. Dabei solle sowohl an die palästinensischen Zivilisten, die seit Beginn der Angriffe getötet wurden, erinnert werden, als auch an die israelischen Opfer des Überfalls vom 7. Oktober 2023. Listen mit Namen von Opfern sollen dabei hochgehalten werden. Zuvor sollen auch Namen von getöteten Kindern verlesen werden.
Das am 7. Oktober 2023 verübte Massaker der islamistischen Hamas und anderer Terroristen in Israel gilt als Auslöser des Gaza-Kriegs. Etwa 1.200 Menschen wurden dabei getötet und mehr als 250 Menschen aus Israel in den Küstenstreifen verschleppt wurden. Bei massiven israelischen Angriffen im Gazastreifen wurden danach nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde mehr als 68.500 Menschen getötet.
Panse: "Gleichsetzung eigentlicher Skandal"
Der Vorsitzende der DIG Erfurt, Matthias Tarwitz, und Thüringens Beauftragter für jüdisches Leben, Michael Panse, erklärten, die geplante Aktion versäume es, zu differenzieren: "Wenn die Veranstalter die Namen ermordeter Israelis gemeinsam mit getöteten Menschen in Gaza verlesen wollen, verkennen sie den entscheidenden Punkt: Unter den Toten in Gaza sind viele Hamas-Terroristen, die Täter des 7. Oktober. Diese Gleichsetzung ist der eigentliche Skandal dieser Veranstaltung", kritisierte Panse.
Quelle: dpa