Reise

Der Kampf um Hasankeyf Historische Kulturstätte wird geflutet

Hasankeyf hat eine lange Geschichte. Trotzdem soll die Stadt geflutet werden.

Hasankeyf hat eine lange Geschichte. Trotzdem soll die Stadt geflutet werden.

(Foto: imago/ZUMA Press)

Die türkische Stadt Hasankeyf hat eine lange Historie, geprägt von Römern, Byzantinern und Osmanen. Auch ein paar Touristen kommen, um die Kulturstätte zu besichtigen. Doch nun soll die Stadt geflutet werden. Der umstrittene Grund ist ein Staudammprojekt.

Auf den ersten Blick scheint alles normal in der anatolischen Stadt Hasankeyf. Der Tigris fließt gemächlich durch das Zentrum der historischen Ortschaft, in der Römer, Byzantiner und Osmanen ihre Spuren hinterlassen haben. Verkäufer präsentieren am Straßenrand ihre Andenken für die Handvoll Touristen, die den atemberaubenden Ausblick auf die Minarette, die Zitadelle und die alten Brückenpfeiler im Fluss genießen kommen. Doch die Tage von Hasankeyf sind gezählt.

Die Bürger von Hasankeyf sind empört, dass die Stadt geflutet werden soll. Auch, wenn Kulturgüter gesichert werden sollen.

Die Bürger von Hasankeyf sind empört, dass die Stadt geflutet werden soll. Auch, wenn Kulturgüter gesichert werden sollen.

(Foto: imago/ZUMA Press)

Denn sobald der Ilisu-Staudamm fertiggestellt ist, soll die Stadt unter dem Wasser verschwinden. Die türkische Regierung argumentiert, dass der gut 50 Kilometer flussabwärts gelegene Damm dem mehrheitlich kurdischen Südosten Anatoliens einen wichtigen Entwicklungsschub bringen wird. Viele Einwohner sind aber untröstlich, dass mit der Flutung des Tigris-Tals eine einmalige Kulturstätte vernichtet wird. "Wir werden so lange kämpfen wie möglich, damit die Schönheit und Geschichte dieser Stadt nicht zerstört werden", sagt der Händler Mehmet Emin Aydin. Der Einwohner Ayvaz Tunc sagt, er wolle nichts vom Staat, außer dass er die Hände von Hasankeyf lasse und die Stadt "in all ihrer Pracht" erhalte. "Ich will, dass die Touristen kommen, ich will hier leben und nicht, dass die Stadt vom Wasser verschluckt wird", sagt Tunc.

Projekt in abgelegener Bergregion

Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte das Projekt an der Grenze der Provinzen Batman, Mardin und Sirnak im August 2006 gestartet, als er noch Ministerpräsident war. Das Projekt werde "große Vorteile" für den Südosten bringen, versprach er damals. Die abgelegene Bergregion ist gering entwickelt und der seit 1984 wütende Aufstand der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) hat die Entwicklung nur weiter erschwert.

Das Grabmal von Zeynel Bexy wurde bereits an einen anderen Ort gebracht.

Das Grabmal von Zeynel Bexy wurde bereits an einen anderen Ort gebracht.

(Foto: imago/Depo Photos)

Doch trotz der Versprechen der Regierung war das Staudammprojekt von Anbeginn umstritten. Im Juli 2009 zogen Deutschland, Österreich und die Schweiz ihre Kreditgarantien zurück, da Ankara Zusicherungen für den Schutz der Umwelt und des Kulturerbes schuldig geblieben sei. Ankara sprach von einer "politischen Entscheidung" und setzte das Projekt trotz der Kritik mit eigener Finanzierung fort. Nun sind der Staudamm und das Wasserkraftwerk in Ilisu fast fertig und am 31. Dezember soll mit der Flutung des Tigris-Tals begonnen werden. Der Staat hat versprochen, die Einwohner von Hasankeyf in 710 Häuser in einer Neustadt höher am Hang umzusiedeln. Auch sollen die wichtigsten Kulturdenkmäler aus der Stadt in einen geplanten "archäologischen Park" am Ufer des Stausees verlegt werden.

Grabmal nun im Museum

Im Mai wurde bereits das Grabmal von Zeynel Bey auf einer fahrbaren Plattform in das Freiluftmuseum gebracht. Das Mausoleum aus dem 15. Jahrhundert soll dort bis Ende des Jahres Gesellschaft von neun weiteren Kulturdenkmälern erhalten. Die Organisation Europa Nostra, die sich für die Bewahrung des europäischen Kulturerbes einsetzt, sieht darin aber nur einen weiteren Schritt zur Zerstörung von Hasankeyf. "Die geplante Flutung von Hasankeyf würde die Spuren einer der ältesten jemals entdeckten menschlichen Siedlungen zerstören", warnt Europa Nostra.

Für die Regierung ist solche Kritik unerwünscht. Als der französische Fotograf Matthias Depardon im Mai für eine Reportage für das Magazin "National Geographic" in Hasankeyf war, wurde er festgenommen und nach einem Monat in Haft des Landes verwiesen.

Ein paar Jahre bleiben noch, bis sich der Stausee gefüllt und das Wasser Hasankeyf erreicht hat. Hoffnung auf die Rettung der Stadt haben aber nur die wenigsten. "Es gibt kein Zurück mehr", sagt Arif Ayhan von der örtlichen Handels- und Tourismusvereinigung. "Zumindest aber hätten sie den Leuten zuhören können, statt sie zu ignorieren. Die Leute fühlen sich vom Staat übergangen. Wir sind es, die die Opfer sind."

Quelle: ntv.de, Mahmut Bozarslan, AFP

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