Reise

Vorsorge für die Zeit nach dem Ölboom Norwegen macht sich fein

Wie die Scheichs in Dubai setzen auch die Norweger für die Zeit nach dem Ölboom auf den Tourismus. Wenn das "Schwarze Gold" aus dem Nordseeboden keine Petrodollar mehr bringt, soll der Fremdenverkehr die Arbeitsplätze sichern. Künstliche Inseln und Fünf-Sterne-plus-Hotels sind im Land der Fjorde allerdings nicht geplant. Stattdessen werden 18 Fernstraßen bis zum Jahr 2012 herausgeputzt und als "Nationale Touristenstraßen" vermarktet. Autourlauber dürfen sich freuen auf neue Rastplätze, Aussichtspunkte und qualitätskontrollierte Freizeitangebote entlang der Strecken.

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"Wir haben die schönsten Straßen Norwegens ausgesucht", sagt Helge Stikbakke, Projektleiter beim Straßenbauamt Statens vegvesen in Lillehammer. "Routen, bei denen die Schönheit der Landschaft vom Autofenster aus erlebt werden kann." Ziel sei es, Alternativen zu den Hauptverkehrsstraßen zu bieten. Außerdem sei es darauf angekommen, dass entlang der Routen viele Aktivitäten im Freien möglich sind und die touristischen Dienstleister hohen Ansprüchen genügen.

"Naturerlebnis vom Autofenster"

Sechs Straßen sind bereits als "Nasjonale Turistveger" anerkannt. In Fjordnorwegen sind dies die Alte Strynefjellstraße, die Fernstraße 7 über die Hochebene Hardangervidda und die Sognefjellstraße. Hinzu kommen eine Strecke am Rondanemassiv, ein Teil der Fernstraße 17 an der Küste und die Europastraße 10, welche die Inseln der Lofoten verbindet. Bis 2012 sollen die restlichen 12 Straßen folgen.

Rund 240 Kilometer nördlich von Lillehammer lässt sich erleben, was Helge Stikbakke mit "Naturerlebnis vom Autofenster aus" meint: Mit elf Haarnadelkurven schlängelt sich der Trollstigen über 800 Höhenmeter hinauf zur Passhöhe. Die Steigung beträgt mehr als zehn Prozent. Auf halber Höhe führt eine schmale Brücke am 320 Meter hohen Stigfossen-Wasserfall vorbei, dessen Gischt die Fahrbahn benässt.

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Hafen der Stadt Stamsund auf den Lofoten.

(Foto: REUTERS)

Erlebnisse wie dieses sollen die "Golden Grey" begeistern - die "Goldenen Grauen" aus Deutschland und den Beneluxländern, deren Kinder schon lange ausgezogen sind und die ihr Akademikergehalt nun darauf verwenden, während selbst organisierter Wohnmobiltouren nach Entspannung zu suchen. Mit dem Aufstellen neuer Straßenschilder ist es da nicht getan: Wo sich früher Allerweltsarchitektur breitmachte, beanspruchen heute Picknick-Areale, Feuerstellen, Toilettenhäuschen aus Stahl, Glas, Beton, Granit, Holz und Marmor die Aufmerksamkeit. Auch am Trollstigen-Plateau wurde gebaut und neben den Serviceeinrichtungen auch gleich ein neues Aussichtsareal gestaltet.

Ästhetische Bauten

Ein Architekturausschuss hat über die ästhetische Güte der jeweils geplanten Bauten entschieden, die einen Effekt auf jeden Fall haben: An den in Norwegen auch im Sommer gar nicht so seltenen trüben Tagen, an denen die Wolken die Berge abschneiden und sich die Landschaft im Regenschleier verliert, sind sie wohltuende Blickfänge in der Natur.

Kurz bevor die Reichsstraße 63 Geiranger erreicht, offenbart sich bei Ornesvingen die Grandiosität der Fjordlandschaft. Der von den Eiszeitgletschern perfekt U-förmig ausgeschmirgelte Geirangerfjord gilt als einer der Vorzeigefjorde Norwegens und ist von der UNESCO als Weltnaturerbe anerkannt. Im Hafen von Geiranger drängen sich nicht selten mehrere Kreuzfahrtschiffe, welche die Gebäude des in den Sommermonaten von Touristen überrannten Ortes deutlich überragen.

Auf der anderen Fjordseite führt von Geiranger aus ein Wanderpfad zu einem nicht minder berühmten Ort: nach Skagelfa, einem verlassenen Gehöft auf einem grünen Sattel über dem Fjord. Auf der gegenüberliegenden Seite stürzen die "Sieben Schwestern" genannten Wasserfälle in die Tiefe. Wenn dann noch gerade einer der weißen Ozeanriesen um die Ecke kommt, ist das Postkartenmotiv perfekt.

"Route über das Dach Norwegens"

Ganz andere Eindrücke vermittelt der Sognefjellsvegen, der höchste Pass Nordeuropas in 1434 Meter Höhe. "Jenseits der Baumgrenze, eingerahmt von schneebedeckten Gipfeln und türkisblauen Gletschern", bewirbt ein Prospekt die "Route über das Dach Norwegens". Das mag stimmen, wenn die Sonne scheint. Auch im August kann eine Fahrt hier aber arktische Züge besitzen: Tiefe Wolken, Hagel und eiskalter Wind reduzieren die Wanderlust, der Scheibenwischer läuft auf Hochtouren.

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Longyearbyen, eins der nördlichsten Touristenziele der Welt.

Nicht zu übersehen ist Stegastein am Rande der alten Passstraße Aurlandsvegen, die auch zur Nationalen Touristenstraße werden soll. Wie eine Schanze ragt dort eine Konstruktion aus hellem Holz vom Fahrbahnrand aus mehr als 35 Meter weit ins Nichts. Am Ende soll statt eines Geländers eine Glasplatte Sicherheit geben. Steht man direkt davor, ist es wie auf der Spitze eines Sprungbretts zu stehen - nur, dass es hier bis zum Wasser mehrere hundert Meter sind.

Wer den kurvigen Weg durchs Gebirge nach Stegastein scheut, kann eine Alternativroute nehmen. Sie beweist, dass Norwegen mit Dubai bei den Baurekorden mithalten kann: Hier führt der Laerdalstunnel, mit 24,5 Kilometer der längste Straßentunnel der Welt, durch den Berg.

Informationen

Innovation Norway, ABC-Straße 19, 20354 Hamburg, Telefon: 01805/00 15 48 (für 14 Cent/Min.)

Quelle: ntv.de, abedpa

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