Fußball

Financial Fairplay gegen Geldgier Platini will den Fußball retten

Ablösesummen, Spielergehälter und Handgelder - horrende Summen regieren den Fußball. Damit soll ab 2015 Schluss sein, wenn die Uefa das sogenannte Financial Fairplay einführt. Doch ob Uefa-Präsident Platini den europäischen Topclubs tatsächlich die Stirn bietet, muss er erst noch beweisen.

Das Gesicht des Financial Fairplay: Uefa-Präsident Michel Platini.

Das Gesicht des Financial Fairplay: Uefa-Präsident Michel Platini.

(Foto: picture alliance / dpa)

Hans-Joachim Watzke ist wahrlich kein Mann der leisen Töne. Der Geschäftsführer von Borussia Dortmund wettert schon mal gerne gegen die Konkurrenz. Besonders der VfL Wolfsburg ist dem 51-Jährigen ein Dorn im Auge. "Wolfsburg muss einfach mehr Erlöse generieren. Die Knochenarbeit, die wir jede Woche machen, kommt dann auf diese Clubs auch zu", sagte Watzke der "Financial Times Deutschland".

Mit dem Wort "dann" meint Watzke den Zeitpunkt der Einführung des sogenannten Financial-Fairplay-Konzepts durch die Uefa. Der europäische Fußballverband möchte ab 2015 bestimmte Rahmenbedingungen für das wirtschaftliche Handeln der europäischen Spitzenclubs einführen, um im europäischen Vereinsfußball ein ökonomisches Gleichgewicht zu schaffen und langfristige Stabilität gewährleisten zu können.

Fußball vor dem Untergang bewahren

Hans-Joachim Watzke rettete den BVB vor der Insolvenz.

Hans-Joachim Watzke rettete den BVB vor der Insolvenz.

(Foto: picture alliance / dpa)

Watzke ist diesbezüglich ein gebranntes Kind. Als Borussia Dortmund im Jahr 2006 kurz vor der Insolvenz stand, war es unter anderem er, der den westfälischen Traditionsverein vor dem drohenden Aus rettete. Wie konnte es damals beim BVB überhaupt so weit kommen? Die Verantwortlichen gaben nach dem Sieg in der Champions League 1997 und der Deutschen Meisterschaft 2002 viel zu lange mehr Geld aus, als sie überhaupt einnahmen. Kostspielige Spielertransfers und eine teure Stadionfinanzierung brachten den Verein um ein Haar in die Pleite. Ein solches Szenario soll mit Hilfe des Financial Fairplay in Zukunft vermieden werden.

Einzelne Funktionäre gehen noch einen Schritt weiter und betrachten das Financial Fairplay gar als letzte Maßnahme, um die ganze Fußballbranche vor dem finanziellen Untergang zu bewahren. "Wenn jetzt nicht gehandelt wird, befürchte ich für den europäischen Clubfußball bald das Aus. Ich vergleiche das mit der Internetblase", prophezeit Frank Rutten, Geschäftsführer der niederländischen Ehrendivision. In Zeiten, in denen der Fußball von horrenden Transfersummen, überdimensionalen Handgeldern und Gehaltszahlungen im zweistelligen Millionenbereich dominiert wird, ist diese Vermutung alles andere als abwegig.

Transferaktivitäten intensiv beobachten

Christiano Ronaldo wechselte 2009 für die Rekordablöse von 93 Mio. Euro zur Real Madrid.

Christiano Ronaldo wechselte 2009 für die Rekordablöse von 93 Mio. Euro zur Real Madrid.

(Foto: picture alliance / dpa)

Das Financial Fairplay, für das sich Uefa-Präsident Michel Platini in den letzten Wochen intensiv stark macht, ist als Code zu verstehen, zu dessen Einhaltung sich die Vereine verpflichten, um ihre wirtschaftlichen Risiken zu mindern. Das Konzept besteht aus vier Eckpfeilern: Die Clubs dürfen über einen bestimmten Zeitraum nicht mehr ausgeben als sie einnehmen. Obergrenzen für Spielergehälter und Transfers dürfen künftig ebenfalls nicht überschritten werden. Außerdem sollen Schulden nachhaltig eingegrenzt werden. Das wichtigste Kriterium ist jedoch, dass sich alle Vereine dazu verpflichten müssen, ihre Zusagen jederzeit einzuhalten.

Den Clubs wird eine vierjährige Übergangsfrist gewährt, in der sie allerdings eine gewisse Vorarbeit leisten müssen. So dürfen die Vereine bis 2015 nur noch maximal 45 Millionen Euro Schulden erwirtschaften, bereits ab der kommenden Saison sollen ihre Ausgaben nicht mehr die Einnahmen überschreiten. Ab Juni will die Uefa alle Transferaktivitäten in Europa intensiv beobachten.

