Wenn die Spree zur Seine wird Stadttour zeigt Berliner Film-Kulissen
10.02.2010, 10:17 Uhr
Lola rennt durch Berlin - und zwar 25 Kilometer in zwei Minuten.
(Foto: picture-alliance / dpa)
Eine Stadtrundfahrt bietet einen ganz neuen Blick auf Berlin und wandelt auf den Spuren berühmter Kino-Streifen, denn Hauptstadt-Motive sind "in" bei Regisseuren aus aller Welt.
Der Sprint, den Franke Potente in Tom Tykwers Film "Lola rennt" hinlegt, hat Filmgeschichte gemacht. Doch wo lief die rothaarige Punkerin Lola? Alexander Vogel weiß es. Der 33-Jährige hat die Route nachgezeichnet und kam zu einem erstaunlichen Ergebnis. "Lola rennt in zwei Minuten knappe 25 Kilometer", sagt der Stadtführer - die Filmschnitte lassen ihren Lauf von einem Bezirk zum nächsten springen, schließlich sei es dem Regisseur darum gegangen, das neue, moderne Berlin zu zeigen, und nicht eine authentische Route nachzuzeichnen, erklärt Vogel.
Der 33-Jährige leitet eine Stadttour per Bus durch die Filmstadt Berlin und erweckt dabei berühmte Kino-Streifen zum Leben. Berlin ist "in" bei Filmschaffenden, sagt der Stadtführer von "video Bustour", der eigentlich Jurist ist und an einer Doktorarbeit über Filmförderungsrecht arbeitet. Die Stadttouren macht er aus Leidenschaft. Die Mitreisenden sollen einen neuen Blick gewinnen auf die Hauptstadt.
Während der Tour laufen Filmszenen, die mit der Realität abgeglichen werden. So erfahren die Teilnehmer einige Insider-Geheimnisse: Zum Beispiel, dass Berlin auch schon mal London, Paris oder Moskau sein kann. In "In 80 Tagen um die Welt" beginnt die Reise des Wissenschaftlers Phileas Fogg und seines Begleiters Passepartout in der britischen Hauptstadt. Im Film ist jedoch der Gendarmenmarkt zu sehen, wo die Szene auch gedreht wurde. Damit dieser zu London wird, wurde in den Hintergrund per Computer das Londoner Wahrzeichen Big Ben kopiert.
"Berlin ist unglaublich wandlungsfähig"
Genauso wird das Zeughaus am Boulevard "Unter den Linden" im Film als vermeintlicher Bahnhof in Paris genutzt, an dem die Seine entlangfließt - in Wirklichkeit die Spree, was die Berliner am blau-weißen Emblem des eingeblendeten Dampfers erkennen, der unzweifelhaft der hiesigen "Stern- und Kreisschifffahrt" angehört. "Berlin ist unglaublich wandlungsfähig", sagt Vogel, "und es hat einen Bürgermeister, der total filmverrückt ist."
Tatsächlich ermöglichte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit den Produzenten von "In 80 Tagen um die Welt" beste Arbeitsbedingungen - und das sprach sich in der Filmwelt herum. Seitdem wurden Hollywood-Filme wie "Operation Walküre" oder "Inglorious Basterds" in Berlin gedreht, aber auch Filme, die nicht in Berlin oder Deutschland spielten, wie Jodie Foster's "Flightplan - Ohne jede Spur".
Viel Mühe, die Schummelei zu verbergen, geben sich die Regisseure häufig nicht. Eine Moskauer Disco in "Die Bourne Verschwörung" ist für Fans des Berliner Nachtlebens unschwer als "Café Moskau" im Bezirk Mitte zu erkennen. Auch an der Werbung für den Lastwagenhersteller "Tatra Motokov" auf einem Plattenbau-Dach gegenüber der Disco, die noch aus DDR-Zeiten stammt.
Braun-graue DDR-Tristesse in Friedrichshain
Film ist eben Film und Berlin eine beliebte Kulisse. Hauptsache der Drehort passt. Florian Henckel von Donnersmarck stellte das Leben der Bohème in der DDR in den Mittelpunkt seines Films "Das Leben der anderen", doch in Prenzlauer Berg, wo die meisten Künstler damals wohnten, fand er keine passende Straße für den Streifen. "Dort war alles in schönen leuchtenden Farben saniert", sagt Vogel. In "Das Leben der Anderen" sollte jedoch braun-graue DDR-Tristesse herrschen, die von Donnersmarck schließlich im Bezirk Friedrichshain in der Wedekindstraße entdeckte.

"Das Leben der Anderen" spielt in der Wedekindstraße im Berliner Bezirk Friedrichshain.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Auch mehr als fünf Jahre nach den Dreharbeiten starren die Fassaden die Filmfreunde im Bus noch düster an. Als Vogel noch eine Straßenszene aus dem Film laufen lässt, ist die Atmosphäre aus dem Film voll da. Nur die Graffiti sind hinzugekommen. Von Donnersmarck hatte sie überstreichen lassen, doch das ist lange her. Die Studentin Stefanie Pensold ist ganz begeistert, diese Straße kennenzulernen. Chloé Frenzel, eine Bundestagsreferentin, ist sich sicher, dass sie Filme nach der Tour anders ansehen wird. "Am liebsten würde ich noch weitermachen", sagt sie am Ende der zweieinhalbstündigen Rundfahrt.
Quelle: ntv.de, Mechthild Henneke, AFP