Klitschko gegen Johnson "Alles hängt von diesem Kampf ab"
04.12.1999, 16:04 Uhr Seine berufliche Zukunft steht auf dem Spiel. In höchstens zwölfmal drei Minuten geht es in der Nacht zum Sonntag im Madison Square Garden von New York um die Karriere von Witali Klitschko. Kirk Johnson hat er vor den Fäusten, aber Lennox Lewis im Kopf. Es geht um keinen Titel, es geht um mehr, es geht um alles oder nichts. "Alles hängt von diesem Kampf ab." sagt der Ukrainer: "Wenn ich Johnson nicht bezwinge, brauche ich an einen weiteren WM-Kampf gegen Lewis nicht mehr zu denken. "
Erst seit seiner bravourösen Abbruch-Niederlage im Juni gegen den britischen Champion wird der 32 Jahre alte Wahl-Hamburger im Box-Mekka USA als ernsthafter Anwärter auf die Schwergewichtskrone wahrgenommen. Über 100 Pressevertreter sahen sich am Dienstag sein letztes öffentliches Work Out im Gold's Gym mitten in Manhattan an, genauso viele notierten die letzte Pressekonferenz am Mittwoch mit, und auch beim Wiegen am Donnerstagabend platzte die Madison Square Garden Mall aus allen Nähten. Das ultimative Duell ums sportliche Überleben elektrisiert die New Yorker, 10.000 Tickets sind verkauft, mit 14.000 Fans wird gerechnet.
Sieger wird WBC-Herausforderer
Nur der Sieger hat noch eine ernst zu nehmende boxerische Zukunft, er wird als offizieller Herausforderer der WBC für Lennox Lewis geführt. Sollte der Brite wie allgemein erwartet seinen Titel niederlegen, kämpft Klitschko oder Johnson um den Gürtel gegen den ehemaligen WBO-Champ Corrie Sanders aus Südafrika, der Wladimir Klitschko entthront hatte.
Doch eine "Rache des Bruders" ist für Witali nur die Notlösung, er will noch einmal Lewis. Der amerikanische Pay-TV-Sender HBO hatte eigentlich schon den Nikolaustag für das Re-Match gebucht, aber der 37 Jahre alte Londoner wollte nicht. "Es ist schon eine Enttäuschung, dass Lennox kneift ", sagte Klitschko: "Ich habe nach unserem ersten Kampf in den Augen seiner Mutter gesehen, dass sie will, dass er aufhört."
Seit über zwei Monaten bereitet sich der "große" Klitschko auf den wohl wichtigsten Kampf seiner Karriere vor. Die Grundlagen wurden in Los Angeles gelegt, wo er mit Ehefrau Natalia und den zwei Kindern ein Apartment hat. Seit etwas über einer Woche ist er mit den Coches Fritz Sdunek und Freddie Roach in New York. "Ich bin in sehr guter Form und absolut bereit für einen großen Kampf", erklärte Klitschko mit seinem breit rollenden "Rrrr" in englischer Sprache: "Ich weiß, dass Johnson ein sehr schwerer Gegner ist, der hart schlägt, aber ich bin überzeugt, dass ich ihn bezwingen kann."
Keine Angst vor neuen Platzwunden
Auch Manager Klaus-Peter Kohl ist da ganz sicher: "Witali wird gewinnen, er ist in hervorragender Verfassung." Der schwere Cut über dem linken Auge, der zur Niederlage gegen Lewis nach der sechsten Runde führte, ist volltändig ausgeheilt. Drei Hautärzte haben die Verletzung behandelt und inspiziert. Angst, dass die Haut wieder aufreißt, hat Klitschko nicht. Sagt er zumindest: "Sowas kann jedem passieren, das Risko gehört zum Boxen dazu."
Johnson wird die Stelle dennoch anvisieren. Der 31-Jährige ist ein harter Schläger mit schnellen Händen, der 25 seiner 34 Siege vorzeitig errungen hat und nur einmal unterlag. "Ich bin bereit für Witali, ich werde ihn bezwingen", sagt der leicht übergewichtig wirkende Kanadier: "Ich bin in der Form meines Lebens. Dass ich als Außenseiter gelte, hat nichts zu bedeuten. Es hätte auch niemand gedacht, dass Muhammad Ali Sonny Liston bezwingt."
Von Andreas Hardt (Sport-Informationsdienst)
Quelle: ntv.de