"Diplomat ohne staatlichen Auftrag" Berthold Beitz wird 95
24.09.2008, 17:41 UhrIn der Hall of Fame des deutschen Sports steht hinter seinem Namen Menschenretter, Unternehmer, Sportfunktionär. Es sind drei Rollen, die der 95 Jahre alt werdende Berthold Beitz in seinem Leben ausfüllte. Stets war er ein Star ohne Allüren, ein "Diplomat ohne staatlichen Auftrag", wie Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt bei der Laudatio zum 90. Geburtstag von Beitz vor fünf Jahren sagte, ehe er sich vor ihm verbeugte.
Damals wurde noch groß gefeiert, dieses Mal fällt die Feier kleiner aus. Im Kreise seiner Familie mit drei Töchtern, sieben Enkeln und sieben Urenkeln und an der Seite seiner Frau Else, die er auf dem Tennisplatz kennenlernte und mit der er seit fast 69 Jahren verheiratet ist, begeht Beitz seinen Ehrentag.
Als Seiteneinsteiger ins Internationale Olympische Komitee (IOC) gekommen, zählte der Generalbevollmächtigte des Krupp-Konzerns, der schon wegen des Firmenlogos den Beinamen "Herr der Ringe" trug, von 1972 bis 1988 zu den einflussreichsten deutschen Sportpolitikern. Vier Jahre lang, von 1984 bis 1988 war Beitz IOC-Vizepräsident. Ein Amt, das man ihm antrug, um ihn über das Alterslimit hinaus im IOC halten zu können.
Gerade in den Zeiten des Kalten Krieges war Beitz für die olympische Bewegung von besonderem Wert: hoch geachtet als Retter Hunderter Juden im Zweiten Weltkrieg, allgemein angesehen als Wirtschaftsführer, der Brücken zwischen Ost und West baute. Am Ende der Boykott-Ära 1988 in Seoul soll er großen Anteil gehabt haben.
Dabei war er alles andere als ein Sportfunktionär, dem Metier nur als Mäzen verbunden. Der Visionär Willi Daume berief ihn zum OK-Chef der olympischen Segelwettbewerbe 1972 und setzte gegen erhebliche Widerstände im deutschen Sport seine Aufnahme ins IOC durch. Nach seinem Ausscheiden aus dem IOC und der Ernennung zum Ehrenmitglied sorgte Beitz für den finanziellen Aufbau des Olympischen Museums in Lausanne, für das er viele Millionen sammelte.
"Walhalla ist für später"
Noch heute geht er täglich in sein Büro nahe der Essener Villa Hügel, wo die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung ihren Sitz hat, deren Kuratoriumsvorsitzender er ist und die unter seiner Leitung schon mehr als 400 Millionen Euro für gemeinnützige Zwecke ausschüttete. Pünktlich um 9 Uhr ist er da, vor 17 Uhr verlässt Beitz selten seinen Schreibtisch. Als Ehrenvorsitzender gehört er zudem dem Aufsichtsrat des ThyssenKrupp-Konzerns an.
Bei seiner Aufnahme in die Hall of Fame des deutschen Sports Ende Mai in Berlin, sagte er launig: "Wie Marmor fühle ich mich noch nicht. Die Ruhmeshalle, so heißt die Hall of Fame ja wohl auf Deutsch, könnte deshalb von mir aus gern noch warten. Walhalla ist für später."
Lebensretter von Hunderten
Im Zweiten Weltkrieg hatte Beitz zusammen mit seiner Frau als kaufmännischer Leiter der Karpathen-Öl AG im polnischen Boryslaw das Leben von Hunderten Juden gerettet, indem er sie aus den Deportationszügen der Nazis befreite. "Ich habe darüber eigentlich gar nicht nachgedacht. Ich habe spontan gehandelt, aus dem Gefühl heraus. Ich musste es einfach tun", sagte er im Februar der Süddeutschen Zeitung in einem seiner wenigen Interviews. 1973 wurde er dafür in Jerusalem, als "Gerechter der Völker" geehrt. Eine Auszeichnung, die 2006 auch seine Frau erhielt.
Christian Klaue, sid
Quelle: ntv.de