"Das macht mir schon Sorgen" Deutsche Handballer vergraulen den Bundestrainer
12.01.2025, 10:56 Uhr
Alfred Gislason war alles andere als begeistert vom letzten WM-Härtetest.
(Foto: IMAGO/Nico Herbertz)
Die Silber-Form der Olympischen Spiele ist weg. Deutschlands Handballer müssen sich steigern, um bei der Weltmeisterschaft um Medaillen mitzuspielen. Bundestrainer Alfred Gislason reist mit gemischten Gefühlen nach Dänemark.
Juri Knorr freute sich nach der holprigen WM-Generalprobe auf ein bisschen Zeit mit der Familie, Renars Uscins plante einen ausgedehnten Hamburg-Spaziergang. Bevor Deutschlands Handballer aber den letzten freien Nachmittag vor dem Start ihrer Medaillenjagd genießen durften, ließ Alfred Gislason noch einmal Dampf ab.
"Das Spiel ist ein Weckruf für uns", urteilte der Bundestrainer mit ernster Miene nach dem 28:26 (13:17) im finalen Härtetest gegen Brasilien. Nach dem Geschmack Gislasons ging es bei der wackeligen und offensiv bisweilen katastrophalen Vorstellung gegen die Südamerikaner "sehr auf und ab. Richtig stabil im Angriff waren wir nur am Ende, deshalb macht mir das schon Sorgen. Nachdem wir eine Woche hier trainiert haben und wirklich sehr viel sehr gut lief, hätte ich gedacht, dass wir anders spielen".
Statt am Montagmittag mit frischem Rückenwind nach Dänemark aufzubrechen, legte der DHB-Auftritt am Wochenende vor einem Millionenpublikum am Fernseher noch einige Baustellen offen. "Wir haben gesehen, dass es nicht von alleine geht", sagte Linksaußen Rune Dahmke: "Wir haben noch einige Hausaufgaben zu erledigen." Chancenverwertung, Intensität, Abstimmung - wenige Tage vor dem deutschen WM-Auftakt am Mittwoch (20.30 Uhr/ARD und im Liveticker bei ntv.de) in Herning gegen Polen stellte Gislason nüchtern fest: "Wir brauchen eine konstantere Leistung, um gegen Polen zu gewinnen. Das ist Fakt."
"Ich will den Teufel aber nicht an die Wand malen"
Grund zur Zuversicht gibt dagegen ein starker Schlussspurt, in dem Spielmacher Knorr vier von fünf deutschen Toren erzielte und das DHB-Team einen 23:26-Rückstand binnen sieben Minuten noch in einen Sieg ummünzte. Nerven behalten in der "Crunchtime, vielleicht ist es das, was die Spieler bei den Olympischen Spielen gelernt haben", sagte Gislason versöhnlich.
Und so stellten die Spieler bei ihrer Analyse das Positive in den Vordergrund. "Es war ein Warnschuss, den wir alle ernst nehmen. Ich will den Teufel aber nicht an die Wand malen", sagte Knorr: "Wir wissen, was wir können und wissen auch, was wir nicht können. Deshalb bin ich guter Dinge, dass wir da einfach bereit sind."
Luft nach oben gibt es auf allen Positionen
Ob im Rückraum, am Kreis oder auf den Außenbahnen: Luft nach oben gibt es auf allen Positionen. Selbst beim sonst so beständigen Torhüter-Duo Andreas Wolff und David Späth lief es noch nicht zu 100 Prozent rund. Die meisten Paraden in einem der beiden Brasilien-Spiele sammelte im ersten Test am Donnerstag (32:25) bezeichnenderweise noch Joel Birlehm, jener Torwart also, den Gislason wie geplant neben Kreisläufer Tim Zechel noch aus seinem WM-Aufgebot strich. Beide zählen nicht zum 17-köpfigen Kader, der am Montag von Hamburg aus mit dem Bus die Reise nach Dänemark antritt.
"Wir sind sicherlich noch nicht da, wo wir im Sommer waren, vom Selbstverständnis, von dem, wie sicher wir spielen", sagte Kapitän Johannes Golla. Man sei aber trotzdem "auf keinem schlechten Niveau". Und so sprach nicht nur Uscins von einer "sehr wertvollen Lehrgangswoche" in Hamburg. "Wir reisen mit einem sehr guten Gefühl nach Dänemark", so der Linkshänder. Es gebe "keinen Grund zur Sorge".
Quelle: ntv.de, tno/sid