Springreiter bei der WM Deutsche Equipe holt Gold
07.10.2010, 10:05 UhrDie deutschen Springreiter gewinnen bei der WM in Lexington die Goldmedaille. Und das, obwohl Die Mannschaft ersatzgeschwächt antritt. Nach zwei Jahren mit Doping-Diskussionen wirkt der Triumph wie ein Befreiungsschlag. Es ist die erste Medaille mit zwei Frauen im Team.
Mit langem Anlauf sprang Julia Becker ihrem Mann in den Arm und riss ihn fast um. Mit seiner Frau hüpfte der Bundestrainer der Springreiter kurz über den Abreiteplatz, feierte mit ihr das WM-Gold seiner Mannschaft - noch bevor der Wettbewerb in Lexington beendet war. "Dass wir so gewinnen, hätte ich nicht für möglich gehalten", sagte Otto Becker später: Seine Mannschaft war so stark, dass der Sieg schon vor den letzten zehn Reitern feststand. Mit 17,80 Strafpunkten gewann die deutsche Equipe klar vor Frankreich (24,32) und Belgien (24,70).
"Ich war Weltmeister, bevor ich eingeritten bin", sagte Marcus Ehning. "Das war ein tolles Gefühl." Nach dem fehlerfreien Ritt von Meredith Michaels-Beerbaum mit Checkmate stand der Sieg vorzeitig fest. "Es könnte nicht besser sein. Ich wusste, ich konnte den Sack zumachen", jubelte die Reiterin. Mit vier Flaschen Champagner im Arm verließ sie die Pressekonferenz als Mannschafts-Weltmeisterin. Denn Janne-Friederike Meyer mit Lambrasco und Carsten-Otto Nagel mit Corradina hatten mit Null-Runden früh den Grundstein gelegt.
"Das können wir gut gebrauchen"
"Für uns ist das ein besonderer Moment", sagte der strahlende Bundestrainer und zählte auf: "Sportlich, weil wir seit zwölf Jahren keine WM mehr gewonnen haben und seit fünf Jahren auch keinen anderen Titel. Aber es war auch wichtig nach all den schwierigen Jahren." Im Moment des Erfolges hatte Becker nicht vergessen, wie sehr das Image des Pferdesports nach den Dopingfällen von Christian Ahlmann und Isabell Werth gelitten hatte.

"Das ist schon geschichtsträchtig, dass wir mit zwei Frauen gewonnen haben": Meredith Michaels-Beerbaum.
(Foto: dpa)
Auch der Verbandspräsident Breido Graf zu Rantzau erklärte: "Das können wir gut gebrauchen. Es gab Zeiten, die nicht so leicht waren. Das hat ja alle bedrückt." Der geforderte Neuanfang nach dem Desaster bei den Olympischen Spielen scheint mit dem danach eingestellten Coach geglückt.
Später in der Nacht, bei der Feier im Hotel, war davon nicht mehr die Rede. Die deutsche Delegation durfte ungehemmt feiern. "Das ist schon überragend", sagte der glückselige Verbands-Chef über das Quartett: "Alle waren in Hochform." Das galt insbesondere für für die 29-jährige Meyer, die als Ersatzreiterin einspringen musste, weil sich Marco Kutschers Pferd Cash kurz vor der WM verletzt hatte. "Das war ein harter Schlag, aber ich bin ganz ruhig geblieben", sagte Becker.
"Das ist geil, in Amerika zu gewinnen"
"Das ist schon geschichtsträchtig, dass wir mit zwei Frauen gewonnen haben", sagte Michaels-Beerbaum. Die 40-jährige Reiterin war vor elf Jahren die erste Frau in einer deutschen Springreiter- Nationalmannschaft. Selbst der sonst nicht zu überschäumenden Emotionen neigende Generalsekretär Soenke Lauterbach war "aufgewühlt", wie er grinsend zugab: "Das ist große Klasse." Er hatte nach dem Olympia-Desaster sein Amt angetreten und war mehr mit Aufräumarbeiten und der Dopingproblematik beschäftigt als mit Sport.
Teil der Neustrukturierung war die Einstellung von Otto Becker als Bundestrainer. Und der wirkte erleichtert, dass seine Arbeit schon im zweiten Jahr nach EM-Bronze mit WM-Gold gekrönt wurde. "Das ist geil, in Amerika zu gewinnen", schwärmte Becker, der die USA immer wieder als Topfavorit genannt hatte. Aber die Gastgeber brachen in der letzten von drei Runden ein, mussten sich mit Platz zehn begnügen. "Die haben dem Druck nicht standgehalten", sagte Becker. Für seine Mannschaft galt genau das Gegenteil. "Ich bin stolz auf die Truppe, dass die das so cool durchgezogen hat", so Becker.
Das neunte WM-Gold für deutsche Springreiter muss nicht das letzte in dieser Woche sein. Carsten-Otto Nagel ist spätestens nach der Gala-Vorstellung im Teamwettbewerb einer der großen Favoriten in der Einzelwertung. Der Vize-Europameister aus Wedel liegt auf Rang drei hinter dem Brasilianer Rodrigo Pessoa mit Rebozo und dem Belgier Philippe le Jeune mit Vigo. Mit seiner Stute Corradina hat er beste Chancen, das Finale der besten vier zu erreichen. "Ich schaue von Runde zu Runde", sagte der Reiter, der mit diesem Rezept vor einem Jahr EM-Silber gewann.
Quelle: ntv.de, Michael Rossmann, dpa