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Rudolph beflügelt die Steelers Der Heilsbringer, an den niemand glaubte

Mit Mason Rudolph läuft's plötzlich bei den Pittsburgh Steelers.

Mit Mason Rudolph läuft's plötzlich bei den Pittsburgh Steelers.

(Foto: AP)

Lange Zeit versauert Mason Rudolph auf der Bank, steht sogar ganz vor dem Aus. Doch innerhalb von zwei Wochen wird der 28-Jährige zum Gesicht des Turnarounds der Pittsburgh Steelers. Führt der Quarterback die Franchise doch noch in die Playoffs der NFL?

Die meisten Menschen kommen "zwischen den Jahren", dieser Phase zwischen Weihnachten und Neujahr zu Ruhe, lassen das Jahr ausklingen und es sich gutgehen – andere werden plötzlich zu Helden und unerwarteten Retterfiguren. So zum Beispiel Mason Rudolph. Binnen einer Woche und zwei Spieltagen katapultierte sich der bereits abgeschriebene Quarterback der Pittsburgh Steelers aus den Untiefen des Depth Charts ins Rampenlicht und gilt plötzlich als Heilsbringer des Teams. Das ist mindestens überraschend, vielleicht sogar sensationell.

Wir spulen zurück ins Frühjahr 2023. Der Vertrag von Rudolph in Pennsylvania läuft aus. Er ist Free Agent. Das Problem: Weder die Steelers noch irgendein anderes Team aus der NFL glauben so richtig an ihn. Die Lage für den Spielmacher außer regelmäßigen Diensten ist derart dramatisch, dass er sich entscheidet, seinen Lebenslauf erstmals seit Unitagen in Oklahoma zu aktualisieren, um sich nach Jobs außerhalb des Footballs umzuschauen. War's das mit Profi-Football? Ganz so weit kommt es nicht. Er erhält Mitte Mai doch noch einen Einjahresvertrag bei den Steelers über eine Millionen Dollar. So etwas wie die letzte Chance. An einen Starter-Job oder größere Einsatzzeiten glaubt damals keiner. Aus dem früheren Talent ist längst ein Dauer-Bankdrücker geworden.

Aus der Not geboren

Nur sieben Monate später lächelt er nach dem Sieg gegen einen Playoff-Anwärter und einer überzeugenden Leistung in Week 17 all das weg – die Playoffs wieder fest im Blick. Zwei Spiele, zwei Siege lautet die Rudolph-Bilanz als Starter im späten Dezember 2023. Rudolph führt die Steelers erst gegen die Cincinnati Bengals (34:11) und an Silvester gegen die Seattle Seahawks (30:23) zu wichtigen Siegen. Zuvor war er bei der Klatsche (13:30) gegen die Colts im vierten Viertel für Ersatzmann Mitch Trubisky ins Spiel gekommen. Starting-QB Kenny Pickett fällt seit Anfang Dezember verletzt aus. Aus der Not geboren wird Rudolph plötzlich wieder Steelers-Starter.

Und siehe da: Zwei Spiele später sieht die Welt in Pittsburgh wieder ganz anders aus. Es scheint so, als könnte ausgerechnet Rudolph die Achterbahn-Saison des sechsmaligen NFL-Champions doch noch retten und das Team wieder in die Playoffs hieven. Eine Situation, die wohl viele Steelers-Fans schon abgeschrieben hatten.

Zwei Partien sind natürlich nur eine sehr kleine Stichprobengröße. Aber die Blitz-Analyse lautet: Der Mann hat die Steelers unerwartet wiederbelebt. Er strahlt auf der wichtigsten Position Ruhe aus und findet die Kollegen. Wenn man so will, ist er einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Rudolph kommt auf eine Completion Rate von 68,5 Prozent, warf zwei Touchdowns und 564 Yards (35/51) und leiste sich bisher keine Interception, das Passer Rating steht bei 118,4. Traumwerte. Unter dem neuen Spielmacher brummt die Offensive merklich besser als zuvor. Zum ersten Mal seit 2020 legen die Steelers back-to-back Spiele mit über 30 Punkten hin.

