Skandalrennen in der DTM Audi-Duo "einfach rausgekegelt"
23.09.2007, 17:00 UhrDesaster für Audi, Empörung über Mercedes: Die Deutsche Tourenwagen-Meisterschaft (DTM) hat beim 9. Saisonlauf in Barcelona den größten Skandal ihrer Geschichte erlebt. Zermürbt vom unsportlichen Verhalten der Silberpfeile beorderte Audi-Sportchef Dr. Wolfgang Ullrich zehn Runden vor Rennende seine verbliebenen Fahrer zurück in die Box - ein Novum in der DTM.
Unter dem gellenden Pfeifkonzert der 42.000 Zuschauer sicherte sich der Brite Jamie Green beim Mercedes-"Markenpokal" in seinem 30. DTM-Rennen den ersten Sieg. Zweiter wurde Bruno Spengler (Kanada), der damit beim Saisonfinale am 14. Oktober in Hockenheim noch alle Titelchancen hat. Insgesamt beendeten nach dem Rückzug der Audi-Piloten nur sechs Fahrer das Rennen, alle saßen in einem Silberpfeil.
"Einfach rausgekegelt"
In der Gesamtwertung führt weiter der Schwede Mattias Ekström mit 44 Punkten. Neuer Zweiter ist Spengler mit nur zwei Zählern Rückstand (42) vor Martin Tomczyk (Rosenheim/40). Die Audi-Stars Ekström und Tomczyk waren beide jeweils nach rüden Remplern der Mercedes-Piloten ausgeschieden. Diese drei Fahrer machen den DTM-Titel 2007 unter sich aus. Titelverteidiger Bernd Schneider (Mercedes/St. Ingbert) verabschiedete sich nach einem Ausfall indes endgültig aus dem Titelrennen.
"Solche Manöver gehören nicht in die DTM, unsere Fahrer wurden hier einfach rausgekegelt", schimpfte der sonst stets besonnen wirkende Audi-Sportchef Wolfgang Ullrich. Auf die Frage, warum er die noch verbliebenen Autos alle aus dem Rennen genommen habe, meinte der Österreicher: "Ich wollte nicht, dass einer unserer Piloten etwas Unüberlegtes macht."
Ausstieg derzeit kein Thema
Ullrich fordert vor dem Saisonfinale eine Krisensitzung mit den Mercedes-Verantwortlichen, "um die Emotionen schnell in den Griff zu kriegen". In Barcelona machten nach dem Eklat bereits Gerüchte über einen möglichen DTM-Ausstieg der Ingolstädter die Runde. Das sei laut Ullrich derzeit jedoch kein Thema: "Es geht nur um dieses Rennen, nicht aber um die Zukunft von Audi in der DTM."
Obwohl er mit der Fahrweise seiner Fahrer nicht einverstanden war und sich dafür entschuldigte, zeigte Mercedes-Sportchef Norbert Haug kein Verständnis für den Rückzug des Rivalen: "Man kann über die Kollisionen sicher diskutieren, aber die Entscheidung von Audi, in die Box zu fahren, verstehe ich nicht und finde sie auch absolut nicht okay." Damit musste der Schwabe nach der gerade überstandenen Spionage-Affäre in der Formel 1 den nächsten Tiefschlag wegstecken.
Häkkinen rammt Tomczyk
Auslöser des DTM-Skandals war ausgerechnet Mercedes-Star Mika Häkkinen. Der zweimalige Formel-1-Weltmeister provozierte anfangs der 7. Runde eine Kollision mit dem bis dahin führenden Audi-Piloten Tomczyk und machte dadurch den Weg frei für seinen Teamkollegen Bruno Spengler.
Nur wenige Minuten nach Häkkinens Aktion zog sich Mercedes erneut den Unmut der Rivalen aus Ingolstadt zu. Daniel la Rosa (Hanau) versetzte dem Audi von DTM-Spitzenreiter Ekström einen Rempler. Audi-Sportchef Ullrich tobte vor Wut: "Es sah so aus, als wollte man die beiden in der Meisterschaft Führenden aus dem Weg räumen. Das gehört nicht in die DTM."
"Eine Unverschämtheit"
Mercedes-Sportchef Haug war mit dem Übereifer in seinem Team ebenfalls in keinster Weise einverstanden. Vor allem Häkkinen habe ein viel zu optimistisches Manöver gewagt. Er wisse nicht, ob der Crash vermeidbar gewesen sei, meinte Haug: "Ich kann nur sagen, dass es keine Absicht war. Es tut uns leid, so wollen wir nicht gewinnen."
Häkkinen spielte das Unschuldslamm. Das sei ein ganz normaler Rennunfall gewesen, sagte der Finne. Diese Aussage brachte Tomczyk auf die Palme: "Wenn ein zweimaliger Formel-1-Weltmeister sich so verschätzen kann, verstehe ich die Welt nicht mehr. Mika ist mir ohne Grund ins Auto gefahren, das war eine Unverschämtheit."
Rennkommissare greifen durch
Allen Unschuldsbeteuerungen zum Trotz werteten die Sportkommissare die Rempler der Mercedes-Piloten als unsportliches Verhalten. Beide wurden nach dem Rennen aus der Wertung genommen. Beim Saisonfinale am 14. Oktober in Hockenheim werden sie in der Startaufstellung zudem um zehn Plätze nach hinten versetzt.
Außerdem wurde Häkkinen mit einer Geldstrafe von 22.000 Euro belegt. La Rosa muss 10.000 Euro zahlen.
von Ralf Loweg, sid
Quelle: ntv.de