NFL-Rache im Spiel des Jahres Als würde der BVB dem FC Bayern eine Ohrfeige verpassen
21.11.2023, 06:35 Uhr
Eagles-Quarterback Jalen Hurts besiegte endlich die Kansas City Chiefs.
(Foto: picture alliance/dpa/AP)
Die Kansas City Chiefs stolpern im Spiel des Jahres in der NFL: Der Meister verliert das Rematch des Super Bowls nach einem dramatischen Ende gegen die Philadelphia Eagles. Während beide Defensiven überragen, patzen sich die Chiefs Sekunden vor Schluss zur Pleite.
Was stand auf dem Spiel?
Es ist das Spiel des Jahres der regulären Saison in der NFL. Die Kansas City Chiefs empfangen die Philadelphia Eagles zum Rückspiel von Super Bowl LVII, wo Quarterback Patrick Mahomes (Nummer 1 im MVP-Rennen der vergangenen Saison) Jalen Hurts (Nummer 2) dramatisch mit 38:35 besiegte. Zum ersten Mal in der NFL-Geschichte gibt es ein Super-Bowl-Rematch in der auf das Endspiel folgenden Saison, in der beide Teams mit der besten Bilanz in ihrer Conference antreten.
Die Eagles gehen mit acht Siegen und einer Pleite in die Partie, die Chiefs mit einer 7-2-Bilanz. Insgesamt ist es erst das neunte Super-Bowl-Rematch, das in der Folgespielzeit ausgetragen wird. Sechs von acht Partien gewann der Super-Bowl-Sieger, diesmal kommt es anders und Philadelphia gelingt die Rache. Wegen vieler bitterer Patzer und einer starken Eagles-Defensive verlieren die Chiefs am Ende dramatisch mit 17:21. Im zweiten Jahr in Folge stellen die Eagles auf 9-1.
Chiefs gegen Eagles, das ist wie Bayern München gegen Borussia Dortmund. Die Mannschaft von Mahomes ist derzeit dabei, eine echte Dynastie aufzubauen: Diese kommt natürlich in der ausgeglichenen NFL nicht an die des FC Bayern in der Bundesliga heran, aber Kansas City ist auch dieses Jahr wieder das Team to beat. Die Mannschaft, die man besiegen muss, wenn man den Football erklimmen will.
Der BVB versucht seit Jahren verzweifelt, die Münchner von der Spitze zu verdrängen, nur um immer wieder zu scheitern und in den direkten Duellen auf die Mütze zu bekommen. Die Schwarz-Gelben haben seit 2019 (Supercup) die Bayern nicht mehr besiegen können (zehn Pleiten, ein Unentschieden). Das erinnert an die Eagles, die seit 2009 nicht mehr gegen die Chiefs gewonnen haben (allerdings nur vier Duelle seitdem). Bis heute. Das Team um Jalen Hurts zeigt mit dem Statement-Sieg, dass sie auch dieses Jahr wieder erster Herausforderer des Champions sind.
Denn während die Bayern mit Starstürmer Harry Kane und Co. den besten Angriff der Liga stellen und Anfang des Monates den BVB mit 4:0 vom Platz fegen, gelingt den Eagles die Rache für die knappe Super-Bowl-Pleite. Dazu kommt es aber auch, weil die Offensive der Chiefs, die noch keinen klaren Nummer-eins-Receiver gefunden hat, im Vergleich zu den Vorjahren nicht so explosiv. Sie ist sogar die schlechteste in der Mahomes-Ära seit 2018. Der Angriff des Champions erzielt in diesem Jahr weniger als 23 Punkte pro Partie, patzt gegen Philadelphia ein ums andere Mal bitterböse - und bringt zum dritten Mal in Folge null Punkte in der zweiten Halbzeit auf die Anzeigetafel.
Wie geben die Chiefs den Sieg aus der Hand?
Rein ins unglaublich laute Arrowhead-Stadium statt in die Allianz-Arena. Nieselregen, 7 Grad Celsius, windig: Das riecht nach einer Partie für die Defensiven und nach viel Laufspiel. Und so kommt es auch.
Vor der Partie mag das Augenmerk auf der Defensive Line der Eagles gegen die Offensive Line der Chiefs liegen, denn der D-Line aus Philadelphia gelang als Erstes seit den Bills 2013/14 100 Sacks in 26 Spielen. Und beim ersten Ballbesitz von Mahomes gelingt den Eagles auch direkt der erste Sack, damit jetzt schon einer mehr als beim Super Bowl im Februar. Aber bis kurz vor Schluss dominiert die D-Line der Chiefs. Hinzu kommen unglaublich explosive Läufe von Running Back Isiah Pacheco.
Fünfeinhalb Minuten vor dem Ende des ersten Viertels führt ein wenig Mahomes-Magie zur ersten Führung. Unter Druck tanzt der Quarterback an mehreren Defensivspielern vorbei. Er sprintet ein paar Meter nach vorn, springt in die Luft - und wirft im Sprung einen perfekten Touchdown-Pass auf Justin Watson, der in der Endzone komplett vergessen wird von den Eagles, weil zwei Verteidiger sich auf Travis Kelce konzentrieren. Zehn Spielzüge, 80 Yards, nicht schlecht für eine stotternde Chiefs-Offensivmaschine.
