Heilendes Bad Bad Wilsnack
17.01.2007, 09:20 UhrAuf den ersten Blick ist es kaum vorstellbar, dass jemand freiwillig in die breiige Masse steigt. Doch für die Gesundheit nehmen jährlich tausende Deutsche ein Moorbad - mit Erfolg. Die warmen Bäder haben als Naturheilmittel eine lange Tradition.
Im brandenburgischen Bad Wilsnack etwa lassen sich Patienten seit mehr als 100 Jahren von der schwarzbraunen Erde therapieren. Hier wird es zur Linderung von Rückenbeschwerden oder Arthrose eingesetzt. Aber auch derjenige, der nur entspannen und abschalten möchte, kann in ein Moorbad steigen. Die Wärme lindere nicht nur Schmerzen, sondern erreiche auch tief liegende Organe und Muskeln, sagt Irene Hoffstadt vom Therapiezentrum Kurhausbad im bayerischen Bad Kissingen. Das sei bei Stresssymptomen hilfreich.
Verena Wegner, leitende Physiotherapeutin im Kurmittelhaus Bad Wilsnack, behandelt Menschen mit chronischen Schmerzen, Gelenkentzündungen oder Frauenleiden. Ihre Patienten schwören auf die heilende Wirkung des Moorbades. "Die Menschen schweben richtig im Moor. Das liegt an dem hohen Mineralstoffgehalt", sagt Wegener.
Tagtäglich füllt sie mehrere 200-Liter-Badewannen mit der Masse. Dann steigen die Kranken und Stressgeplagten hinein und harren bis zu 30 Minuten aus. Zuvor sei das Moor erhitzt worden, um mögliche Kleintiere und Keime abzutöten.
Zweimal im Jahr wird der Torf gestochen. Im Kurmittelhaus wird er dann zerkleinert, gesiebt, von Rückständen befreit und mit Wasser verdünnt. Üblich sind Wegner zufolge Vollbäder, bei denen der Patient bis zum Hals in die Masse eintaucht.
Den Unterschied zwischen einem Vollbad in der heimischen Wanne und einem Moorbad erklärt Karin Kraft, Professorin für Naturheilkunde an der Universität Rostock: "Das Moor kann man sehr stark aufheizen. 39 bis 43 Grad Celsius und wärmer sind möglich." Die Wärme werde vom Moor sehr langsam abgegeben und sei deshalb auch besser auszuhalten als bei einem Schaumbad. Der Körper werde durch das Moorbad in eine Art künstliches Fieber versetzt, wodurch die Enzyme im Organismus angetrieben werden. "Dadurch arbeitet das ganze Immunsystem besser."
Die schmerzlindernde Wirkung eines Torfbades ist Prof. Kraft zufolge wissenschaftlich erwiesen. Sie rät, bei Gelenkverschleiß, rheumatischer Arthritis, Beschwerden vor den Wechseljahren sowie bei Hauterkrankungen eine Moortherapie zu versuchen. Zwei- bis dreimal wöchentlich sollten sich die Patienten in die breiige Substanz legen. Menschen mit Herzproblemen oder ansteckenden Krankheiten wie Tuberkulose sollten allerdings auf die heilende Wärme verzichten, um den Kreislauf zu schonen.
Von einmaligen Moorprozeduren oder Heimanwendungen durch Kompressen oder Bäder aus der Apotheke hält die Professorin nichts. "Das ist eigentlich keine Wellnessanwendung", sagt sie. Eine Therapie mit dauerhafter Schmerzlinderung sei nur unter ärztlicher Aufsicht sinnvoll. Die Krankenkassen bezahlten die Moorbäder in der Regel im Rahmen von Rehamaßnahmen, sagt Kraft. Aber auch die Kosten ambulanter Badekuren unter ärztlicher Anleitung würden von den Kassen übernommen.
Quelle: ntv.de