Gründungsmitglied der "Brücke" Große Kirchner-Schau in Hamburg
07.10.2010, 12:50 Uhr
Die Bilder Kirchners sind bis zum 16. Januar 2011 in der Hamburger Kunsthalle ausgestellt
(Foto: dpa)
Hamburg lockt mit Kunst an die Alster. Von den berühmten "Straßenszenen" im urbanen Berlin bis zu idyllischen Bergmotiven: Eine Kirchner-Schau in der Hamburger Kunsthalle gibt einen Überblick über verschiedene Schaffensphasen des großen "Brücke"-Künstlers.
Vom 7. Oktober an wird das Frühwerk Ernst Ludwig Kirchners (1880-1938) mit Atelier- und Straßenszenen aus Dresden und Berlin in der Hamburger Kunsthalle präsentiert. Hinzu kommen Bilder von seinen Sommeraufenthalten auf der Ostseeinsel Fehmarn sowie das in Davos entstandene Spätwerk. Als "Ausstellung in der Ausstellung" werden bislang weitgehend unbekannte großformatige Aktzeichnungen gezeigt.

Kreidezeichnung "Sitzender Akt mit übereinander geschlagenen Beinen und großem Hut" von 1907.
(Foto: dpa)
Von den mindestens 33 erhaltenen, teils in farbigen Kreiden ausgeführten Werken konnten erstmals wieder zwölf Blätter zusammengeführt werden, erklärten die Kuratoren Ulrich Luckhardt und Andrew Hurttig. Diese dokumentierten Kirchners entscheidende stilistische Entwicklung als expressionistischer Künstler vor dem Ersten Weltkrieg. In der Kirchner-Forschung seien die Zeichnungen bislang weitgehend unbeachtet geblieben.
Die Schau über das Gründungsmitglied der Künstlervereinigung "Brücke" biete noch ein weiteres Novum: Nach Angaben der Kuratoren werden erstmals einige Bilder mit vorbereitenden Skizzen und motivisch verwandter Druckgrafik und Fotografien des Künstlers präsentiert. "Wir wollen aufzeigen, dass Kirchner seine Kompositionen ganz klar vorbereitete und nichts dem Zufall überließ." So wird das "Selbstbildnis mit Modell" (1910, 1926), das den mit einem Bademantel bekleideten Künstler gemeinsam mit seiner Geliebten Doris Große zeigt, gemeinsam mit zwei vorbereitenden Zeichnungen ausgestellt. "Sie dokumentieren den Bildfindungsprozess, von der "prima idea" bis zur endgültigen Ausführung", sagen die Kuratoren.
Die Beziehung zu Große brach mit Kirchners Umzug von Dresden nach Berlin im Jahre 1911 auseinander. Fasziniert vom wilden, urbanen Treiben der Großstadt und der illegalen Prostitution schuf er die Tuschzeichnung "Straßenszene", den Holzschnitt "Die fünf Koketten auf der Straße" oder "Das Paar im Zimmer", das eine intime Bordellszene zeigt. Ein Kontrast dazu bilden die Landschaftspanoramen von seinen Sommeraufenthalten auf Fehmarn. "Er erlebt Landschaft, Licht und Farbgebung der Insel als südseehaft und macht Fehmarn zu seinem Freiluftatelier", erklärte Luckhardt.
Während seines späteren Aufenthalts in der Schweiz bot die Bergwelt mit Tierleben und Bauernleben bislang unbekannte Motive für Kirchner, der sich 1938 bei Davos mit zwei Schüssen ins Herz das Leben nahm. Die Davoser Jahre waren geprägt von einem Nervenleiden und einer Medikamentensucht, die zum Teil zu Lähmungserscheinungen führte, sagen die Kuratoren: "Umso erstaunlicher, dass Kirchner in dieser Phase extremer Unsicherheit und körperlicher Schwäche Hauptwerke von außerordentlicher Qualität schuf."
Quelle: ntv.de, dpa