Löw dämpft EM-Euphorie Ballack will Titel gewinnen
23.12.2007, 12:48 UhrNach der längsten Verletzungspause in seiner Profi-Karriere sprüht Michael Ballack vor Tatendrang und setzt sich hohe Ziele für das neue Jahr. "Ich hoffe, 2008 wird für mich das Jahr der Titel: Erst die Champions League, dann die Europameisterschaft", sagte der Kapitän der deutschen Fußball-Nationalmannschaft in einem "kicker"-Interview.
Allerdings sieht der 31 Jahre alte Mittelfeldspieler nach seinem langersehnten Comeback beim FC Chelsea noch eine schwere Zeit vor sich, bis er nach zwei Sprunggelenks-Operationen wieder in Bestform sein wird. "Ich sehe zwar inzwischen wieder viel Licht am Ende des Tunnels, aber auf mich wartet noch ein ziemliches Stück harte Arbeit", sagte er: "Man verliert nach solch einer langen Pause sehr viel - nicht an fußballerischen Qualitäten, aber an den physischen Voraussetzungen. Kraft, Schnelligkeit, Dynamik, Zweikampfverhalten, das muss ich mir alles wieder erarbeiten. Und dazu brauche ich Spielpraxis."
Nach seinem 23-Minuten-Einsatz im Ligapokal gegen den FC Liverpool (2:0) hoffte Ballack allerdings vergeblich darauf, am Sonntag im Auswärtsspiel bei den Blackburn Rovers auch erstmals wieder in der Premier League zum Einsatz zu kommen. Er saß nur auf der Bank.
Löw immer informiert
Auch Bundestrainer Joachim Löw verfolgt jeden Fortschritt bei Ballack mit Argusaugen. "Wir hoffen, dass wichtige Spieler wie Ballack, Frings und Schneider 2008 Spielpraxis kriegen. Und hoffentlich gibt es keine neuen Verletzungen", sagte Löw. Im "kicker" äußerte der DFB-Coach die Überzeugung, dass die Zeit bis zur EM lang genug sei: "Ein halbes Jahr reicht völlig, damit sie ihre Topform erreichen."
Ballack räumte ein, dass seine am 22. April 2007 erlittene Fußverletzung "schon ein bisschen komplizierter" gewesen sei, als es öffentlich dargestellt worden war. Aktuell sei er beschwerdefrei, "das Vertrauen in den Fuß ist da". Unter dem neuen Chelsea-Coach Avram Grant will er sich seinen Stammplatz zurückerobern, auch wenn der Konkurrenzkampf im Mittelfeld durch das veränderte 4-3-3-System "noch größer" geworden sei: "Aber ich bin mir sicher, dass ich mich trotzdem durchsetzen werde." Eine Rückkehr in die Bundesliga ist für den ehemaligen Bayern-Profi dagegen nicht erstrebenswert.
Ballack lobt den Bundestrainer
Mit großer Vorfreude und hohen Ambitionen blickt der Kapitän der EM entgegen. Erstmals seit zehn Jahren habe Deutschland wieder eine Mannschaft, die zum Kreis der Mitfavoriten zähle. Bei der WM 2002 (Finale) und der WM 2006 (Platz 3) "haben wir eher über unsere Verhältnisse gespielt". Bei der kommenden EM dagegen könne man selbstbewusst angreifen: "Unsere Zielsetzung muss das Finale sein."
Einen großen Anteil an der positiven Entwicklung und der souveränen EM-Qualifikation schreibt Ballack dem Klinsmann-Nachfolger Löw zu: "Keine Frage, er hat die Mannschaft weitergebracht." Löw selbst steht mit Blick auf die EM noch auf der Euphoriebremse.
"Als absoluten Topfavoriten sehe ich uns nicht. Mit Blick auf die letzten zehn Jahre sehe ich Frankreich in der absoluten Spitze, den Weltmeister Italien. Spanien und Portugal schätze ich noch sehr stark ein, die Kroaten und Polen sollten wir nicht unterschätzen", sagte der Bundestrainer. Kroatien und Polen sind wie auch Gastgeber Österreich die deutschen Gegner in der Vorrunde der EURO in Österreich und der Schweiz.
"Spieler müssen reagieren"
Für 2008 wünscht sich Löw, dass seine EM-Kandidaten mit ihren Clubs in Champions League und UEFA-Cup möglichst weit kommen und damit "das ganze Jahr internationale Erfahrung in ihren Vereinen sammeln". Nationalspieler, die in ihrer Entwicklung stehen geblieben sind, forderte er dagegen auf, Konsequenzen zu ziehen.
"Die Spieler müssen reagieren. Die Motivation muss stimmen. Manchmal hilft ein Vereinswechsel", sagte Löw. Namen nannte er auf Nachfrage nicht, aber er benannte im "kicker" deutlich die Zielgruppe: "Junge Spieler und solche, die früh den Ruhm kennenlernten."
Druck für "Poldi" und "Schweini"
Angeführt wird diese Riege von den Bayern-Jungstars Bastian Schweinsteiger und Lukas Podolski, deren Entwicklung auch der Ex-Münchner Ballack genau verfolgt: "Sie spielen bei einem Verein, wo nur unterschieden wird zwischen sehr guten Spielern, internationaler Klasse und Weltklasse."
Rückschläge müsse man darum bei Beiden einkalkulieren, betonte Ballack: "Aber: Wenn sie sich durchsetzen, können sie große Spieler werden."
Quelle: ntv.de