Spießruten- statt Fackellauf Abbruch ausgeschlossen
09.04.2008, 07:16 UhrDer Fackellauf zu den Sommerspielen 2008 ist nach dem "Chaos von London" und dem "Fiasko von Paris" zum heißen Thema für die Olympische Bewegung geworden. Das IOC will dem Druck der Straße jedoch nicht weichen und an der Reise der Flamme durch alle fünf Kontinente festhalten. Für seinen Weg heute durch die kalifornische Metropole San Francisco kündigte ein Polizeisprecher "ein beispielloses Sicherheitsnetz" an.
Der olympische Fackellauf 2008 werde fortgesetzt, stellte IOC-Präsident Jacques Rogge beim Treffen mit NOK-Präsidenten in Peking klar. "Die Botschaft ist, dass die Tour nicht geändert wird", sagte Hongkongs IOC-Mitglied Timothy Fok anschließend. Bereits am Vortag hatte der Belgier Meldungen über einen Abbruch der internationalen Route als "Gerüchte" bezeichnet. Auch IOC-Vize Thomas Bach lehnte Änderungen ab: "Das wäre ein Zurückweichen vor der Gewalt."
Das Olympische Feuer sollte heute Abend durch San Francisco getragen werden, nächste Station ist am Freitag Buenos Aires. Es folgen zwölf weitere Städte in Afrika, Australien und Asien, ehe über Hongkong und Macao am 4. Mai wieder Festland-China erreicht wird.
Tutu regt Boykott der Feier an
Der südafrikanische Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu rief zum Boykott der Olympia-Eröffnungsfeier auf. Bei einer Protestkundgebung in San Francisco appellierte Tutu an die Staatschefs in aller Welt, der Zeremonie in Peking aus Solidarität mit dem tibetischen Volk fernzubleiben. Er hoffe auf friedliche Proteste beim heutigen Fackellauf.
San Franciscos Bürgermeister Gavin Newsom stellte eine Änderung und Verkürzung der zehn Kilometer lange Route entlang der Hafenpromenade in Aussicht. Die Sicherheitsvorkehrungen seien verschärft worden. Dutzende Polizisten schirmten das chinesische Konsulat in San Francisco ab, vor dem sich Hunderte Demonstranten, darunter viele Exil-Tibeter, bei einem Marsch durch die Stadt versammelt hatten. Die Kundgebungen verliefen friedlich. Tibet-Unterstützter entzündeten symbolisch eine "Tibetische Freiheitsfackel" und trugen sie mehrere Stunden durch die Stadt.
Thema im Bundestag
Die Menschenrechtssituation in China ist heute auch Thema im Bundestag. Am Nachmittag wird sich der Sportausschuss damit befassen. Peter Danckert, Vorsitzender des Sportausschusses im Bundestag, sagte dazu bei n-tv: "Ich finde, es ist nicht überraschend, dass bei der Situation der Menschenrechte in China dieser Fackellauf nun auch für Proteste genutzt wird. Wir leben in einer Welt, in der die Menschen mehr und mehr gewohnt sind, ihre Meinung zu sagen und es hätte mich eher überrascht, wenn es nur zu Beifall gekommen wäre."
Für die Protestkundgebungen der Sportler zeigt der SPD-Politiker teilweise Verständnis. Proteste hält Danckert für unangemessen, wenn sie "im Kernbereich der sportlichen Ereignisse stattfinden, also wenn der 100-m-Lauf vorbereitet und durchgeführt wird". Aber im weiteren Umfeld, also bei Pressekonferenzen, bei der Eröffnungsfeier, der Schlussfeier oder Interviews am Rande der Spiele, muss ein Protest möglich sein.
Sarkozy fordert Dialog mit Dalai Lama
In Paris machte Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy seine Teilnahme an der Eröffnung der Spiele am 8. August von einem Dialog zwischen Peking und dem Dalai Lama abhängig: "Dies ist der Schlüssel zur Lösung des Tibet-Konfliktes und er wird auch meine Entscheidung bestimmen." Frankreich übernimmt zum 1. Juli den EU-Ratsvorsitz.
Quelle: ntv.de