Chelsea - Kuckuckskind in der Königsklasse

Wo Regeln sind, muss es auch Sanktionen geben. Und so will sich der europäische Fußballverband im Ernstfall nicht davor scheuen, bei Verstößen gegen die Auflagen, Vereine aus europäischen Wettbewerben auszuschließen. Das Vorhaben an sich ehrt Platini. Doch wie schwer sich die Umsetzung des Financial Fairplay gestaltet, beweist nicht zuletzt die Aussetzung der Einführung um ein Jahr. Ursprünglich sollten die Reformen schon mit Beginn der Saison 2013/14 greifen, doch gerade einige Spitzenclubs halten das Financial Fairplay noch nicht für ausgereift - die Gründe liegen auf der Hand.

Roman Abramowitsch hat beim FC Chelsea bislang rund 800 Mio. Euro investiert.

Roman Abramowitsch hat beim FC Chelsea bislang rund 800 Mio. Euro investiert.

(Foto: picture alliance / dpa)

Würde man die neuen Richtlinien auf die Clubs anwenden, die in der vergangenen Saison an der Champions League teilgenommen haben, hätte der FC Chelsea zum Beispiel nicht in der Königsklasse spielen dürfen. Laut einer Studie der BBC weist der Club des russischen Millardärs Roman Abramowitsch ein Defizit von 65 Millionen Euro auf.

Ein weiteres langfristiges Ziel des Financial Fairplay ist die Unabhängigkeit der Clubs von Investoren wie Abramowitsch. In Zukunft sollen sie ihre Einnahmen nur noch aus Sponsoring, Medieneinnahmen und Ticketverkauf erwirtschaften. Wettbewerbsvorteile durch private Investitionen von Mäzenen und Gönnern sollen auf lange Sicht verhindert werden.

Spielerberater kassieren ab

"Clubs, die  mitunter sehr erfolgreich in der Champions League spielen, machen  so viele Verluste wie die komplette Bundesliga zusammen", bringt Karl-Heinz Rummenigge, Vorstandsvorsitzender des FC Bayern, die finanzielle Misere auf den Punkt. Während die deustchen Vereine laut Rummenigge vernünftig wirtschaften, kommen die "schwarzen Schafe" aus England, Italien und Spanien. Insgesamt weisen die über 700 europäischen Vereine eine Schuldenlast von 19 Milliarden Euro auf.

Reinhard Rauball weist auf den Einfluss der Spielerberater hin.

Reinhard Rauball weist auf den Einfluss der Spielerberater hin.

(Foto: REUTERS)

Diese immense Summe kommt zum einen zu Stande, weil viele Vereine auf Pump leben. Darüber hinaus sind die Verfehlungen auch den Mechanismen des lukrativen Fußballgeschäfts geschuldet - immer mehr Leute wollen mitverdienen. Laut Reinhard Rauball, Präsident des deutschen Ligaverbandes (DFL), ist in der Bundesligasaison 2008/09 ein Drittel der gesamten Transferausgaben der Vereine an die jeweiligen Spielerberater geflossen - 58 Millionen Euro bei einem Gesamtvolumen von 171 Millionen Euro. Die Berater nehmen seit einigen Jahren eine zentrale Rolle bei Spielerverhandlungen ein und kassieren dafür ordentlich ab.

Noch viel schlimmer wirkt sich allerdings der Umstand aus, dass viele Vereine die teils horrenden Transfersummen nicht pünktlich auf das Konto der abgebenden Vereine überweisen. Daraus ergibt sich ein Teufelskreislauf. Die Verkäufer sind dann oft nicht in der Lage, ihre ausstehenden Schulden zu begleichen. Besonders an dieser Stelle droht die von Rutten erwähnte Blase zu platzen. "Es kann nicht sein, dass ein Club teilweise zwölf Monate und länger auf die Ablösesumme von Spielern warten muss", macht der Niederländer deutlich.

"Er würde sich zur Lachfigur machen"

Ob Platini wirklich den Mut hat, hochkarätige Vereine im Ernstfall von der prestigeträchtigen Champions League auszuschließen, muss sich erst noch zeigen. Einzelne Funktionäre fordern aber schon jetzt konsequentes Handeln vom Uefa-Boss und appellieren an seine Glaubwürdigkeit. Dietmar Hopp, der Mäzen der TSG Hoffenheim, hat bislang selbst rund 240 Millionen Euro in den Fußball investiert.

"Er würde sich zur Lachfigur machen": Dietmar Hopp.

"Er würde sich zur Lachfigur machen": Dietmar Hopp.

(Foto: picture alliance / dpa)

Er appelliert an Platini, der die Einführung des Financial Fairplay kürzlich als sein Lebenswerk bezeichnet hat, sein Vorhaben ohne Rücksicht auf große Namen umzusetzen. Ansonsten "würde er sich zur Lachfigur machen", betont Hopp. In die gleiche Kerbe schlägt auch DFL-Geschäftsführer Christian Seifert: Sollte die Uefa die Einführung des Financial Fairplay "nicht konsequent vollziehen, dann hätte sie einen Imageverlust hinzunehmen, der die nächsten 30 Jahre des europäischen Klubfußballs dominieren würde. Sehr viele Menschen, inklusive dem Uefa-Präsidenten Michel Platini, würden einen Gesichtsverlust erleiden."

Quelle: ntv.de

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