Ein Blackout und ein Pfiff Bayern und Gladbach siegen und träumen
04.03.2015, 22:58 Uhr
Mario Götze erzielt das 2:0 der Bayern im Pokal-Achtelfinale gegen den Zweitligisten Eintracht Braunschweig.
(Foto: REUTERS)
Der Bieberer Berg hofft auf die Sensation im DFB-Pokal-Achtelfinale. Am Ende können sich die viertklassigen Kickers nur über ein ausverkauftes Stadion gegen Borussia Mönchengladbach freuen. In München sorgt ein Pfiff kurz für Aufregung - dann ist alles wie immer.
Mit ausgestrecktem Arm hochspringen und so bei der Ecke den Ball abfälschen: Das nennt man wohl Aussetzer. Mönchengladbach bedurfte tatkräftiger Offenbacher Hilfe, um am Bieberer Berg zu bestehen. Dennoch: Mund abputzen und weiter vom Pokalsieg träumen. Beim mühevollen 2:0 (1:0)-Sieg bei den Offenbacher Kickers benötigte der Favorit am Mittwochabend aber schon einen Blackout des letzten Viertligisten im Wettbewerb, um das Viertelfinale zu erreichen. Den Führungstreffer erzielte Max Kruse in der 52. Minute per Handelfmeter, nachdem der Offenbacher Michael Müller unbedrängt den Ball an seinem ausgestreckten Arm abprallen ließ. Patrick Herrmann sorgte kurz vor Schluss (83.) dann für die Entscheidung.

Offenbachs Giuliano Modica kann es nicht fassen: Beim Gladbacher 2:0-Sieg auf dem Bieberer Berg haben die Kickers kräftig mitgeholfen.
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Der krasse Außenseiter spielte über weite Strecken extrem mutig und offensiv - als würde es keinen Unterschied von drei Spielklassen geben. Den ersten Eckball gab es schon nach 40 Sekunden, die erste Schusschance durch Christian Cappek in der 2. Minute. Und die lautstarken Fans auf dem mit 20 500 Zuschauern zum ersten Mal seit dem Umbau 2011/2012 ausverkauften Bieberer Berg bejubelten dazu jeden gewonnenen Zweikampf des Pokalsiegers von 1970. Die Kickers hatten in den vergangenen viereinhalb Jahren sieben Erst- und Zweitligisten rausgeworfen. Nun aber brachten sie sich selbst auf die Verliererstraße.
Freundlicher Empfang für Hahn
Die Gladbacher waren gegenüber ihrem jüngsten Bundesliga-Sieg gegen Paderborn auf gleich sechs Positionen verändert und versuchten, mit Kurzpassspiel und ihrer technischen Überlegenheit die Kontrolle über dieses Spiel zu erlangen. Doch sie wurden dabei immer wieder früh und hartnäckig gestört. Das galt auch für den ehemaligen Offenbacher André Hahn, der an alter Wirkungsstätte mal wieder von Beginn an auflaufen durfte und von den Kickers-Fans wie -Spielern freundlich empfangen wurde.
Trotzdem hatte die Borussia die erste große Chance der Partie, als Stefano Maier beinahe ein Eigentor fabriziert hätte: Der Kickers-Verteidiger lenkte eine Flanke von Oscar Wendt an den Pfosten (9.). Nach einer halben Stunde fehlte auch bei einem Schuss von Thorgan Hazard nicht viel. Viel mehr kam von den Gästen aber nicht - die bessere Mannschaft hieß Offenbach. Man merkte den Kickers nie an, dass sie bei nasskaltem Wetter einen Kaltstart hinlegen mussten. Der souveräne Tabellenführer der Regionalliga Südwest hatte zuvor in diesem Fußball-Jahr noch kein einziges Pflichtspiel absolviert. Die Gastgeber stellten sich selbst ein Bein - mit einem Handspiel das klarer kaum sein konnte. Markus Müller streckte nach einer Ecke die Hände zum Himmel und erwischte den Ball. Schiedsrichter Christian Dingert zögerte keine Sekunde und zeigte auf den Punkt. Kruse schoss halbhoch ins rechte Eck, Kickers-Schlussmann Daniel Endres war noch dran.