Rudolph macht Teammates besser

Die Zahlen sprechen aktuell klar für Rudolph. Er macht auch seine Teammates besser. Plötzlich tritt das bis dato mittelmäßige Team wie ein Top-Team auf. Running Back Najee Harris legte 122 Yards gegen Seahawks auf, Wide Receiver George Pickens 131 Yards. In beiden Spielen an der Seite von Rudolph blühte Pickens mit starken 11 Catches, 326 Yards und 2 Touchdowns auf. Pickens schwärmt von der Kameradschaft im Team. "Es fühlt sich anders an, die Jungs kommen zusammen", sagte er. Die Zahlen zeigen: Rudolph wirft deutlich häufiger und treffsicherer tiefe Bälle als Pickett oder Trubisky. Er trifft auch unter Zeitdruck gute Entscheidungen.

Ausgerechnet jetzt meldete sich der eigentlich Starting-QB Pickett nach einer Köchelverletzung wieder fit, was eine gewisse Brisanz in die Aufstellung der Steelers bringt. Head Coach Mike Tomlin hat sich längst entschieden. In Week 18 setzt er erneut auf Rudolph. "Wir lassen den Ball in Masons Händen", sagte Tomlin. "Er hat in den vergangenen zwei Wochen einen guten Job gemacht und wir auch." Never change a winning team.

Das letzte Mal, dass er zwei Mal in Folge startete war 2019. Gegen Baltimore am letzten Spieltag der Regular Season wird er ein drittes Mal ran dürfen. Und dann geht es für die Steelers um alles, also die Playoffs. Die Ausgangslage vor dem finalen Spieltag: Die Steelers müssen gewinnen und brauchen zudem noch Schützenhilfe, zum Beispiel eine Niederlage der Bills (vs. Dolphins) oder Jaguars (vs. Tennessee Titans). Kling nicht unmöglich. Zumal die Steelers (9-7) am Samstag (22.30 Uhr live bei NITRO) gegen die Ravens (13-3) spielen, für die es um nichts mehr geht und die wohl einige Spieler schonen werden.

Kein guter Start bei den Pittsburgh Steelers

Für Rudolph ist der jüngste Erfolg und Anerkennung eine späte Genugtuung. Der QB kam einst 2018 als Talent in der 3. Runde des Drafts ins Team – ausgerechnet Steelers-Ikone Ben Roethlisberger zeigte sich wenig angetan von der Auswahl. Man hätte an der Position sicher einen Spieler holen können, der dem Team sofort helfen könne und keinen Backup für ihn, verlautete der QB-Star damals. Sätze, die das Talent treffen.

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Erste Einsätze erhält er im zweiten Jahr, 2019, als sich Roethlisberger schwer an der Schulter verletzt. Die Starter-Mission verläuft schwierig. Im dritten Spiel kassierte Rudolph einen schweren Hit gegen den Kopf, wird kurzzeitig ohnmächtig, wenige Spiele später kommt es gegen die Cleveland Browns zu einer denkwürdigen Szene. Gegner Myles Garrett und Rudolph geraten nach einem späten Hit aneinander. Garrett reißt Rudolph in der Schlägerei den Helm vom Kopf und schlägt ihn damit anschließend. Myles Garrett warf dem Steelers-QB eine rassistische Beleidung vor, Beweise dafür gibt es bis heute nicht. Mitten im nächsten Spiel wurde Rudolph auf die Bank gesetzt.

2020 rückte Roethlisberger wieder ins erste Glied, Rudolph verlor teilweise sogar seinen Backup-Job. Nach dem Rücktritt von "Big Ben" 2021 holten die Steelers Trubisky und drafteten Pickett. Rudolph blieb wieder nur das Nachsehen. Er kann sich nur im Training gegen die Starter präsentieren – aber auch viel lernen. Im vergangenen Jahr kommt Rudolph auf keinen einzigen Snap. Die Situation spitzt sich zu, der Lebenslauf kommt raus und dann doch bekanntlich alles anders. Am letzten Spieltag geht es auch für Rudolph nochmal um viel. Noch 2023 wollte ihn quasi kein Team haben, führt er die Steelers mit einer weiteren Sensations-Performance ins gelobte Playoff-Land, dann hat er wohl bei den nächsten Verhandlungen sogar das letzte Wort, wo es im kommenden Jahr weitergeht. Den Lebenslauf muss er dann erstmal nicht weiterbearbeiten.

Quelle: ntv.de

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