Doch die Eagles antworten prompt nach dem Motto: Was ihr könnt, können wir schon lange. Neun Spielzüge, 75 Yards und dann gelingt Runningback D'Andre Swift mit zwei starken Läufen der Touchdown. Es steht 7:7 kurz vor dem Ende des ersten Viertels.
Nach Interceptions auf beiden Seiten feiert besonders Pacheco eine grandiose Nacht und nimmt die beste Laufverteidigung der NFL ein ums andere Mal auseinander. Die Eagles lassen im Schnitt nur 66 Laufyards pro Partie zu. Das schafft Pacheco bereits in der ersten Hälfte. Allein. Mit zwölf Läufen. Wow. In den ersten 30 Minuten laufen die Chiefs insgesamt 121 Yards. Dann findet Mahomes seinen kongenialen Partner Travis Kelce, der sich zu seinem fünften Touchdown der Saison durchtankt. Seit 2019 hat kein anderes Duo mehr Touchdowns (41) und Yards erreicht. Anschließend führt Mahomes sein Team noch einmal zu einem Fieldgoal-Versuch. Aus 43 Yards gibt sich Harrison Butker keine Blöße und vollendet zum 17:7-Halbzeitstand.
Nach der Pause zeigt jedoch Philadelphias Hurts, dessen Laufspiel schon immer exzellent war, was in ihm steckt: Dem 25-Jährigen gelingt mit einem Rushing Touchdown der Anschluss. Es steht 14:17. Damit hat der Quarterback schon jetzt mitten in der Spielzeit in seinen ersten vier Saisons mehr Rushing-Touchdowns als jeder andere Spielmacher in der NFL-Geschichte erzielt. Er luchst Cam Newton den Rekord ab.
Kann der NFL-BVB die Bayern des American Football tatsächlich noch ärgern? Es sieht danach aus. Auch, weil die Chiefs das Spiel mit eigenen Patzern aus der Hand geben. Zunächst erlaubt sich Superstar Kelce einen bösen Fumble kurz vor der Endzone zu Beginn des vierten Viertels, dann lässt auch Watson einen Pass zum First Down fallen. Anschließend haut Hurts das so wichtige Big Play raus: Seinen Mega-Pass über 41 Yards fängt DeVonta Smith Zentimeter vor der Endzone. Hurts besorgt den anschließend Touchdown selbst mit dem unaufhaltbaren "tush push". Sechs Minuten vor dem Ende führt Philadelphia plötzlich mit 21:17.
Und anschließend gelingen den Chiefs wieder keine Punkte in der zweiten Hälfte. Die Eagles-Defense überragt, aber Kansas City verliert das Spiel durch viele eigene Fehler und Strafen. Ganz bitter Sekunden vor dem Abpfiff: Mahomes versucht den ganz langen Wurf, aber Wide Receiver Marquez Valdes-Scantling rutscht der Ball wenige Meter vor dem sicheren Touchdown aus den Händen. Dann ist der Sieg futsch, die Chiefs müsse eine herbe Pleite hinnehmen und sich an die eigene Nase fassen.
Szene des Spiels?
Die 41-Yard-Rakte von Jalen Hurts. Mit zwei großartigen Spielzügen in Folge stellen der Quarterback und sein Passempfänger DeVonta Smith das Spiel auf den Kopf. Zunächst sichert ein 13-Yard-Pass an der Außenlinie beim dritten Down ein wichtiges First Down. Und dann lässt Hurts seinen Mega-Pass sechs Minuten vor dem Ende fliegen. Smith fängt grandios im Fallen, um die Eagles an die 1-Yard-Linie zu bringen. Philadelphia schnappt sich plötzlich das Momentum und die erste Führung des Spiels. Das reicht für den Sieg.
Spieler der Partie?
Die Defensiven auf beiden Seiten. Eigentlich ist es zunächst die D-Line der Chiefs, der die Ehre gebührt. Allen voran überragt der äußerst aggressive Defensive Tackle Chris Jones, auf den die Eagles in der ersten Hälfte nie eine Antwort finden. Gerade gegen die starke Eagles-Offensive sind seine zwei Sacks in drei Spielzügen sehr beeindruckend. Auch Cornerback Trent McDuffie ist überall. Jalen Hurts wird in den ersten 30 Minuten fünfmal gesackt - so oft wie noch nie in einer ersten Halbzeit seiner Karriere und so oft wie noch nie in dieser Saison.
Aber dann kommen nach der Pause die Eagles und ihre starke Defensive, die am Ende doch am meisten glänzt. Nachdem sie im Super Bowl 38 Punkte gegen Mahomes und Co. zugelassen hat, gibt sie diesmal in der zweiten Halbzeit keinen einzigen Punkt mehr ab. Zwei erzwungene Turnover in der Redzone der Eagles helfen Hurts beim Comeback zur Rache ungemein. Aber auch den Quarterback muss man erwähnen, der trotz der aggressiven Chiefs-Abwehr bis zum Ende cool blieb. Er hat nun sieben Spiele in Folge gewonnen, wenn er mit zehn Punkten oder mehr zurücklag. So viele wie kein anderer Spielmacher in der NFL, seit die Statistik 1991 erstmals erfasst wurde.
Quelle: ntv.de