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Entfesselter Michael Smith Darts-Märchen von Gabriel Clemens endet im WM-Halbfinale

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Für Gabriel Clemens endet die Darts-WM im Halbfinale.

Für Gabriel Clemens endet die Darts-WM im Halbfinale.

(Foto: picture alliance / firo Sportphoto/PSI)

Das größte Spiel in der Geschichte von Darts-Deutschland endet mit einer Niederlage für Gabriel Clemens. Nach einem sensationellen Turnier ist für den Saarländer im WM-Halbfinale Endstation gegen einen wie entfesselt aufspielenden Michael Smith.

Um Punkt 22.00 Uhr deutscher Zeit trifft Michael Smith das Bullseye, die Mitte des Dartboards, die Hobbyspieler in der Kneipe am häufigsten anspielen, aber am seltensten treffen. In diesem Moment schafft der favorisierte Engländer im Duell mit der deutschen Darts-Sensation Gabriel Clemens die Vorentscheidung. Statt der Chance zum 3:3-Ausgleich, zieht Smith mit dem präzisen Wurf ins Bullseye auf 4:2 davon. Davon kann sich Gabriel Clemens, der zwar bis zum Ende des Spiels bärenstark spielt, nicht mehr erholen.

Auch den folgenden Satz gewinnt Smith auf der letzten Rille mit 3:2. In den entscheidenden Momenten ist Smith an diesem Abend nicht zu schlagen, souverän und sicher beim Wurf auf die Doppelfelder. Der 32-Jährige schafft es mit 6:2 verdient ins Finale, spielt an diesem Montagabend im Londoner Alexandra Palace wie entfesselt. Nach dem Bullseye-Treffer ist klar, dass Michael Smith nichts mehr anbrennen lässt. Er spielt einfach zu gut. Auch für den erneut starken Gabriel Clemens. Der deutschen Darts-Sensation, die am Vorabend den Weltranglisten-Ersten brutal mit 5:1 aus dem "Ally Pally" schraubte.

"Ich habe heute einfach gegen den besseren Spieler verloren. Viele Chancen hatte ich gar nicht. Einen Satz hätte ich mit einem hohen Checkout stehlen können, aber ansonsten hat Michael Smith kaum etwas zugelassen", lautete das Fazit vom "German Giant", Gabriel Clemens. "Michael war brutal stark, hat einfach besser gespielt. Ich habe ihm auch gesagt, dass er es jetzt auch verdient hat, beim dritten WM-Finale das Ding auch zu gewinnen."

Überragender Start ins Spiel

Michael Smith hatte überragend begonnen, Clemens jedoch von Beginn an dagegen gehalten. In Satz 1 waren beide Akteure bei eigenem Anwurf nicht zu schlagen. Im Decider nutzte Smith den Vorteil als Vorleger, um mit einem 106er-Checkout mit 1:0 in Führung zu gehen.

Clemens wusste in diesem Moment, dass der zweite Satz, den er beginnen durfte, bereits immens wichtig wird für den weiteren Verlauf der Partie. Und wie Clemens damit umging, nachdem Smith mit 2:0-Legs in Führung gegangen war, zeigte die ganze Klasse des Saarländers bei dieser Darts-Weltmeisterschaft: Er blieb ruhig, nutzte anders als Smith seine Chancen beim Wurf auf die Doppelfelder. Insgesamt vier Möglichkeiten zum Satzgewinn ließ der "Bully Boy" ungenutzt, Clemens schnappte zu. 1:1 in den Sätzen. Alles wieder offen. Clemens nahm kurz Blickkontakt zu Freundin und Freunden im Publikum auf, ging spürbar zufrieden mit dem eigenen Spiel in die Katakomben.

Nach zwei Sätzen standen die beiden Akteure bereits bei zusammengerechnet zehn 180er-Aufnahmen. Die 3100 Fans im "Ally Pally", unter ihnen etwa 750 Deutsche, reagierten begeistert. Auch, weil sie für ihr Geld nicht nur besonders viele "One Hundred and Eightys" zu hören bekamen, sondern auch die maximale Portion Darts. Denn auch Satz drei, in dem das spielerische Niveau zwar etwas abnahm, wurde erst im entscheidenden fünften Leg entschieden. Der Decider war an Spannung dann kaum zu überbieten. Smith ließ erneut Chancen aus, Clemens bekam bei 116 Punkten Rest tatsächlich die Möglichkeit zur ersten Führung im Spiel, verpasste aber die Doppel 20. Smith zitterte sich zur 2:1-Satzführung.

Im vierten Satz spielten sich der "Bully Boy" und der "German Giant" dann wieder in den Zaubermodus. Smith brachte in einem wichtigen Moment 161 Punkte auf null, Clemens überzeugte seinerseits mit hohem Scoring und einem souveränen Entscheidungs-Leg zum 2:2-Ausgleich in den Sätzen.

So gut, dass die Fans leise sind

Das Spiel war so gut, dass es im "Ally Pally" vergleichsweise ruhig war. Zwischenzeitlich hätte man sogar die berühmte Stecknadel fallen hören können, so leise war es. Die Zuschauer waren eher am Spiel, weniger an Bier und Hotdogs interessiert. Das hatten sich Gabriel Clemens und Michael Smith redlich verdient. Auch, wenn der fünfte Satz erstmals ungefährdet mit 3:0 an Smith ging. "Die Zuschauer sind extrem mitgegangen, es gab Gabriel-Clemens-Gesänge, Michael-Smith-Gesänge, keine Buhrufe, nicht bei mir, nicht bei Michael. So soll es sein, das macht Spaß."

Einen Durchgang entspannt ins Ziel bringen, das gelang Clemens dagegen nicht. Der 39-Jährige musste auch im sechsten Satz alles auf den Decider setzen. In diesem ließ "Gaga" erstmals Federn, traf zu wenige Triplefelder und Smith nutzte das für den vorentscheidenden Moment: Der Engländer traf mit seiner einzigen Chance den winzigen roten Knopf in der Mitte des Dartboards. Das Bullseye zum 4:2. Die Vorentscheidung, die Michael Smith zum dritten Mal ins Finale der Darts-WM bringt und das deutsche Darts-Märchen von Gabriel Clemens beendet.

Traumfinale gegen Michael van Gerwen

Das zweite Halbfinale zwischen dem Belgier Dimitri Van den Bergh und Topfavorit Michael van Gerwen war eine klare Sache zu Gunsten des Niederländers. "MvG" zog mit einem 6:0 in den Sätzen ins Endspiel ein, und anders als beim Spiel zwischen Clemens und Smith waren nicht mal die einzelnen Sätze umkämpft. Nur in einem Leg hatte Van den Bergh überhaupt die Chance, einen Satz zu holen.

Das gesamte Turnier ist eine einzige Machtdemonstration von Michael van Gerwen. In jedem Spiel erzielt der Weltmeister von 2014, 2017 und 2019 einen Punkteschnitt von über 100 pro Aufnahme. Das ist auch Michael Smith nicht gelungen. Die Favoritenrolle vor der Familie hat also "MvG". Wenn ihn aber jemand schlagen kann bei dieser Weltmeisterschaft, dann ist es Michael Smith.

Quelle: ntv.de

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