Traurige NADA-Bilanz 72 Dopingsünder erwischt
22.03.2005, 13:11 UhrDie Zahl der positiven und sanktionierten Doping-Fälle im deutschen Sport hat 2004 auf 72 zugenommen. Dabei wurden durch die Nationale Anti-Doping-Agentur (NADA) insgesamt 8.885 Kontrollen durchgeführt, 4.417 im Trainingsbereich, 4.468 im Wettkampf. Der NADA-Vorstandsvorsitzende Peter Busse zog trotz der gestiegenen Positiv-Fälle eine erfreuliche Bilanz: "Die Akzeptanz seitens der Verbände und die Kooperation der Sportler nimmt ständig zu", sagte Busse bei der Präsentation der NADA-Zahlen für das Olympia-Jahr 2004 am Dienstag in Bonn.
Durch das Inkrafttreten des Codes der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA), eine neue Rechts-Systematik und ein völlig neues Doping-Regelwerk zog die NADA bewusst keinen Vergleich mit 2003, als noch 50 positive Fälle registriert worden waren. "Aber es setzt sich die Erkenntnis durch, dass nur ein sauberer Sport langfristig in unserer Gesellschaft konkurrenzfähig und wirtschaftlich attraktiv ist. Jeder, der im Sport aktiv ist, muss seinen Beitrag dazu leisten ", äußerte Busse. Speziell in diesem Zusammenhang empfindet es die Weltklasse-Fechterin Claudia Bokel als "Rückschlag für die Doping-Bekämpfung", dass die griechischen Sprinter Kostas Kenteris und Ekaterina Thanou vom griechischen Leichtathletik-Verband vom Verdacht des Dopings freigesprochen wurden.
Die größte Herausforderung im Kampf gegen den Leistungsmittelmissbrauch sind nach wie vor Anabolika. Prof. Wilhelm Schänzer, Leiter des Instituts für Biochemie der Deutschen Sporthochschule Köln, verwies auf die 23 positiven Doping-Fälle der Olympischen Spiele 2004 in Athen, davon waren es bei 16 anabole Wirkstoffe. Die NADA registrierte 2004 28 Fälle von Anabolika-Doping. Das Kölner Institut analysierte 2004 insgesamt 11.683 Proben, am Institut für Dopinganalytik Dresden in Kreischa waren es 6.066. In Köln gab es 179 positive A-Proben, in Kreischa waren es 76.
Im nationalen Bereich zeigte sich Busse erfreut über zusätzliche Bundesmittel von 400.000 Euro, mit denen der NADA-Jahresetat auf 1,5 Millionen Euro angewachsen ist. "Ohne eine gesunde finanzielle Basis muss ein solches Engagement im Kampf gegen Doping zum Scheitern verurteilt sein", sagte Busse. Ein Arbeitsschwerpunkt 2005 werde die Doping-Prävention sein, kündigte er an. Dazu gehören unter anderem ein Anti-Doping-Fortbildungsmodul für Trainer sowie eine Medikamenten-Datenbank im Internet. Ab 1. Mai gibt es außerdem ein Online-Meldesystem für deutsche Athleten.
In der Analytik 2004 nahm die Untersuchung auf das Blutdopingmittel EPO (Erythropoietin) erneut einen breiten Raum ein. Von den 8.885 Untersuchungen entfielen 698 auf EPO. Prof. Klaus Müller, Leiter des Instituts in Kreischa, äußerte sich generell zuversichtlich, dass die Dopinganalytik mit der Entwicklung neuer Substanzen Schritt halte. "Wir haben nur ganz wenige Schwachstellen", sagte Müller. Schänzer kündigte an, dass es bei der EPO-Analytik durch neue Techniken langfristig weniger Schlupflöcher geben werde. Für die Winterspiele 2006 in Turin sei dies allerdings "noch nicht wahrscheinlich".
Mit Sorge registrierte NADA-Geschäftsführer Roland Augustin die Zunahme von Missbrauch mit Cannabinoiden. "Die Nutzung weicher Drogen findet Eingang in den Sport. Hier erreicht ein gesellschaftliches Phänomen den Sport, dessen zukünftige Dimensionen noch nicht abzusehen sind."
Von Dietmar Fuchs, dpa
Quelle: ntv.de