Tennis, Tränen, Trotz, Triumph Asarenka, umstrittene Königin
27.01.2013, 11:03 Uhr
Goldig mit Silberpokal: Viktoria Asarenka, alte und neue Australian-Open-Siegerin.
(Foto: AP)
Wiktoria Asarenka zeigt es den Kritikern und verteidigt ungeachtet vieler Widerstände ihren Titel bei den Australian Open erfolgreich. Das Finale gegen die Chinesin Li Na geht als eines der spektakulärsten Endspiele in die Geschichte ein. Anschließend gelobt Asarenka Besserung.
Als Wiktoria Asarenka die Nerverschlacht von Melbourne überstanden und ihren Titel trotz aller Widerstände verteidigt hatte, wartete auf die frischgebackene Australian-Open-Siegerin gleich das nächste Problem. Ihr Rapper-Freund Redfoo weigerte sich plötzlich, die Rechnung für die geplante Shopping-Tour am nächsten Tag zu übernehmen. "Queen Viktoria" lächelte kurz und steckte auch diesen neuerlichen Tiefschlag locker weg - kein Wunder bei einem Rekord-Siegerscheck in Höhe von umgerechnet 1,9 Millionen Euro für ihren zweiten Grand-Slam-Coup.
Das wertvollste Geschenk hatte sich Asarenka ohnehin selbst gemacht, als sie es dank ihres 4:6, 6:4, 6:3-Sieges in einem der denkwürdigsten Grand-Slam-Finals gegen Li Na (China) allen Kritikern gezeigt hatte. "Dieser Titel ist sehr speziell für mich, es ist ein ganz emotionaler. Ich bin wirklich happy, dass ich das alles durchgestanden habe und in dieser Situation mein bestes Tennis zeigen konnte", sagte Asarenka nach den wohl schwersten Tagen ihrer bisherigen Karriere, die einem Spießrutenlauf glichen.
Doch ausgerechnet im Hexenkessel von Melbourne, in dem sich alles gegen die alte und neue Nummer eins verschworen zu haben schien, zeigte die Weißrussin ihre ganze Klasse. "Du bist ein wahrer Champion", rief Trainer Sam Sumyk der 23-Jährigen zu, als sie nach dem Matchball vor ihrer Box stand. Völlig überwältigt von den Gefühlen und hemmungslos weinend.
Extreme Stimmung pro Li Na
Wegen ihrer umstrittenen zehnminütigen medizinischen Auszeit im Halbfinale gegen Teenie Sloane Stephens (USA) war Asarenka ins Kreuzfeuer der Kritik geraten. "Vika" gegen den Rest der Welt sozusagen. Kein Wunder, dass die US-Open-Finalistin von den 15.000 Zuschauern in der Rod-Laver-Arena unterkühlt und mit einigen Pfiffen empfangen wurde, während jeder Punktgewinn von Publikumsliebling Li Na frenetisch bejubelt wurde.
Die Stimmung gegen Asarenka wurde noch extremer, als die Chinesin im zweiten und dritten Satz jeweils umknickte. Beim zweiten Mal fiel die French-Open-Siegerin von 2011 zu allem Überfluss noch so unglücklich auf den Kopf, dass sie erneut ein medizinisches "Timeout" nehmen musste.
An der Grundlinie kauernd musste Li Na sogar den berühmten "Folge-dem-Finger"-Test der herbeigeeilten Ärztin machen. "Ich dachte nur, das hier ist doch kein Krankenhaus, sondern ein Tenniscourt", sagte die 30-jährige Asiatin später schmunzelnd, während US-Ikone Pam Shriver vom "ungewöhnlichsten und aufregendsten Frauen-Finale in der Grand-Slam-Geschichte" sprach.
Cool in eisiger Atmosphäre
Asarenka ließ sich aber weder von der eisigen Atmosphäre noch von der zehnminütigen Unterbrechung wegen des Feuerwerks zum "Australia Day" beeindrucken. Die einst beste Juniorin der Welt blieb cool und profitierte beim Matchball eines dramatischen Duells mit 16 Breaks vom 57. unerzwungenen Fehler ihrer Gegnerin. Erst danach ließ die große Blonde ihre "Eisen-Maske" ("Herald Sun") samt Racket fallen und brach in Tränen aus. Symptomatisch und so ungemein passend, dass dazu aus den Lautsprechern "Titanium" von David Guetta ertönte. In dem Song heißt es: "Du streckst mich nieder, aber ich werde nicht fallen. Ich bin ein Titan."
Asarenka dürfte sich nach dem Charaktertest der besonderen Art angesprochen gefühlt haben. Sie, die nach der Titelverteidigung in den Katakomben ihren Freund Redfoo küsste und damit erstmals die Beziehung mit dem amerikanischen Rapper bestätigte. In der Umkleidekabine köpfte Asarenka dann eine Flasche Champagner - und tat wenig später in der Pressekonferenz Buße für ihren Halbfinal-Fauxpas. "Ich habe aus den Erfahrungen der letzten Tage gelernt. Ich werde versuchen, mich als Spielerin und Persönlichkeit weiter zu entwickeln", versprach Asarenka, die vor anderthalb Jahren fast schon die Karriere beendet hätte.
Erst ihre Oma, eine Kindergärtnerin, hielt sie davon ab. "Sie hat mir erzählt, wie hart sie ihr Leben lang arbeiten musste. Sie wollte mir damit wohl sagen: 'Mädel, höre auf, dich zu beschweren und genieße dein privilegiertes Leben als Tennis-Profi", erzählte Asarenka. Der Weckruf hat sich gelohnt - Babuschka sei Dank!
Quelle: ntv.de, sid