Doping: Hormon nachweisbar Deutsche Methode überführt Athlet
23.02.2010, 08:52 UhrDurch ein in Deutschland entwickeltes Nachweisverfahren wird erstmals in der Sportgeschichte ein Athlet nach der Einnahme von Wachstumshormonen überführt. Erwischt wird der frühere britische Rugby-Nationalspieler Terry Newton.

Erwischt: Terry Newton.
(Foto: Reuters)
Im Anti-Doping-Kampf ist auf der Grundlage eines neuen Nachweisverfahrens ein wichtiger Durchbruch gelungen. Mit dem britischen Rugby-Profi Terry Newton wurde erstmals ein Athlet des Dopings mit dem Wachstumshormon HGH überführt. Der 31-Jährige von den Wakefield Trinity Wildcats hat bereits eine zweijährige Sperre bis zum 23. November 2011 akzeptiert, teilte die britische Nationale Anti-Doping- Agentur (UKAD) mit. Newton war bei einer Zielkontrolle am 24. November 2009 im Training getestet worden. "Es ist die erste komplette Analyse für HGH und damit ein positiver Schritt im Kampf gegen Doping", erklärte David Howman, Generaldirektor der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA).
Der frühere Ruby-Nationalspieler Newton wurde dank eines Nachweisverfahrens überführt, das deutsche Forscher der Ludwig-Maximilians-Universität München um Martin Bidlingmaier und Christian Strasburger entwickelt haben. Die Hormonexperten hatten das auf Bluttests basierende Analyseverfahren bereits 1999 im angesehenen Fachblatt "Lancet" beschrieben. Durchgesetzt hat sich der Test aufgrund technischer Probleme aber nur langsam.
"Es ist schon eine Menge Zynismus dabei"
"Es ist schon eine Menge Zynismus dabei, dass HGH so lange nicht fundiert analysiert werden konnte", sagte Howman. "Doch nun wird damit eine starke Botschaft an Athleten gesendet, die den Missbrauch mit HGH riskieren wollen und nun ultimativ entdeckt werden können. Wir kriegen euch." Zynisch nennen es Kritiker allerdings auch, dass die WADA sich bislang weigert, die für Doping geradezu prädestinierte weil die Ermüdung der Muskeln verlangsamende Substanz S107 auf die Verbotsliste aufzunehmen - obwohl diese problemlos via Internet erhältlich ist und im Kölner Dopinglabor bereits ein Nachweisverfahren entwickelt wurde.
Howmans Nachricht, dass künftig zumindest der Missbrauch von HGH geächtet werden kann und wird, soll auf jeden Fall auch für die Teilnehmer der Olympischen Winterspiele in Vancouver gelten. Deren Doping-Proben werden für acht Jahre zu Nachtests eingefroren, da der WADA-Code die Einleitung von Dopingverfahren auch nachträglich ermöglicht.
Kein Nachtest, keine B-Probe
Im Präzedenzfall Terry Newton ist weder ein Nachtest noch die Öffnung der B-Probe nötig. Newton, der gerade einen Zweijahresvertrag mit den Wildcats abgeschlossen hatte, war von der britischen Rugby Football League (RFL) am vergangenen Freitag über seinen positiven Test informiert worden. Er verzichtete auf die Öffnung der B-Probe, gestand also seine Schuld ein. Für den Anti-Doping-Chef Großbritanniens ist es ein "Meilenstein im Anti-Doping-Kampf" und ein Erfolg des Zusammenspiels von intelligenter Zielkontrolle und der Kooperation unter Wissenschaftlern. Mit der Anwendung des Human Growth Hormon (HGH) erhoffen sich Sportler Leistungsgewinne, wobei auf anabole Effekte des Hormons gesetzt wird.
"Dieser Fall zeigt, dass der Test funktioniert", sagt Bidlingmaier der "Süddeutschen Zeitung": "Weil die Halbwertszeit des Wachstumshormons im menschlichen Körper so kurz ist, lässt es sich am besten bei einer unangemeldeten Trainingskontrolle nachweisen." Nach der Injektion in das Unterhautfettgewebe ist das Dopingmittel nur etwas länger als 24 Stunden, manchmal bis zu 36 Stunden, im Körper zu entdecken. "Mit diesem Test haben wir endlich erstmals ein Mittel, um eine Dopingsubstanz nachzuweisen, die zuvor meist unentdeckt blieb", sagt der Leiter der britischen Anti-Doping-Agentur, Andy Parkinson. "Das ist ein enormer Durchbruch."
"Ich rechne noch mit einigen Enthüllungen"
Wachstumshormone werden vom Vorderlappen der Hirnanhangdrüse produziert. Bei Kindern stimuliert es das Wachstum, Erwachsene schütten hingegen weniger von der Substanz aus. Bei ihnen steuert das Hormon den Stoffwechsel – besonders die Verteilung von Fett und Muskeln im Körper wird reguliert. Das Hormon lässt Fettdepots abschmelzen und fördert den Muskelaufbau. Unter Athleten gilt es auch als das Mittel, das Bänder und Sehnen stärkt, obgleich diese Wirkung medizinisch umstritten ist.
Weil die Nachweisverfahren für Erythropoeitin (Epo) und Steroide in den vergangenen Jahren immer genauer geworden sind, gilt Doping mit Wachstumshormon als populäre Ausweichmethode für die Athleten. "Ich rechne noch mit einigen Überraschungen und Enthüllungen in der nächsten Zeit", sagt Hormonforscher Bidlingmaier: "Besonders wenn weitere Tests ohne Vorwarnung durchgeführt werden, ist das zu erwarten."
Quelle: ntv.de, cwo/dpa