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Wright und Price bei WM weiter Abgestürzte Darts-Weltmeister gewinnen krank oder dramatisch

Dauernd am Husten, trotzdem siegreich: Darts-Paradiesvogel Peter Wright

Dauernd am Husten, trotzdem siegreich: Darts-Paradiesvogel Peter Wright

(Foto: Kieran Cleeves/PDC)

Drei Darts-Weltmeister haben am Freitagabend mit mehr oder weniger Problemen die dritte Runde der WM in London überstanden. Titelverteidiger Luke Humphries siegt problemlos, Peter Wright überrascht trotz Krankheit, Gerwyn Price braucht das Sudden Death.

Als Peter Wright, der zweifache Darts-Weltmeister und optische Paradiesvogel der Szene, am Freitagabend die WM-Bühne im Londoner Alexandra Palace betritt, wird klar: Der 54-jährige Schotte ist gesundheitlich angeschlagen. Beim Walk-On spult Wright nicht das übliche ausgedehnte Programm ab, hüpft weniger wild herum und wirkt merkwürdig matt. Dem Schiedsrichter und den Schreibern gibt der Weltmeister von 2020 und 2022 keinen Händedruck, hält ihnen bloß den Ellenbogen hin. Eine Begrüßung wie in Corona-Zeiten.

Wenig bis nichts spricht vor Beginn des Drittrundenspiels zwischen Peter Wright und dem Niederländer Jermaine Wattimena für den zweifachen Champion. Doch dann spielt "Snakebite", der in den vergangenen Monaten sportlich abgestürzt ist, plötzlich Darts wie in besten Zeiten. Die ersten beiden Sätze gehen souverän an Wright. Und auch von Wattimenas starkem 144-Punkte-Checkout zum Gewinn des dritten Durchgangs lässt sich der Weltranglisten-17. nicht aus der Ruhe bringen. Wright gewinnt den folgenden vierten Satz völlig problemlos, kann sich dann einen weiteren Satzverlust erlauben, bevor er die Partie im sechsten Durchgang für sich entscheidet.

Ein beeindruckender 4:2-Sieg für den schottischen Altmeister, der in den vergangenen beiden Jahren mehr schlechte als gute Spiele absolviert hat, steht am Ende zu Buche. Ausgerechnet mit der Last einer Brustinfektion spielt Wright seine besten Darts. Das Interview unmittelbar nach dem Sieg auf der Bühne im "Ally Pally" kann Wright nicht mehr im normalen Modus durchführen. Er hält sich ein Handtuch vor seinen Mund, in das er schon während der Partie mehrfach gehustet hatte. "Die Brustinfektion hat meine Darts nicht beeinträchtigt, ich habe nur die Luft angehalten", sagt Wright. "Ich denke, meine Erfahrung hat mich heute weiterkommen lassen. Und die Unterstützung der Fans."

Wright am Sonntag gegen den Titelverteidiger

Die obligatorische Sieger-Pressekonferenz lässt "Snakebite" nach kurzer Absprache mit seiner Frau und Managerin Joanne sowie PDC-Medienchef Dave Allen in den Katakomben der Darts-Kultstätte kurzfristig sausen. Stattdessen tritt etwa eine Stunde später sein nächster Gegner vor die Pressevertreter.

Luke Humphries, der amtierende Weltmeister, der unangefochtene Weltranglisten-Erste, hat gerade den Waliser Nick Kenny mit 4:0 in den Sätzen von der Bühne gefegt. "Peter hat so gut gespielt wie seit langer Zeit nicht mehr", sagt Humphries mit Blick auf Wright. Der Titelverteidiger macht nach seinem lockeren Sieg aber deutlich, dass er nicht viel von den zuletzt vollmundigen Ansagen seines nächsten Gegners hält. "Er hat viel erzählt in den vergangenen Wochen. Dass er mich nicht fürchtet, dass er Luke Littler nicht fürchtet. Peter hat gesagt, dass er uns besiegen wird. Deshalb hat er den Druck. Wenn er nicht liefert, sieht er dumm aus und nicht ich."

"Iceman" Price siegt im Darts-Drama

Die Partie zwischen dem amtierenden Weltmeister und dem zweifachen Champion Wright steigt am morgigen Sonntagabend. Dann wird auch der Weltmeister von 2021 um den Einzug ins Viertelfinale kämpfen. Der Waliser Gerwyn Price besiegt im ersten Spiel der Freitagabend-Session den Engländer Joe Cullen. Nach dramatischen eineinhalb Stunden endet die Partie mit einem 4:3-Erfolg für Price, der in diesem Jahr sportlich zwar nicht ganz so stark wie Wright, aber dennoch bedenklich abgestürzt ist.

Der "Iceman" brüllt wieder: Gerwyn Price steht im Achtelfinale der Darts-WM.

Der "Iceman" brüllt wieder: Gerwyn Price steht im Achtelfinale der Darts-WM.

