Liebermann in der Kunsthalle Hamburg spannt großen Bogen
01.10.2011, 06:00 Uhr
Die umfassende Retrospektive zeigt mehr als 100 Werke des Künstlers, u.a. "Spitalgarten in Edam" (l) und "Der Papageienmann".
(Foto: picture alliance / dpa)
Anfangs als "Schmutzmaler" beschimpft, durfte er später sogar den Reichspräsidenten porträtieren: Max Liebermann, der Künstler, der die Moderne in die deutsche Malerei einführte. Wie sich dieser Prozess vollzog und welches beeindruckende Œuvre Liebermann dabei schuf, zeigt die Hamburger Kunsthalle jetzt erstmals in einer umfangreichen Retrospektive.
Er gilt als Wegbereiter der Moderne in Deutschland: Jetzt steht das Werk Max Liebermanns (1847-1935) im Mittelpunkt einer umfassenden Retrospektive in der Hamburger Kunsthalle. Die renommierte Galerie widmet dem Mitbegründer und Präsidenten der Künstlergruppe Berliner Secession jetzt eine Schau. "Die Qualität seiner Werke ist nach wie vor ungebrochen", sagten die Kuratoren Jenns Howoldt und Markus Bertsch. Es sei der Verdienst Liebermanns, die Moderne in die deutsche Malerei eingeführt zu haben.

Eines der bekanntesten Bilder Liebermanns: "Terasse im Restaurant Jacob in Nienstedten an der Elbe".
Zu sehen sind mehr als 100 Gemälde aus allen Schaffensphasen. Die Schau, die in Kooperation mit der Bundeskunsthalle in Bonn entstand, ist in chronologische Kapitel unterteilt. Der Bogen reicht vom bäuerlich ländlichen Sujet über die Darstellung bürgerlichen Freizeitlebens - etwa mit dem bekannten "Papageienmann" (1902) - bis hin zu seinen Porträts und den späten farbintensiven Gartenbildern.
Naturalistische Werke mit sozialer Thematik
Zunächst werden die Frühwerke des Künstlers präsentiert, der aus einem äußerst wohlhabenden Berliner Elternhaus stammte. Vom Akademismus in Deutschland enttäuscht, wandte sich Liebermann nach Frankreich und Holland, wo er in die progressiven Strömungen der Zeit eintauchte. Sowohl stilistisch als auch thematisch betrat er Neuland. Wegen seiner einfachen, wirklichkeitsnahen Motive wie arbeitenden Bäuerinnen wurde er als "Schmutzmaler" beschimpft.
Bei Streifzügen durch Amsterdam fertigte Liebermann mehrere Ölstudien in einem Waisenhaus, die in einem separaten Raum präsentiert werden. In seiner "Malheimat" Holland entsteht 1887 auch eines seiner Hauptwerke "Netzflickerinnen", mit dem er erneut das Arbeitsthema aufgreift. Durch den Ankauf des großformatigen Gemäldes durch den ersten Kunsthallen-Direktor Alfred Lichtwark begann auch der lange, vertraute Kontakt zwischen den beiden Männern.
Vom umstrittenen zum gefragtesten Porträtmaler
Einige Jahre später beauftragte Lichtwark Liebermann, den Hamburger Bürgermeister Petersen zu porträtieren. Die Kritik am fertigen Bild war niederschmetternd. Die unverstellt realistische Darstellung löste Empörung aus. Dennoch stieg der Maler nach der Jahrhundertwende zum gefragtesten Porträtisten der Berliner Gesellschaft auf. So ist auch ein Bildnis des Reichspräsidenten Paul von Hindenburg von 1927 zu sehen.

Von dem Gemälde "Der Papageienmann" gibt es mehrere Versionen des Malers.
(Foto: picture alliance / dpa)
Von den 1890er Jahren an wird die Pastellzeichnung sein wichtiges Ausdrucksmittel. Im Gegensatz zu Bonn, wo die Ausstellung in leicht veränderter Form bereits mit großem Erfolg präsentiert wurde, sind in Hamburg auch zahlreiche Pastelle zu sehen. Zwei weitere Räume rücken das Meer und den Berliner Wannsee in den Mittelpunkt. In sein Refugium am Wannsee hatte sich der jüdische Künstler zurückgezogen, nachdem er mit dem Machtantritt der Nationalsozialisten 1933 sein Amt als Präsident der Preußischen Akademie der schönen Künste verlor.
Gemälde von Künstlern wie Adolph Menzel, Paul Cézanne und Auguste Renoir, die für Liebermanns Kunstbegriff wichtig waren, runden die Schau ab. Die Ausstellung läuft bis zum 19. Februar 2012.
Quelle: ntv.de, Jenny Tobien, dpa