Freiwild Fußballtrainer? Auch Löw springt Sander bei
25.09.2007, 12:58 UhrBundestrainer Joachim Löw hat mit Unverständnis auf die Entlassung von Petrik Sander als Coach des Fußball-Bundesligisten Energie Cottbus reagiert. "Petrik Sander hat unter den Bedingungen in Cottbus Außergewöhnliches geleistet, ist bei den Kollegen fachlich und menschlich anerkannt", sagte der 47-Jährige in einem "Bild"-Interview und fügte hinzu: "Leider wurde er in den letzten Wochen demontiert."
Löw schließt sich damit einer Reihe von Fußball-Prominenten an, die nach der Beurlaubung Sanders am Sonntag das Verhalten der Cottbuser Führungsriege um Präsident Ulrich Lepsch kritisiert und den 46-Jährigen als Opfer unverständlicher Vorstandsentscheidungen dargestellt hatten. Vor dem Bundestrainer hatten schon Stuttgarts Coach Armin Veh, Wolfsburgs Trainer Felix Magath und Bayern Münchens Präsident Franz Beckenbauer Position für Sander ergriffen.
"War wie Erpressung"
Der 46-Jährige war einen Tag nach der 1:2-Niederlage am Samstag gegen den VfL Wolfsburg bei nur zwei Punkten aus sechs Spielen als Cheftrainer entlassen worden. Das Verhältnis zu Präsident Lepsch und zu Manager Steffen Heidrich galt seit langem als zerrüttet. Die Vereinsführung muss sich nun sowohl die Kritik gefallen lassen, Sander entlassen zu haben als auch, Sander erst jetzt entlassen zu haben.
Schon im Sommer hatte der Coach Lepsch und Heidrich brüskiert, als er die bis dahin geheimen und später gescheiterten Vertragsverhandlungen öffentlich gemacht hatte. Zudem wurde inzwischen bekannt, dass Sander dem Verein bei Nichterfüllung seiner Gehaltsforderungen damit gedroht haben soll, nicht zum Trainingsauftakt zu erscheinen.
"Das war wie Erpressung", zitierte die "Berliner Zeitung" einen Vereinsangestellten: "Alle waren geschockt." Hinzu kam, dass Sander dem Verkauf der Leistungsträger Sergiu Radu und Vlad Munteanu erst intern zugestimmt und diesen dann öffentlich harsch kritisiert hatte. Auch das Spielsystem habe er nach dem Verkauf des Duos nicht an die Fähigkeiten des neuen Kaders angepasst.
Noch kein Nachfolger
Neben den negativen Schlagzeilen beschäftigt den Lausitzer Bundesligisten derzeit die Suche nach einem neuen Cheftrainer. Im Gespräch sind unter anderem Michael Frontzeck, Jürgen Kohler, Ulf Kirsten und Jörg Berger. "99 Prozent der gehandelten Namen sind falsch", sagte Pressesprecher Ronny Gersch. Amateurcoach Heiko Weber wird als Interimstrainer das Tabellenschlusslicht am Mittwoch im Spiel bei Rekordmeister Bayern München betreuen.
Entgegen erster Aussagen will Notlösung Weber nun doch um seinen Platz auf dem Trainerstuhl kämpfen. Zwar hat Präsident Lepsch ausgeschlossen, dass es eine interne Lösung geben werde. Doch Weber, der gestern noch jegliche Ambitionen auf den Posten als Cheftrainer dementiert hatte, will davon inzwischen nichts mehr wissen: "Man muss zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein und dann seine Chance nutzen." Schon nach seinem Wechsel nach Cottbus im Sommer hatte er erklärt, dass er bei einer Entlassung Sanders einspringen würde.
Bei seinem ersten Mannschaftstraining schwor der 42-Jährige sein Team mit einer Motivationsrede ein: "Ich sehe hier mindestens 18 Top-Leute vor mir sitzen, das wird ja wohl reichen." Man fahre nach München, "um dort etwas zu holen". Viele Umstellungen wird es im Team nicht geben. Einzig Jiayi Shao wird neu in die Startelf kommen, und Mariusz Kukielka rückt von der Innenverteidigung ins defensive Mittelfeld vor.
Quelle: ntv.de