Hahn, dessen rasanter Aufstieg vom Regionalliga- zum Nationalspieler in seiner Offenbacher Zeit bis Januar 2013 Fahrt aufnahm, spielte bis zu seiner Auswechslung in der 74. Minute unauffällig. Zwar glaubte Offenbach weiter an seine Chance, der Favorit aber war zwingender. Nach Zuspiel von Christoph Kramer traf Herrmann aus spitzem Winkel.
Bayern erfüllen Pflicht
Titelverteidiger Bayern München nimmt weiter Kurs auf den dritten DFB-Pokalsieg in Serie. Der Rekordchampion musste sich allerdings im Achtelfinale mit einem unspektakulären 2:0 (1:0) gegen den tapferen Fußball-Zweitligisten Eintracht Braunschweig begnügen. David Alaba mit einem Freistoßtraumtor (4 5.+1 Minute) und Weltmeister Mario Götze (57.) sorgten vor 75.000 Zuschauern in der ausverkauften Münchner Arena für den Einzug ins Viertelfinale (7./8. April). Die Gäste durften stolz sein, sich besser als etliche Bundesligisten in München verkauft zu haben.
Bayern-Coach Pep Guardiola dokumentierte mit einer "Rotation light", dass er die Pokal-Aufgabe gegen den Bundesliga-Absteiger keinesfalls unterschätzte. Nur Xabi Alonso und Dante kamen für Thomas Müller und Holger Badstuber neu in die Mannschaft. Natürlich diktierte der Rekordmeister das Spielgeschehen, aber die Gäste wehrten sich defensiv gut organisiert und mit aufopferungsvollem Kampf.
Ins Bayern-Spiel schlichen sich nach ersten Schüssen von Arjen Robben (7.) und Rafinha (17.) immer mehr Ungenauigkeiten. Selbst einem Ausnahmekönner wie Franck Ribéry unterliefen ungewöhnlich viele Fehlpässe, auch der unkonzentriert wirkende Nationaltorwart Manuel Neuer schlug den Ball wiederholt direkt zum Gegner. Die Brust der Niedersachsen wurde mit jedem Ballgewinn und jedem erfolgreichen Zweikampf breiter. Das gut eingestellte Team von Trainer Torsten Lieberknecht startete sogar einige im Ansatz aussichtsreiche Konterattacken. Seung-Woo Ryu schoss dabei ans Außennetz (26.).
Nachdem Robert Lewandowski auf Zuspiel von Robben das Tor verfehlt hatte (38.), schienen die Braunschweiger tatsächlich mit einem beachtlichen 0:0 in die Pause zu kommen. Aber dann trat Schiedsrichter Jochen Drees in Aktion: Er pfiff einen von Braunschweiger Seite heftig angezweifelten Freistoß nach einem Zweikampf zwischen Mirko Boland und Bayern-Star Robben. Alaba nahm aus über 20 Metern halbrechter Position Maß und hämmerte den Ball mit traumhafter Präzision unter die Latte - 1:0. Es war bereits das dritte Tor des Österreichers im laufenden Wettbewerb.
Nicht mehr als nötig
Anders als zuletzt der HSV (0:8), Paderborn (0:6) und Köln (1:4) in der Bundesliga gingen die Braunschweiger jedoch auch nach diesem psychologischen Tiefschlag nicht unter. Die Münchner Torfabrik lief nie heiß, auch wenn Weltmeister Götze mit einer feinen Einzelaktion erst zwei Gegenspieler austanzte und dann eiskalt zum 2:0 abschloss.
Die einseitige Partie plätscherte weiter so dahin. Die Bayern-Stars taten nicht mehr als nötig. Guardiola konnte sich problemlos den Luxus leisten, Topstars wie Ribéry und Robben vorzeitig vom Platz zu nehmen und für kommende schwierigere Aufgaben zu schonen. Der eingewechselte Thomas Müller hätte noch auf 3:0 erhöhen können. Eine Überraschung der offensiv limitierten Braunschweiger lag während der 90 Minuten nicht einmal ansatzweise in der Luft.
Quelle: ntv.de, bad/dpa