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Abramowitschs Spielzeug Chelsea tanzt "Kalinka"

Beim FC Chelsea London gibt es seit dieser Saison eine neue Zeremonie. Englische Fußball-Hymnen sind out im Stadion an der Stamford Bridge. Vor den Spielen stimmen die Fans die russische Volksweise "Kalinka" an.

Die Polka ist eine Hommage an den neuen Klubchef Roman Abramowitsch. Der russische Öl-Milliardär, der Chelsea im Sommer für 87 Millionen Euro erworben und die Mannschaft für weitere 160 Millionen Euro verstärkt hat, lässt den Londoner Premier-League-Klub nach seiner Pfeife tanzen und dabei von einer neuen Ära träumen.

"Ich will Spaß haben"

"Ich sehe in meinen Ausgaben keine Investitionen. Ich will Spaß haben, und Spaß bedeutet für mich, Erfolg zu haben und Trophäen zu gewinnen", erklärte Abramowitsch seinen Kaufrausch. Doch für den 36-Jährigen, der sein erstes Geld in Russland mit dem Verkauf von Spielzeug machte, ist der FC Chelsea weit mehr als ein teures Vergnügen. Der "rote Roman" verlagert sein Vermögen allmählich aus Russland in die englische Hauptstadt.

Zurzeit verhandelt seine Investmentgesellschaft Millhouse Capital über den Verkauf seiner Anteile am russischen Alu-Giganten "Russkij Aluminium". Bis zu drei Milliarden Dollar könnte Abramowitsch der Deal bringen und ihn in der Rangliste der reichsten Männer der Welt noch ein wenig höher klettern lassen. Bislang führte das US-Wirtschaftsmagazin Forbes ihn mit 5,7 Milliarden Dollar auf Platz 49.

"Ein normaler Typ"

Dennoch ist Abramowitsch weiter auf dem Boden der Tatsachen geblieben. "Er ist ein ganz normaler Typ, halt einer mit ein bisschen mehr Geld. Bei seinem ersten Besuch hat er aber jedem von uns die Hand geschüttelt", meinte Robert Huth, deutsches Talent inmitten der millionenschweren Chelsea-Stars.

Dass Geld allein nicht alle Türen öffnet, musste Abramowitsch allerdings auch schon erfahren. Beim Werben um Sven-Göran Eriksson als möglichen neuen Teammanager holte er sich einen Nasenstüber. Dafür soll er jetzt bereits mit Brasiliens Weltklasse-Verteidiger Roberto Carlos vom spanischen Meister Real Madrid verhandeln.

"Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut"

Das Zwischenfazit von Abramowitsch und den "Blues" kann sich aber auch so sehen lassen. In der Liga wurde Chelsea durch ein 1:2 beim FC Arsenal London zwar von der Tabellenspitze verdrängt, liegt vor dem achten Spiel am Samstag gegen Manchester City aber immerhin auf Rang drei. Auch in der Champions League schlägt sich das zusammengekaufte Starensemble um die Neuzugänge Claude Makelele, Hernan Crespo, Juan Sebastian Veron und Adrian Mutu mit Erfolg. Nach dem 2:1 gegen Lazio Rom führt Chelsea die Gruppe G nach drei Spieltagen an. Abramowitsch sieht sein Engagement bei Chelsea ohnehin als langfristig an. "Rom wurde auch nicht an einem Tag gebaut. Vielleicht bleibe ich hier zehn Jahre, vielleicht aber auch 20 oder 50."

In Russlands wilden 90er Jahren hatte Abramowitsch die Basis seines Vermögens gelegt. Doch in seiner Heimat, wo er nach dem Abschluss am Moskauer Gubkin-Erdölinstitut schnell zum Öl-Magnaten aufstieg, besitzt er mittlerweile nur noch wenige Anteile, unter anderem eine 50-prozentige Beteiligung am Armee-Sportklub ZSKA Moskau. Die Regierung legt ihm beim Abschied keine Steine in den Weg, auch wenn Moskaus Bürgermeister Juri Luschkow seine Investitionen in England zuletzt als "Schlag ins Gesicht Russlands" bezeichnete. Abramowitsch beruhigte die Gemüter prompt, indem er der Stadt versprach, ein neues Stadion zu bauen.

"Blues" träumen vom Titel

Beim FC Chelsea, der mehr Geld als alle anderen 19 Premier-Leauge-Klubs zusammen für Transfers ausgab, lässt Abramowitsch die Verantwortlichen und Fans mit seinem Geld derweil vom zweiten Meistertitel nach 1955 träumen. Darüber hinaus denkt Abramowitsch bereits über weitere Investitionen in neue Sportprojekte nach. Auf seiner Einkaufsliste ganz oben steht das Formel-1-Team von Minardi und der NHL-Eishockeyklub Vancouver Canucks.

Von Holger Luhmann (Sport-Informationsdienst)

Quelle: ntv.de

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