"Ersatz"-Athlet Lesser brilliert Biathlon-Duo holt überraschend Silber
20.02.2020, 15:49 Uhr
Franziska Preuß und Erik Lesser laufen gemeinsam zu Silber.
(Foto: dpa)
Die beiden besten deutschen Schützen rechtfertigen bei der Biathlon-WM das Vertrauen in sie: Franziska Preuß und Erik Lesser laufen in der Single-Mixed-Staffel aufs Podium. Dass der 31-Jährige überhaupt eine Chance bekommt, überrascht viele Kritiker.
Ersatzmann Erik Lesser lag völlig ausgepumpt im Schnee und wurde von seiner Partnerin Franziska Preuß überschwänglich gefeiert. Dank einer tollen Leistung am Schießstand holten sich die beiden deutschen Biathleten mit Silber die ersehnte Medaille in der erst zum zweiten Mal bei Weltmeisterschaften ausgetragenen Single-Mixed-Staffel.
"Das ist ein extrem geiles Gefühl, eine Genugtuung. Es fühlt sich mega an", sagte Lesser. "Voll cool, das freut mich total", meinte Preuß nach dem Gewinn der dritten Silbermedaille für das deutsche Team. Der 31 Jahre alte Thüringer und die 25-jährige Bayerin lagen im italienischen Antholz nur 17,6 Sekunden hinter Norwegen, dem Titelverteidiger in diesem packenden Wettkampf. Fünf Reservepatronen benötigten Lesser und Preuß, sechs Mal mussten die Norweger mit Marte Olsbu Röiseland und Johannes Thingnes Bö nachladen - und waren trotzdem schneller.
"Ich bin unfassbar glücklich, dass ich mich nach meiner beschissenen Saison so präsentieren konnte. Und mit der Franzi hier stehen kann", sagte Lesser. Seine Staffel-Nominierung war durchaus kritisch hinterfragt worden. "Wir haben unsere beiden besten und schnellsten Schützen ins Rennen geschickt", rechtfertigte Bundestrainer Mark Kirchner seine Aufstellung. "Erik hat abgeliefert. Die beiden haben einen Riesenrespekt verdient."
"Der Druck war groß"
Für die Staffel am Samstag ist Lesser wie im Einzel Ersatzmann: "Ich rechne nicht damit, dass ich laufe." "Der Druck war groß. Hut ab", meinte Rekordweltmeisterin Magdalena Neuner über die feine Darbietung der deutschen Zweier-Staffel. Einen Tag nach dem am Schießstand verlorenen Einzel-Rennen der Männer zeigten Preuß und Lesser, dass auch deutsche Biathleten die Scheiben treffen können.
Beim letzten Schießen übernahm Preuß mit einer blitzsauberen Stehend-Serie erstmals die Führung. Jetzt lag es an Lesser, der zusammen mit Johannes Thingnes Bö und dem Schweizer Benjamin Weger in einer Dreiergruppe lief. Der Thüringer und der Norweger blieben beim vorletzten Schießen fehlerfrei und setzten sich etwas ab. Beim letzten Stopp am Schießstand ging Lesser, der im Gegensatz zu Bö einmal nachladen musste, auf Nummer sicher. "Es ging für mich darum, die Silbermedaille zu retten", sagte er. Dritter wurden die ohne Einzel-Weltmeister Martin Fourcade angetretenen Franzosen.
Viel Kritik an Lesser
Lesser, der während der Saison auch aufgrund von gesundheitlichen Problemen nicht in Form gekommen war, wurde trotz nur halber WM-Norm nominiert. In der ersten WM-Woche kam er nicht zum Einsatz, war stattdessen beim zweitklassigen IBU-Cup. Dort hatte er noch mal Wettkampfkilometer gesammelt und einen Formanstieg nachgewiesen. Für Preuß und Lesser ist die Medaille deshalb auch einen Belohnung für eine schwierige Saison, die beide durchlebt haben. Vor allem Lesser dürfte sich freuen, hatte der Routinier doch während der Saison seinen Startplatz im Weltcup-Team verloren. Als fairer Sportsmann nahm er die Rolle klaglos an, was sicher auch dazu beigetragen hat, dass die Trainer ihn nominierten.
Auch für Preuß, deren Freund Simon Schempp wegen Formschwäche bei der WM fehlt und auch kommende Woche bei der EM - anders als Lesser - nicht startet, ist ihre fünfte WM-Medaille der Lohn für ihr großes Kämpferherz. Einst als ähnlich talentiert gehandelt wie Laura Dahlmeier, kämpfte Preuß von Karrierebeginn mit Krankheiten und Ausfällen - und das quasi in jeder Saison. Am Freitag ist Ruhetag in Antholz. Die Staffeln am Samstag und die Massenstartrennen am Sonntag schließen die Wettkämpfe in Südtirol ab.
Quelle: ntv.de, Sandra Degenhardt und Volker Gundrum, dpa