Bequem auf Deutschlands höchsten Gipfel Zugspitzbahn wird 80
08.07.2010, 06:25 Uhr1928 begannen die Arbeiten an einem der weltweit spektakulärsten Bauvorhaben. Die 1500 Arbeiter waren großem Zeitdruck ausgesetzt: Sie sollten in nur zwei Jahren fertig werden.

Die Bayerische Zugspitzbahn vor der Kulisse der Alpspitze bei der Fahrt in Richtung Garmisch.
(Foto: picture-alliance/ dpa/dpaweb)
Was auf der Zugspitze heute wohl los wäre, wenn sich im Sommer 1970 die bayerische Landesregierung durchgesetzt hätte: Die forderte damals, Deutschlands höchsten Berg zur zollfreien Zone zu erklären, um dort billig Zigaretten und Schnaps verkaufen zu können. Ein Grund für die CSU-Initiative war das zu gering erscheinende Passagieraufkommen der Bayerischen Zugspitzbahn. Genau 80 Jahre, nachdem am 8. Juli 1930 der erste Zug in Richtung des 2962 Meter hohen Gipfels aufbrach, nutzen im Jahr eine halbe Million Fahrgäste die bequeme Auffahrt in die Bergwelt.
Hehre Ziele formulierten in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts die Männer, die das Projekt einer Bahn zum Gipfel der Zugspitze aus der Taufe hoben. Sie sahen es als "historischen Auftrag" an, die Hochalpen mit ihrer Schönheit allen Bürgern bequem zugänglich zu machen. 108 Jahre nach der Erstbesteigung des Gipfels durch Leutnant Joseph Naus begannen in diesem Sinne am 15. Juli 1928 mit dem ersten Spatenstich die Bauarbeiten an einer Reibungs- und Zahnradbahn mit einer Streckenlänge von heute 19 Kilometern.
Luitpold war dagegen
Dem Baubeginn waren einige Widrigkeiten vorausgegangen. Noch 1899 lehnte es der damalige Prinzregent Luitpold von Bayern ab, eine Konzession zu erteilen. Seine Begründung: Es gebe keinen Bedarf an einer solchen Bahn. Nach mehreren am fehlenden Geld gescheiterten weiteren Vorstößen erteilt 1914 König Ludwig III. die Konzession für den Bau. Doch der Erste Weltkrieg und nach dessen Ende die Weltwirtschaftskrise vereitelten die Pläne.

Wie eine Spielzeugeisenbahn: Die Zugspiitzbahn in Garmisch-Partenkirchen in einigen hundert Metern Höhe aus der Seilbahn.
(Foto: picture-alliance / dpa)
So kam es, dass erst 1928 die Arbeiten an einem der weltweit spektakulärsten Bauvorhaben beginnen konnten. Die bis zu 1500 Männer waren einem enormen Zeitdruck ausgesetzt: Sie sollten ihre Arbeit in nur zwei Jahren erledigen, damit die neue Attraktion passend zu den von Gästen aus aller Welt besuchten Oberammergauer Passionsspielen fertiggestellt war. Die planenden Ingenieure ließen deshalb die Tunnel von oben, unten und durch "Fenster" über Querstollen vorantreiben.
Dramatische Arbeitsbedingungen
Mit Schaufeln und Hacken und unter dem Einsatz von fast 200 Tonnen Sprengstoff ebneten sich die Arbeiter den Weg durchs Gestein. Erschwert wurde ihre Tätigkeit dadurch, dass gleich der erste Winter 1928/29 einer der strengsten seit Jahrzehnten war. So mussten sich die Arbeiter durch meterhohe Schneeverwehungen kämpfen, ihre Sicherungsseile waren von dicken Eisschichten umhüllt, die Kleidung von Kälte starr.
Wie dramatisch die Arbeitsbedingungen waren, schrieb später der Werkstudent Heinz May in seinen Erinnerungen an seinen Arbeitseinsatz: "Ich habe mich nie für schwach gehalten. Und was war es, was nach diesem ersten fürchterlichen Nachmittag von mir übrig blieb? Ein Haufen Elend, ein vollkommen zerschlagener, geräderter, an Leib und Seele zerschundener Mensch."

Herrliche Aussicht: Touristen betrachten das Alpenpanorama vom Gipfel der Zugspitze bei Garmisch-Partenkirchen aus.
(Foto: ASSOCIATED PRESS)
Zehn Menschen starben während der Bauarbeiten. Sechs von ihnen stürzten ab oder wurden von Steinen erschlagen, zwei starben nach einer Explosion beim Tunnelbau, zwei bei einem Feuer in der Arbeiterkantine. Doch die Verluste von Menschenleben gerieten in den Hintergrund, als am 8. Februar 1930 um 2.55 Uhr der entscheidende Schritt gelang: Der Durchbruch zum Zugspitzplatt war gelungen, die Ingenieure und Arbeiter hatten den Berg besiegt. Die Bergstation Schneefernerhaus unmittelbar unterhalb des Gipfels konnte von Juli an wie 1928 geplant passend zu den Passionsspielen angefahren werden.
Obwohl 1965 bei einem Lawinenabgang am Schneefernerhaus zehn Menschen starben und 24 verletzt wurden und im Jahr 2000 bei einem Zusammenstoß zweier Züge auf der Talstrecke 64 Menschen verletzt wurden, sind sich die Betreiber der Zugspitzbahn heute sicher, den "historischen Auftrag" der Gründer von 1928 erfüllt zu haben. Es sei eine "sehr erfolgreiche" Bahn, heißt es bei den Betreibern. Auch ohne zollfreien Schnapsverkauf werde seit mehreren Jahren eine schwarze Null erwirtschaftet.
Quelle: ntv.de, Ralf Isermann , AFP