Puppen waren zuerst da Spielzeugmuseum Soltau
24.04.2006, 12:50 UhrDingley Hall ist 130 Jahre alt, mit einer ausladenden Freitreppe und einem Uhrwerk im Giebel. Ganze zwei Meter in der Höhe misst der Wohnpalast. Dingley Hall ist das Prunkstück der Sammlung des Norddeutschen Spielzeugmuseums in Soltau.
Das Puppenhaus erzählt mit seinen verschieden eingerichteten Räumen Geschichten über Geschichten. Zwei Söhne einer Bankiersfamilie in der Nähe von London haben in den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts aus einigen Regalfächern ein Puppenhaus mit abnehmbarer Fassade und 15 prächtigen Zimmern gemacht. Weit über 1.000 Einzelteile, zusammengetragen aus ganz Europa, bilden die Inneneinrichtung. Es gibt eine Kapelle, eine Küche und einen großzügigen Eingangsbereich. Schmuckstücke sind der japanische Salon und die Bibliothek.
1984 gründete Hannelore Ernst aus einer privaten Puppensammlung heraus das Norddeutsche Spielzeugmuseum. Fedor, eine Schöpfung der bekannten Puppenmacherin Käthe Kruse aus den Zeiten des Zweiten Weltkriegs, war die erste und ist die berühmteste Puppe im Museum.
Inzwischen präsentiert sich die Sammlung auf 600 Quadratmetern, der Wert der Exponate liegt bei rund 3,5 Millionen Euro. 2005 wurde die international anerkannte Sammlung schließlich in eine gemeinnützige Stiftung überführt. Sohn Matthias Ernst und Schwiegertochter Antje Ernst erweitern die Sammlung unter kulturhistorischen und pädagogischen Gesichtspunkten.
Zu den Schwerpunkten der Sammlung gehört Familienspielzeug, also ganze Gruppen von Objekten, die die Spielwelt von Familien über Generationen hinweg dokumentieren. International einmalig ist die Spezialsammlung von Papierspielzeug im Soltauer Museum. Neben Dingley Hall werden noch weitere sehenswerte originale Puppenstuben ausgestellt.
Für Kinder hält das Museum viele Möglichkeiten zum Spielen bereit: Wer Spaß an Kreiseln hat, kann diese brummen lassen, Züge fahren auf Knopfdruck, Masken verwandeln die kleinen Besucher in Fantasiefiguren. Durch die Spielmöglichkeiten auf der einen und die kulturgeschichtlichen Aspekte auf der anderen Seite ist das Museum für Kinder und Erwachsene gleichermaßen spannend.
Während die Großen der kleine Teetisch aus dem 17. Jahrhundert oder das in einer Walnussschale eingearbeitete Miniaturbergwerk fasziniert, können die Kleinen in der Spielecke toben, Holzhühner picken lassen oder mit Lichtspielen Projektionen zaubern. Jährlich zieht das Museum so bis zu 40.000 Besucher an - fast doppelt so viele wie die Stadt Soltau Einwohner hat.
Mit dem Ankauf von Dingley Hall hat das Museum eine Neuausrichtung eingeläutet. "Wir wollen die historischen Exponate mehr mit aktuellen Spielmöglichkeiten in Bezug setzen und so Sammlung und Erlebbares pädagogisch verknüpfen", erklärt die Museumsdirektorin und Historikerin Antje Ernst. So sollen beispielsweise bald alle Zimmer von Dingley Hall als Fotos und in Originalgröße auf eine Spielwand übertragen werden. Auch die Hausbewohner sollen reproduziert und dann per Magnet auf die Zimmer an der Spielwand verteilt werden. Im Nachhinein können die Kinder dann in der echten Dingley Hall nachschauen, in welchen Zimmern sich welche Personen aufhalten.
Informationen: Norddeutsches Spielzeugmuseum, Poststraße 7, 29614 Soltau (Tel: 05191/821 82), geöffnet täglich von 10.00 bis 18.00 Uhr.
Quelle: ntv.de