Semper muss DHB-Team verlassen Das große Drama um Deutschlands Mann, der aus dem Nichts kam
24.01.2025, 17:52 Uhr
Franz Semper bleibt der große Pechvogel.
(Foto: IMAGO/camera4+)
Was für ein Pech: Im Hauptrunden-"Endspiel" der deutschen Handball-Nationalmannschaft gegen Italien spielt Franz Semper groß auf - nur wenige Stunden später wird aus der Heldengeschichte dieser WM eine sportliche Tragödie.
Gut 36 Minuten waren im vorweggenommenen "Endspiel" der deutschen Handball-Nationalmannschaft gegen Italien gespielt, da endeten endlich, endlich die Leiden des jungen Semper: Scheinbar ewig musste Franz Semper, dieser wurfgewaltige Linkshänder, auf sein erstes Spiel bei einem großen Turnier warten. So lange, dass er mit seinen 27 Jahren unter all den amtierenden U21-Weltmeistern im deutschen WM-Kader schon als Routinier wirkt, obwohl er gerade einmal 22 Länderspiele absolviert hat.
Und dann kam er rein, beim Stand von 16:14, in einer für die deutsche Mannschaft wieder einmal nervösen Phase. Und nach der Ewigkeit des leidvollen Wartens, braucht es nur 112 Sekunden, um das Drama des Franz Semper zur Heldengeschichte zu wenden. Aus dem Nichts taucht er auf, in nicht einmal zwei Minuten erzielt er die ersten beiden seiner am Ende fünf Tore. Deutschland zieht auf 20:14 davon und erspart sich eine Nervenschlacht am Rande des Desasters. Es schien, als würde für den Moment alles gut werden für den Mann, den das Schicksal so oft ausbremste. Und dann kam der nächste Nackenschlag.
Um 16.57 Uhr schickte Tim Oliver Kalle, der Mediendirektor des DHB eine WhatsApp-Nachricht, die wohl für alle im Verteiler einen Schock bedeutete: Hinter dem "Personellen Update", das Kalle verkündete, steckt eine kleine sportliche Tragödie. "Die WM ist für Franz Semper beendet", heißt es in der Meldung. Wenn das Schicksal sportliche Nackenschläge verteilt, schreit dieser Franz Semper immer am lautesten "HIER!".
Pech vor Olympia
Erst vor wenigen Stunden hatten Deutschlands Journalisten ihre Heldengeschichten auf den 27-Jährigen geschrieben, der die ersten vier WM-Spiele angeschlagen verpasst hatte und erst wegen der Absage von Juri Knorr in den Spieltagskader gerutscht war. Zuletzt sollte der Leipziger Teil der deutschen Olympiamission sein, musste aber wenige Tage vor dem Abflug nach Frankreich passen. Wegen einer Schulterverletzung saß Semper daheim vor dem Fernseher, als seine Kollegen sensationell zur Silbermedaille flogen.
Schon die Europameisterschaft 2020 hatte Semper kurzfristig wegen einer Herzmuskelentzündung absagen müssen. Ende 2020 riss er sich dann im Trikot des Spitzenklubs SG Flensburg-Handewitt das Kreuzband und den Meniskus, in einem der ersten Spiele nach seinem Comeback riss das Kreuzband erneut. Franz Semper war ein großes Versprechen im rechten Rückraum, den Europameister Kai Häfner über Jahre mit wechselhaftem Erfolg mangels Alternativen weitestgehend einsam hauptverantwortlich bespielen musste. Nun, da er endlich mal einen Fuß in der Tür zu haben schien, fand ihn das Schicksal wieder. Diesmal auf der Platte in der Jyske Bank Boxen in Herning, wo er sein sportliches Glück für den Moment gefunden zu haben schien.
Endlich geholfen zu haben, "gibt einem schon ein anderes Gefühl in der Mannschaft", hatte der Rückraumschütze noch in der Mixed Zone nach seinem Traumeinstand in die Mikrofone gestrahlt. Er habe "die letzten vier, fünf Spiele mein Glück angesammelt. Jetzt konnte ich alles verwenden und reinschmeißen." Das Spiel, in dem er all sein Glück aufwendete, um die deutsche Mannschaft ins Viertelfinale zu werfen, war sein letztes bei dieser Weltmeisterschaft. Die neue Verletzung beendete den kurzen WM-Traum schon wieder, der große Pechvogel ist bereits aus dem Teamquartier in Silkeborg abgereist. "Dieser Ausfall ist bitter für Franz und unser Team", sagte Nationalmannschaftsmanager Benjamin Chatton.
Für die deutsche Mannschaft und Bundestrainer Alfred Gislason ist die Abreise Sempers ein enormer Rückschlag mit Blick auf den weiteren Weg durchs Turnier, der mit der ersten WM-Medaille seit 18 Jahren enden soll. Gerade erst hatten sie sich alle über die neue Option gefreut, Topscorer Renars Uscins im rechten Rückraum ein bisschen Last von den Schultern nehmen zu können. Nun sind diese Überlegungen schon wieder passé.
Zwar kann Gislason weitere Spieler nachnominieren, eine ernsthafte Alternative, die WM-Format besitzt, gibt der erweiterte Kader aber nicht her. So stehen für den Senkrechtstarter Uscins, der im fünften Spiel dieses Turniers unter Vollbelastung erstmals sichtbar müde und unkonzentriert wirkte, nur Abwehrspezialist Christoph Steinert und Nils Lichtlein als Entlastung parat. Lichtlein allerdings wird wohl durch den drohenden längeren Ausfall von Spielmacher Juri Knorr als Spielmacher gebraucht.
Quelle: ntv.de