WM-Ziel Viertelfinale DHB-Frauen müssen endlich mal eskalieren
01.12.2021, 07:52 Uhr
Emily Bölk (Nummer 20) trägt bei der anstehenden Weltmeisterschaft viel Verantwortung für das Abschneiden des DHB-Teams.
(Foto: picture alliance/dpa)
Die deutschen Handball-Frauen müssen endlich mal wieder einen großen Schritt machen: zum Beispiel ins Halbfinale. Vor der anstehenden Weltmeisterschaft ist die Stimmung gut und die Zuversicht groß. Es gibt viel Hoffnung und eine Kampfansage.
Sportliche Enttäuschungen bei großen Turnieren haben Emily Bölk und Dinah Eckerle mit den deutschen Handballerinnen schon zur Genüge erlebt. Damit soll nun Schluss sein. Bei der an diesem Mittwoch beginnenden Weltmeisterschaft in Spanien wollen die Kapitänin und die Torhüterin mit der DHB-Auswahl endlich raus aus dem Mittelmaß. "Wir wollen einen guten Job machen. Ich hoffe, dass wir ein Überraschungsteam sein können", sagte Bölk.
Von einer Medaille spricht öffentlich zwar niemand, aber natürlich ist die Sehnsucht danach groß. Das letzte Edelmetall für die deutschen Frauen gab es 2007 mit WM-Bronze. "Natürlich ist es sehr wichtig, dass wir uns bei der WM gut präsentieren. Nicht nur für uns, sondern auch den Verband. Das lockt Mädchen in die Vereine und Sponsoren an", sagte Eckerle.
"Werden daran viel Spaß haben"
Immerhin hat der Deutsche Handballbund gerade erst ein großes Frauen-Förderprogramm ins Leben gerufen. "Wir glauben daran, dass der Frauensport lukrativ sein kann. Damit ist nicht gemeint, dass man damit viel Geld verdient, sondern sich Menschen dafür interessieren. Deshalb wollen wir sportlich erfolgreicher sein", betonte DHB-Vorstandschef Mark Schober. Das Selbstvertrauen ist nach der gelungenen WM-Generalprobe beim Vier-Länder-Turnier in der Vorwoche noch einmal gestiegen.
"Wir sind nicht auf dem Top-Level wie Olympiasieger Frankreich oder Europameister Norwegen. Aber ich denke, dass wir den einen oder anderen Großen ärgern und daran viel Spaß haben werden", richtete Eckerle eine Kampfansage an die Konkurrenz. Ähnliche Töne kamen von Bölk: "Wir wissen, dass wir auch die Top-Nationen schlagen können. Wir haben oft gezeigt, dass wir mithalten können. Die Kunst ist, das konstant zu schaffen."
Die Rückraumspielerin gehört trotz ihrer erst 23 Jahre zu den Erfahrensten im Team von Bundestrainer Henk Groener. Seit der EM 2016 war Bölk bei allen Turnieren dabei - genauso wie Eckerle. Und noch etwas haben die Leistungsträgerinnen gemeinsam: beide spielen seit mehr als einem Jahr im Ausland. Bölk bei Ferencvaros Budapest, Eckerle nach Stationen in Siofok und Metz seit dieser Saison in Dänemark bei Esbjerg. Die dort gemachten Erfahrungen sollen nun auch der DHB-Auswahl zugute kommen. Erfahrungen auf Top-Niveau, die die Mannschaft in den entscheidenden Momenten eines Turniers dringend braucht.
"Jedes Jahr, das wir im Verein auf hohem internationalen Niveau spielen, hilft auch der Nationalmannschaft", sagte Bölk. Nicht nur deshalb verbreitet der Bundestrainer vor dem Turnierauftakt am Donnerstag gegen Tschechien Zuversicht. "Wir sind in der Breite des Kaders homogener als bei der EM im vergangenen Jahr. Und wir haben eine Mannschaft, die sehr geschlossen ist. Alle Spielerinnen haben sich weiterentwickelt und gehen sehr positiv miteinander um. Das wird der Schlüssel zum Erfolg sein", sagte Groener.
Mehr als Mittelmaß muss her
Weitere Gegner in der Gruppe E sind die Slowakei und Ungarn. Die Vorrunde und die Hauptrunde sollen jedoch nur eine Durchgangsstation sein. Das klare Ziel heißt Viertelfinale. DHB-Sportvorstand Axel Kromer sieht dafür gute Voraussetzungen. "Wir glauben, dass die Mannschaft qualitativ gewachsen ist", sagte er. Groener hofft, dass seine Arbeit endlich Früchte trägt. "Wir wollen unser Spiel stabiler machen, damit unsere Leistungen nicht so schwankend sind, wie sie es in den vergangenen Turnieren teilweise waren", formulierte der 61 Jahre alte Niederländer den Anspruch.
Immer wieder hatte sich sein Team da aussichtsreiche Konstellationen erspielt, immer aber warf man glänzende Ausgangspositionen und erspielte Matchbälle kurz vor dem Ziel leichtfertig weg. Der Durchbruch, der Einzug in ein Halbfinale oder wenigstens der Sieg in einem großen, wichtigen Spiel, er gelang unter Groner noch nicht. Der Durchbruch zurück aus dem Mittelmaß, er soll und muss langsam her. 2019 hatte man sich nach einem überraschenden 25:23 über die Großmacht Niederlande in der WM-Zwischenrunde zwei "Endspiele" für den Einzug ins Halbfinale erspielt, den einen fehlenden Punkte verpasste die Mannschaft aber jeweils knapp. Bei der Europameisterschaft 2020 bedeutete ein 24:25 gegen die Niederlande den entscheidenden Nackenschlag. Platz 7 reichte anschließend nicht einmal mehr für die Olympia-Qualifikation.
Ein gutes Abschneiden würde Groner einige Argumente für die nach der WM anstehenden Gespräche mit dem DHB über eine Verlängerung seines bis April 2022 gültigen Vertrages liefern. Die Mannschaft will ihren Beitrag dazu leisten. "Ich halte sehr viel von ihm, mir macht die Arbeit mit ihm viel Spaß", sagte Bölk über den Bundestrainer. "Wir haben eine gute Entwicklung in den vergangenen Jahren gesehen und wollen diesen Weg gerne mit Henk weitergehen."
Quelle: ntv.de, Eric Dobias, dpa