Eiserne Besen BKA will Basso vernehmen
10.05.2007, 17:00 UhrBeim Ausmisten des Dopingsumpfes im Radsport wird jetzt auf breiter Front zum eisernen Besen gegriffen. Zwei Tage vor dem Beginn des Giro d'Italia (12.5.-3.6.) erklärte Giro-Direktor Angelo Zomegnan das Feld für "dopingfrei". Kein einziger der 58 in der "Operacion Puerto" Verdächtigten befinde sich unter den 195 gemeldeten Fahrern aus 22 Mannschaften. Die beiden anderen großen Rundfahrten Tour de France und Vuelta wollen dem Beispiel folgen.
Nach dem Aus für die Geständigen Ivan Basso und Michele Scarponi gab das mit einer Wildcard versehene italienische Tinkoff-Team die sofortige Suspendierung des Ansbachers Jörg Jaksche und von Olympiasieger Tyler Hamilton (USA) bekannt, die schon am Dienstag aus dem Giro-Kader gestrichen worden waren. Ihr Ausschluss gelte bis zur Aufklärung der gegen sie erhobenen Vorwürfe in der spanischen Affäre, teilte der Continental-Rennstall der zweiten Kategorie in einer Presseerklärung mit.
Zuvor waren die Spanier Ruben Plaza und Constantino Zaballa von Caisse d'Epargne als letzte der bislang namentlich bekannten Beschuldigten aus dem Giro genommen worden.
Die Staatsanwaltschaft Göttingen will Italiens Radstar Ivan Basso nach dem Teilgeständnis durch Beamte des Bundeskriminalamtes vernehmen lassen, um dem Verdacht eines internationalen Dopingringes um den Madrider Arzt Eufemiano Fuentes weiter nachzugehen. Man werde in Kürze einen entsprechenden Antrag an die Justizbehörde in Rom richten, sagte Pressesprecher Hans Hugo Heimgärtner dem sid.
Für den 30-jährigen Jaksche ist mit der Suspendierung die Rückkehr ins Profigeschäft nach nur knapp einem Monat bereits wieder beendet. Er hatte seit Juni 2006 kein Rennen mehr bestritten und war nach langer Suche erst Mitte April von Tinkoff verpflichtet worden. Beim Astana-Team als Nachfolger von Liberty Seguros hatte er keinen neuen Vertrag erhalten.
Gegen den mit österreichischer Lizenz fahrenden Franken liegen zahlreiche Indizien für eine Zusammenarbeit mit Fuentes vor. Codes wie "Bella Jorge", die von den Ermittlern ihm zugeordnet werden, stehen auf Listen für Bluttransfusionen und Gefrierschrank-Fächern; außerdem wurde er beim Treffen mit Fuentes-Mitarbeitern gefilmt. Jaksche bestreitet jedoch jede Manipulation.
Auch Hamilton ist als langjähriger Fuentes-Klient dokumentiert, unter anderem 2004 mit dem Hinweis "Ölwechsel". Er war bei der Spanien-Rundfahrt 2004 des Blut-Dopings überführt und für zwei Jahre gesperrt worden. Sollte sich seine Puerto-Verwicklung bestätigen, dürfte ihm die im Zeitfahren von Athen 2004 gewonnene Goldmedaille nachträglich aberkannt werden. Man warte auf die spanischen Akten, sagte IOC-Vize Thomas Bach als Leiter der Disziplinarkommission.
Ausgangspunkt der Göttinger Ermittlungen ist Narkosearzt Dr. C. aus Bad Sachsa in Niedersachsen, der in der "Operacion Puerto" als einer der Kontaktleute von Fuentes genannt wurde. Der in einer thüringischen Klinik beschäftigte Mediziner soll unerlaubte Substanzen für das Netzwerk beschafft haben.
Die Wohnung von C. und das Krankenhaus waren im August 2006 durchsucht worden. Gegen ihn läuft ein Verfahren wegen Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz. Da in Bergamo gegen Basso und dessen Schwester wegen Handels mit unerlaubten Substanzen ermittelt wird, habe man bereits von der dortigen Staatsanwaltschaft Einsicht in die Protokolle angefordert, sagte Heimgärtner.
Durch die Vernehmung des Italieners erhoffen sich die Göttinger nähere Einblicke in den Aufbau des Dopingringes. Die Vermutung von Fuentes-Verbindungen nach Deutschland war bereits durch Jaksches Faxverkehr zu einer anderen Arztpraxis genährt worden.
Auch das Olympia-Komitee CONI setzt die Untersuchungen fort. Am Donnerstag wurde im Rom Alessandro Kalc vernommen, der Manager eines Radsportteams aus Triest, der Kontaktmann von Fuentes in Italien gewesen sein soll. Die Ermittler hoffen, dass sich Mitglieder des Netzwerkes zur Zusammenarbeit mit der Justiz entschießen werden.
Quelle: ntv.de