Zu wenig "individuelle Klasse" Ballack dämpft EM-Erwartungen
22.01.2008, 17:01 UhrGut vier Monate vor Beginn der Fußball-Europameisterschaft in Österreich und der Schweiz stapelt Michael Ballack hinsichtlich eines möglichen deutschen Titelgewinns tief. "Wir sind noch nicht auf dem Niveau, Favorit zu sein", sagte der DFB-Kapitän zum Leistungsvermögen der deutschen Nationalmannschaft. Noch gebe es Defizite bei der "individuellen Klasse", bei der man nicht mit Frankreich oder Italien mithalten könne.
In der Breite zugelegt
Laut Ballack hat die DFB-Auswahl seit der WM 2006 aber durchaus Fortschritte gemacht. "Jogi Löw hat viele Spieler herangeführt, und wir haben in der Breite zugelegt. Der Konkurrenzkampf ist da, die Mannschaft hat Selbstvertrauen. Jetzt müssen wir abwarten, wie die Form vor dem Turnier ist, wie jeder einzelne drauf ist und wie die Spieler harmonieren", erklärte der Kapitän der DFB-Elf mit Blick auf die EM vom 7. bis 29. Juni in Österreich und der Schweiz.
Ballack warnte davor, sich "national Honig um den Mund zu schmieren." Es sei auch wichtig zu sehen, "wie wir im Ausland eingestuft werden. Und da haben wir doch Marken hinterlassen und mit guten Spielen beeindruckt, so dass wir auch dort für die EM zum Favoritenkreis gezählt werden."
Schritt nach vorn nötig
Ballack sieht die Mannschaft noch nicht auf dem Niveau, um als unbestrittener Titelanwärter anzutreten. Das müsse aber das Ziel sein, forderte der Kapitän. "Wir sind nie wirklich, auch bei der WM 2002 nicht, mit dem Anspruch hingefahren zu gewinnen. 2006 war das zwar die Zielsetzung, aber realistisch betrachtet, wenn man das Niveau der Mannschaft gesehen hat, Weltmeister zu werden, das ist natürlich nochmal ein Unterschied", sagte Ballack, der die Nationalmannschaft aber auf einem guten Weg sieht.
Dennoch betonte er: "Bei der individuellen Klasse müssen wir alle versuchen, einen Schritt nach vorne zu machen, um schließlich zu einem großen Turnier zu fahren und zu sagen: Wir sind diesmal der Favorit."
Lehmann klar der Beste
Bei der Diskussion um die Position von Nationaltorhüter Jens Lehmann, der beim FC Arsenal derzeit nur Reservist ist, habe auch dessen Absage an Borussia Dortmund seine Meinung nicht geändert. "Ich denke, dass Jens unsere Nummer eins ist, der mit Abstand beste Torhüter, den wir im Moment haben", sagte Ballack. Wenn sich Lehmann am wohlsten fühle, wenn er in London bleibt, dann müsse man ihm das zugestehen.
Denn, so Ballack: "Ich weiß, dass Jens auf die EM brennt. Dafür wird er alles tun, und auch die beste Entscheidung für sich treffen."
"Vollkommen zufrieden" in London
Dass er es bei Chelsea in wenigen Spielen vom Dauerverletzten zur festen Größe und zum Spielführer gebracht habe, darauf sei er "stolz". Seit seinem Comeback kurz vor Weihnachten hat Ballack bereits zwei Treffer erzielt.
"Durch unsere vielen Verletzten bei Chelsea bin ich direkt wieder in die Verantwortung geraten, andererseits tut man sich leichter, wenn man in eine Mannschaft zurückkehrt, die keine Verletzungssorgen hat", sagte Ballack, für den die Ernennung zum zeitweiligen Kapitän nach den Ausfällen von Abwehrchef John Terry und Mittelfeldstratege Frank Lampard völlig überraschend kam.
Über Lampards Rückkehr mache er sich keine Gedanken: "Die Konkurrenz im Mittelfeld wird groß. Ich bin aber entspannt, denn ich weiß, was ich kann. Für mich ist das Zusammenspiel mit guten Spielern kein Problem." Im Moment sei er vollkommen zufrieden bei Chelsea.
Quelle: ntv.de