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Engländer zahlen gut Capello macht's

Wütende Proteste, jede Menge Misstrauen, aber auch Bewunderung: Die Ernennung von Fabio Capello zum neuen Nationalcoach hat in England gemischte Gefühle hervorgerufen. Während der 61-jährige Italiener mit den Spitzen des Verbandes noch zähe Verhandlungen über letzte Vertragsdetails führte, starteten im Fußball-Mutterland hitzige Diskussionen über den zweiten Ausländer auf dem wichtigsten Trainerposten im Königreich.

"Es ist ein Armutszeugnis für den englischen Fußball, dass wir uns einen Teammanager in Europa suchen", meinte Ex-Nationalspieler Paul Ince und sprach damit zahlreichen Trainern aus der Premier League aus der Seele.

"Ich denke nicht, dass ein englisches Team von jemand anderem trainiert werden sollte als von einem Engländer", meinte Inces früherer Nationalmannschaftkollege Gareth Southgate, mittlerweile Coach beim FC Middlesbrough. "Trainer des Jahres" Steve Coppell vom FC Reading sprach von einem "traurigen Tag für den englischen Fußball". Tony Adams, Ex-Kapitän der "Three Lions", und Mark Hughes, ehemaliger Bayern-Profi und aktueller Coach der Blackburn Rovers, schlossen sich der Kritik an.
Mit Spannung wird bereits erwartet, wie Capello mit Superstar David Beckham verfahren wird, dessen Klubtrainer er bei Real Madrid war. "Becks" will beim Capello-Debüt am 6. Februar 2008 im neuen Wembley-Stadion gegen EM-Gastgeber Schweiz sein 100. Länderspiel bestreiten.

Die sonst so streitbaren englischen Zeitungen hielten sich indes mit Angriffen zurück. Einen Sturm der Entrüstung, wie er noch bei der Verpflichtung des Schweden Sven-Göran Eriksson 2001 über das Königreich hineingebrochen war, gab es diesmal nicht. Der wenig freundliche Ton der Daily Mail, die mit Blick auf Capello und dessen aus vier Landleuten bestehenden Trainerstab vom "italienischen Mob" schrieb, war eher die Ausnahme.

"Geht raus und regiert wieder die Welt", schrieb der Daily Star. Die Times ist überzeugt, dass Capello "England vereinigen" kann, und auch der Mirror begegnete dem Italiener mit Hochachtung: "Fabio Capello wird den Wind der Veränderung in die Nationalmannschaft bringen, und jeden, der seine Standards nicht erreichen kann, erwartet internationales Exil."

Eriksson beglückwünschte derweil den Verband zu seiner Wahl. "Capello ist ein exzellenter Manager. Seine Erfolge sprechen eine eindeutige Sprache. Er ist einer der Besten, die man finden konnte", sagte der Teammanger von Manchester City, der nach dem Viertelfinal-Aus der Briten bei der WM in Deutschland von Steve McClaren abgelöst worden war. Aber auch McClaren war glücklos geblieben und musste nach der verpassten EM-Qualifikation den Stuhl räumen.

Nun will der englische Verband mit Capello, der mit vier verschiedenen Klubs in Italien und Spanien (zuletzt Real Madrid) insgesamt neun nationale Meistertitel holte, auf Nummer sicher gehen. Der 61-Jährige soll einen Vertrag bis zur WM 2010 erhalten und dafür pro Jahr acht Millionen Euro kassieren, was ihn zum bestverdienenden Nationaltrainer der Welt machen würde. Doch unterschrieben ist der Kontrakt noch nicht, denn Capello zeigt in den Verhandlungen offenbar die Tugenden, die sich der Verband von ihm eigentlich nur im Umgang mit den Spielern gewünscht hatte: Hartnäckigkeit und Kompromisslosigkeit.

Capello besteht angeblich darauf, dass ihm seine Landsleute Franco Baldini (Sportdirektor), Italo Galbiati (Co-Trainer), Massimo Neri (Fitnesscoach) und Franco Tancredi (Torwarttrainer) zur Seite gestellt werden. Der Verband soll derweil auf mindestens einem englischen Assistenten beharren. Die Ex-Nationalspieler Alan Shearer, David Platt und Stuart Pearce sind im Gespräch. Der Sun zufolge soll U21-Coach Pearce die Nase vorn haben.

Von Alex Griffiths, sid

Quelle: ntv.de

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