(Foto: Kieran Cleeves/PDC)

Zunächst geht Price gegen Cullen mit 3:0 in Führung. Doch der scheinbar komfortable Zwischenstand erweist sich als trügerisch. Cullen schnappt sich Satz um Satz, Price lässt immer wieder wichtige Darts auf die Doppelfelder aus. Plötzlich gleicht der "Rockstar", wie Cullen genannt wird, sogar zum 3:3 in den Sätzen aus. Im anschließenden Entscheidungssatz ist die Nummer 23 der Welt sogar dem Sieg über Price ganz nah. Beim Stand von 2:1 in den Legs trifft Cullen bei 130 Punkten Rest zweimal ins Triple-20-Feld, doch der Matchdart auf Doppel 5 landet ein paar Millimeter außerhalb des Doppelfelds.

Statt des heroischen Cullen-Comebacks schafft Price den Ausgleich und damit den Sprung in die Verlängerung. Im Entscheidungssatz braucht ein Spieler bei der WM zwei Legs Vorsprung für den Sieg. Es ist das würdige Ende für ein Spiel mit jeder Menge Drama und vielen Wendungen.

Cullen sorgt für wilden WM-Moment

Drei Minuten später steht Price plötzlich wieder kurz vor dem Sieg. Der "Iceman" erspielt sich seinen ersten Matchdart beim Stand von 3:2 im Entscheidungssatz. Doch auch Price kann die Chance zum Weiterkommen nicht nutzen, Cullen gleicht aus. So geht es ein paar Minuten weiter. Price nimmt Cullen jedes Mal den Anwurf ab, doch der Engländer kontert jedes Mal.

Auch im zehnten Leg, das für einen der wildesten Momente dieser Weltmeisterschaft sorgt: Price lässt zwei weitere Matchdarts aus, Cullen kommt mit 170 Punkten Rest noch einmal ans Board. Es ist das höchste Finish im Dartsport. Zwei Darts landen in der Triple-20, der Dritte im Bullseye. Der Jubel ist ohrenbetäubend. Bei Cullen selbst und seinem Anhang im Zuschauerbereich, selbstredend bei allen 3200 feiernden Fans im "Ally Pally".

Beim Stand von 5:5 muss das WM-Regelwerk der Profidarts-Organisation PDC zu seinem letzten Mittel greifen: Sudden Death. Ein einziges Leg entscheidet über Sieg und Niederlage. Joe Cullen darf als Erster werfen. Doch im entscheidenden Moment versagen dem 35-Jährigen die Nerven. Cullen trifft keine Triplefelder mehr, Price bringt das Leg und damit den Sieg entspannt nach Hause. Cullen ist damit der erste Spieler in der WM-Geschichte, der im Laufe seiner Karriere vier WM-Partien trotz mindestens eines eigenen Matchdarts verliert.

"Joe hat es mir so schwer gemacht, er kam immer wieder zurück und ich dachte, ich würde die Partie tatsächlich verlieren", sagt Price im Anschluss auf der Pressekonferenz. "Ich war verzweifelt, nachdem ich mich selbst in eine schwierige Lage gebracht hatte. Aber zum Glück habe ich doch noch gewonnen."

Heute spielt der letzte Deutsche

Price trifft im Achtelfinale, ebenfalls am Sonntagabend, auf seinen walisischen Landsmann und langjährigen Doppelpartner Jonny Clayton. Der Weltranglisten-Siebte hatte am Freitagnachmittag den Nordiren Daryl Gurney besiegt. Auch Clayton lag schnell mit 3:0 in Führung, musste dann den 3:3-Ausgleich hinnehmen, bevor er den Sieg doch noch an Land zog.

Der heutige Samstag steht unterdessen zunächst ganz im Zeichen des letzten Deutschen im Turnier. Ricardo Pietreczko trifft auf den exzentrischen Engländer Scott Williams (ab ca. 15 Uhr/Sport1, DAZN und im Liveticker bei ntv.de). "Pikachu" hatte als einziger der sechs deutschen WM-Teilnehmer die zweite Runde vor Weihnachten überstanden. Das Duell gegen Williams verspricht auf dem Papier eine ausgeglichene Angelegenheit.

Pietreczko ist als Nummer 34 der Weltrangliste in die WM gestartet, Williams als Nummer 37. Beide Akteure fühlen sich auf großen Bühnen am wohlsten. Außerhalb des Scheinwerferlichts waren beide Akteure zuletzt bestenfalls Durchschnitt. Wenn es wichtig wird, spielen sie dagegen ihre besten Darts. Williams hat das in der ersten Runde dieser WM zum Leidwesen von Niko Springer getan. Auch im Vorjahr gewann der 35-jährige Engländer bei seinem sensationellen Lauf ins Halbfinale gegen einen Deutschen: Für Martin Schindler war in Runde drei Endstation. Im Anschluss an das emotionale Spiel sorgte Williams mit einem Weltkriegsvergleich für Aufsehen, entschuldigte sich aber umgehend dafür.

Quelle: ntv.de

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